1. Längeres gemeinsames Lernen
Mit der Thüringer Gemeinschaftsschule beschreitet Thüringen ab dem Schuljahr 2011/12 den Weg zum längeren gemeinsamen Lernen. An der Pilotphase im aktuellen Schuljahr beteiligen sich bisher neun "Gemeinschaftsschulen im Aufbau". Mit der neuen Schulart wird dem Wunsch der großen Mehrheit der Thüringerinnen und Thüringer entsprochen, die sich für längeres gemeinsames Lernen ausgesprochen haben.
Die Kriterien der Gemeinschaftsschule sind:
- Die Kinder werden nicht mehr bereits nach der 4. Klasse in verschiedene Schullaufbahnen getrennt. Das längere gemeinsame Lernen ermöglicht es Schülern und Eltern, die Entscheidung für den angestrebten Abschluss nicht vor der Klassenstufe 8 treffen zu müssen.
- Die Gemeinschaftsschule umfasst grundsätzlich die Klassenstufen 1 bis 12.
- Die Thüringer Gemeinschaftsschule bietet das gesamte Spektrum an allgemeinbildenden Schulabschlüssen. Aufgrund einer eigenen gymnasialen Oberstufe oder der Kooperation mit einem Gymnasium kann das Abitur innerhalb von 12 Jahren erworben werden. Je nach gewünschtem Abschluss und Leistungsstand des Schülers erfolgt ab der 9. Klasse das abschlussbezogene Lernen hin zum Hauptschulabschluss, Realschulabschluss oder zum Abitur.
- Die Gemeinschaftsschule schreibt individuelle Förderung groß. Sie setzt an den Bedingungen vor Ort an und bringt moderne pädagogische Konzepte in den Schulalltag. Damit wird eine neue Schulkultur geschaffen. Mit ganztägigen Angeboten werden die Interessen und Begabungen der Schüler weiter entwickelt.
- Die Gemeinschaftsschule kann auch als relativ kleine Schule bestehen und gleichzeitig eine breite Angebots- und damit auch Abschlussvielfalt sichern.
- Mit der Einführung der Gemeinschaftsschule wird eine gleichberechtigte Schulart neben den anderen bereits existierenden Schularten geschaffen, welche auch das Angebot der Schularten Grundschule und Regelschule abdecken kann. Doppelstrukturen müssen also nicht errichtet werden.
- Die Entscheidung über die Einrichtung einer Thüringer Gemeinschaftsschule wird vor Ort in einem Dialog zwischen den Eltern, den Schülerinnen und Schülern, den Lehrkräften einer Schule sowie dem Schulträger (Landkreis, Gemeinde, Stadt) getroffen. Gemeinsam muss ein pädagogisches Konzept, in dessen Mittelpunkt die individuelle Förderung steht, entwickelt werden.
2. Individuelle Abschlussphase/Vollzeitschulpflicht 10 Jahre
Ein weiterer Schritt zur Weiterentwicklung der Regelschule ist die Verankerung der "individuellen Abschlussphase". So soll der Unterricht zunehmend individualisiert und praxisorientiert gestaltet werden. Praktisch können Schüler die Klassenstufe 9 des auf den Hauptschulabschluss bezogenen Teils der Regelschule in einem oder in zwei Schuljahren absolvieren. Gleichzeitig wird mit dem neuen Schulgesetz die Vollzeitschulpflicht von 10 Jahren (bisher 9 Jahre) festgeschrieben. Ausnahme: Ein Schüler kann die Schule nach 9 Jahren verlassen und die Berufsschule besuchen, wenn er den Hauptschulabschluss hat und einen Ausbildungsvertrag nachweisen kann.
3. Qualitätssiegel "Oberschule"
Im Rahmen einer Weiterentwicklung der Regelschule wird das Qualitätssiegel "Oberschule" in das Schulgesetz aufgenommen. Ziel ist es, dass kein Schüler die Schule ohne Abschluss verlässt. Dabei werden Regelschüler intensiv auf den Eintritt in das berufsbildende System vorbereitet.
4. Individuelle Förderung gesetzlich verankert
War der Anspruch auf individuelle Förderung bisher nur in der Schulordnung erwähnt, so wird er nun ausdrücklich im neuen Schulgesetz verankert. Demnach sind die Schulen im Rahmen ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags zur individuellen Förderung jedes Schülers verpflichtet. Zur individuellen Förderung gehören je nach Leistungsvermögen unterschiedliche Aufgabenstellungen und individuelle Leistungserwartungen.
5. Ganztagsbetreuung in Klassen 5 und 6
Die Möglichkeit eines ganztägigen Angebots zur Bildung, Erziehung und Betreuung wird in allen Schularten für die Klassenstufen 5 und 6 vorgesehen. Damit erhalten Schüler die Möglichkeit, ihren Begabungen und Interessen noch zielgerichteter nachzugehen.
6. Schulnetzplanung für Berufsschulen
Zur Unterstützung der kommunalen Träger bei der Schulnetzplanung für die Berufsschulen hat das TMBWK die Möglichkeit, die Einzugsbereiche für Berufsschulen festzulegen. So stellt das Land eine effektive Schulnetzplanung sicher. Das Land wird jedoch erst aktiv, wenn die von den kommunalen Schulträgern vorgelegte Schulnetzplanung nicht mit den Vorgaben für eine zweckmäßige Schulorganisation übereinstimmt.
7. Erwerb des schulischen Teils der Fachhochschulreife in der gymnasialen Oberstufe
Neu ist auch, dass der Erwerb des schulischen Teils der Fachhochschulreife in der gymnasialen Oberstufe ermöglicht wird. Bisher war der Erwerb der Fachhochschulreife nur im berufsbildenden Bereich möglich. Künftig kann der schulische Teil der Fachhochschulreife auch am Gymnasium, an der Thüringer Gemeinschaftsschule, an der Gesamtschule, am beruflichen Gymnasium und am Kolleg erworben werden.
8. Schülerbeförderung
Mit den Regelungen zur Schülerbeförderung wird die Teilnahme am gemeinsamen Unterricht sichergestellt. Außerdem wird die Gemeinschaftsschule in das bestehende Schülerbeförderungssystem integriert.