Per Videobotschaft bedankte sich Ando für die Auszeichnung und lobte die hiesige
Baukultur. „Deutschlands Architektur ist überwältigend stark“, sagte Ando, denn hier im Herzen Europas treffen die unterschiedlichsten kulturellen Einflüsse aufeinander und befruchten sich gegenseitig. Für das Projekt in Karlsruhe sei es ihm darum gegangen, Mitarbeitern im urbanen Kontext eine „Umgebung der Sicherheit“ zu schaffen, gleichzeitig aber Offenheit und Transparenz zu versinnbildlichen und zu fördern. „Dieses Gebäude ist auf die Menschen darin ausgerichtet und es soll einen Platz in ihrem Herzen finden“, sagte Ando. Es sei eine wirklich komplexe Konstruktion aber eben auch „nicht für die nächsten 10 oder 20, sondern für die nächsten 100 oder 150 Jahre gedacht“.
Andos Projekt in Karlsruhe bietet auf sieben Ebenen Raum für 650 Arbeitsplätze, für 15 Besprechungsräume, eine Cafeteria und ein Fitnessstudio. Unter dem Gebäude verbergen sich drei Tiefgaragengeschosse. Außergewöhnlich sind nicht nur die Dachterrasse und die Freitreppe im Innenhof, sondern vor allem die Filigranität. Wenn abends das Licht aus den Büros scheint, hat man den Eindruck, als schaue man in ein gänzlich gläsernes Gebäude – fast schon irreal schön. „Unser Gebäude überzeugt durch Einfachheit. Beton als unser Hauptwerkstoff spielt eine zentrale Rolle. In der Reduktion auf das Wesentliche spiegelt sich gleichzeitig höchste Effizienz wider. Geradlinigkeit und Pragmatismus sind für uns entscheidend“, so Geschäftsführer und Bauherr Nicolai Weisenburger.
Ein Ando-Bau in Karlsruhe – damit befindet sich die Fächerstadt in einer Liga mit New York, Paris, Tokio, Kobe und Osaka. „Um Andos Architektur zu erleben, reisen Architektur-Fans um die ganze Welt. Dass von den weltweit nur etwa 40 Ando-Projekten gleich zwei bei uns im Badischen sind, ist etwas Besonderes“, sagt Jürgen Grossmann. „Ein außergewöhnlich gutes Bauwerk hat stets eine Strahlkraft, schafft Identifikation und lässt neue Ideen aufkommen. Gute Architektur hat eine Wirkung auf die Menschen, die aber oft nur unterbewusst wahrgenommen wird“, so Grossmann. Genau deswegen engagiere er sich mit dem Badischen Architekturpreis – um Sichtbarkeit und Bewusstsein für moderne Architektur zu fördern.
Tadao Ando ist nach dem Franzosen Philippe Starck und dem Amerikaner Richard Meier der dritte Preisträger des All Stars Awards. Der Badische Architekturpreis wird 2024 in insgesamt 12 Kategorien vergeben. Die Einreichungsphase beginnt im März 2024. Die festliche Gala zur Preisverleihung wird am 12. Oktober 2024 im Kloster Erlenbad in Sasbach stattfinden.
THE KING OF CONCRETE
Die Architektur Tadao Andos ist durch konsequenten Minimalismus gekennzeichnet. „Architektur zu schaffen bedeutet, repräsentative Aspekte der realen Welt – wie Natur, Geschichte, Tradition und Gesellschaft – in einer räumlichen Struktur auszudrücken, das heißt in einem abstrakten Konzept auf Grundlage einer klaren, transparenten Logik“, so Ando. Sein bevorzugtes Material dafür ist feinster Sichtbeton, dessen Schaltafeln nach der Größe von Tatami-Matten bemessen sind, die ein unverwechselbares Oberflächenraster ergeben. Daher gilt er international auch als „King of concrete“, als König des Betons.
Die Ausführung der Innenräume erfolgt auf der Grundlage asketischer Prinzipien: Die Raummitte wird als Ort der Sammlung begriffen, die Helligkeit mitunter über Lichtschlitze in den Wänden bestimmt – wie in Andos ikonischer Kirche des Lichts (Osaka). Andos Ziel bei der Gestaltung von Räumen ist oft ein „Finden zu sich selbst“ und die Förderung seelischer Erholung. Tadao Andos Architektur kombiniert Einflüsse aus der japanischen Tradition mit denen der Moderne. Er hat dadurch eine vollkommen neuartige Ästhetik des Bauens entwickelt, bei der Beton, Holz, Licht, Raum und Natur in einer architektonisch bislang einzigartigen Art und Weise zusammenspielen.
Mit Tadao Ando geht der All Stars Award in diesem Jahr an einen echten Weltstar der Szene. Denn der 1941 in Osaka geborene Ando hat in seiner rund 50-jährigen Karriere den als Nobelpreis für Architektur bekannten Pritzker-Preis erhalten, den Kaiserlichen Kulturorden und viele weitere Auszeichnungen. Ando wuchs im Nachkriegsjapan auf, arbeitete schon als Jugendlicher als Zimmermann, stieß dabei auf ein Buch von Le Corbusier und wurde so einer der ganz wenigen Autodidakten in der Architektur. 1969 eröffnete er sein Büro, avancierte schnell zum bekanntesten Architekten Japans und obwohl er nie Architektur studiert hat, lehrte er als Professor an einigen der besten Hochschulen der Welt: in Yale, Columbia, Harvard und Tokio.
Seit einigen Jahren engagiert sich Ando umweltpolitisch und hat das Projekt Umi-no-Mori in Tokio gestartet. Dabei wurde eine künstliche Insel, die früher als Müllkippe diente, zu einem bewaldeten Naherholungsgebiet. Ando möchte damit die Botschaft von Japan aus in die Welt tragen, dass es wichtig sei, dass die Menschheit im Einklang mit der Umwelt lebt.
Weitere Infos zum Badischen Architekturpreis unter: www.badap.de