Die Berufsakademie Sachsen bietet seit dreißig Jahren das Duale Studium in den Fachbereichen Wirtschaft, Technik sowie Sozial- und Gesundheitswesen an sieben Standorten in Sachsen an. Mit der medial vor kurzem erklärten Unterstützung steht auch der sächsische Staatsminister für Wissenschaft Sebastian Gemkow hinter dem Vorhaben, begleitet von einer Vielzahl der Praxisunternehmen der Berufsakademie Sachsen.
Die Tourismusbranche ist aktuell besonders betroffen von der Corona-Pandemie. Über die gegenwärtige Situation und die Weiterentwicklung der Berufsakademie Sachsen haben wir mit Herrn Lohmann gesprochen.
1. Herr Lohmann, Die Tourismusbranche befindet sich in der Corona-Pandemie bereits im zweiten Lockdown. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein und wie sieht Ihre Prognose für 2021 aus?
„Es ist eine sehr schwierige und herausfordernde Lage. Wir brauchen dringend die Wiederöffnung unserer Hotels und Anlagen, um wirtschaftlich zu überleben, zumal die finanziellen Unterstützungsleistungen nur sehr zeitversetzt erfolgen. Die Lage bringt uns der Verzweiflung nahe. Aber: wir werden die Situation meistern und wenn es heißt, ab morgen kann geöffnet werden, dann stehen wir bereit. Die fehlende Planbarkeit ist das Hauptproblem. Neben der Corona-Pandemie beschäftigt uns zudem der fortschreitende Fachkräftemangel. Grundsätzlich blicke ich positiv und optimistisch in das Jahr 2021 und freue mich auf eine baldige Wiederaufnahme des Betriebs. Die Einhaltung von Hygienekonzepten ist für uns sowieso selbstverständlich.“
2. Die Berufsakademie Sachsen strebt die Umwandlung zur Dualen Hochschule Sachsen an. Wo sehen Sie als langjähriger Praxispartner Vorteile der Umwandlung?
„Ich bin ein großer Befürworter des Umwandlungsprozesses zur Dualen Hochschule und halte diesen für die Zukunftssicherung des Dualen Studiums in Sachsen für unausweichlich. Wir unterstützen dieses Vorhaben. Auch ist mir die Duale Hochschule Thüringen gut vertraut und ich wünsche mir diese Hochschulform auch für Sachsen.
Mit der Umwandlung erhöht sich die Wertigkeit des so erfolgreichen Dualen Studienmodells in Sachsen. Gleichzeitig werden junge Menschen in den Freistaat gezogen bzw. zum Verbleib veranlasst. Und: Dienstleistungen können nur erfolgreich erbracht werden, wenn die Voraussetzungen stimmen, wozu eine sehr gute Bildung zweifelsohne zählt.“, so Lohmann.
„Lassen Sie mich ein Beispiel bringen. Herr Kropfgans ist stellvertretender Restaurantleiter im Hotel Elbresidenz an der Therme Bad Schandau und Absolvent der Berufsakademie Sachsen. Darauf sind wir sehr stolz. Ich könnte da endlos weiter berichten. Die Staatliche Studienakademie Breitenbrunn ist dicht an den Praxisunternehmen und bietet bedarfsgerechte und innovative Inhalte an, das brauchen wir auch zukünftig. Da ich geschäftlich in drei Bundesländern unterwegs bin, kann ich das gut einschätzen. Und die Berufsakademie Sachsen leistet so einen wichtigen Beitrag für die Sicherung von Fach- und Führungskräften für den Freistaat Sachsen.“
3. Der Studiengang Tourismuswirtschaft in Breitenbrunn wird sich zum Herbst 2021 in „Internationales Tourismusmanagement“ umbenennen. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?
„Ich halte diese Umwandlung für komplett richtig. Tourismus hat auch lokal immer eine internationale Ausrichtung bzw. internationale Berührungspunkte. Der Studiengang wird so zukunftsfähig mit einer inhaltlichen Weiterentwicklung, die wir unbedingt benötigen, wie digitale Serviceverbesserung, englische Modulanteile oder den Ausbau der wertvollen Projektarbeiten.“, so Lohmann im Interview. „Wissen Sie was ich an der Tourismusbranche so mag? Die direkten Erfolgserlebnisse und der enge Kundenkontakt. Wir machen unseren Nachwuchs praktisch fit für die Zukunft und die Berufsakademie Sachsen liefert das wichtige Theoriewissen – eine WinWin-Situation.“
(Das Interview wurde geführt von Herrn Prof. Dr. Uwe Schneider (Studiengangleiter Tourismuswirtschaft in Breitenbrunn) und Susanne Schulze (Referentin für Öffentlichkeitsarbeit der Berufsakademie Sachsen.))
O-Ton Herr Joern Kropfgans
"Den großen Vorteil des Dualen Studiums sehe ich eindeutig im praxisbezogenen Teil. Der zeitliche aber auch räumliche Wechsel zwischen Hochschule und Arbeitsplatz bietet die Möglichkeit, die theoretischen Inhalte direkt im realen Unternehmensalltag zu erkennen und anzuwenden. Für das duale System bieten die Berufsakademien in Sachsen eine Vielzahl von langjährigen und qualifizierten Praxispartner-Unternehmen an. Für den Studienstandort Breitenbrunn und dem Studium der Tourismuswirtschaft beruhte meine Entscheidung für das Hotel Elbresidenz an der Therme in Bad Schandau auf den Empfehlungen einiger Dozenten. Diese nahm ich gern an und durfte in den drei Jahren des Studiums und speziell in den Praxisphasen miterleben, wie es ist, in einem Hotel tätig zu sein und was einen guten Praxispartner ausmacht. Ziel ist es, alle Facetten des Betriebes kennen zu lernen, selbst tätig zu werden und all dies selbstverständlich unter Einbezug der erlernten, theoretischen Grundlagen aus Breitenbrunn. Die Elbresidenz als Praxispartner und ihre Mitarbeiter boten mir stets diese Möglichkeiten bei dem Durchlauf aller Abteilungen. Besonders schätzte ich hierbei die stets professionelle und vor allem hilfsbereite Unterstützung während des gesamten Studiums für das gemeinsame Ziel des Studienabschlusses. Aufgrund dieser Erfahrungen habe ich mich nach dem Studium dazu entschlossen, im Unternehmen zu bleiben.
Die Umwandlung der Berufsakademien in Sachsen in den Status einer Dualen Hochschule ist für mich obligatorisch und erhält meine vollste Unterstützung. Die Leistungen der Studierenden ist in keinem Maße minder zu bewerten und erfordert die gleiche Beachtung wie die, der Studierenden an bereits anerkannten Hochschulen. Durch den Status als Duale Hochschule wäre diese Gleichstellung mittels des akademischen Grades gegeben, wodurch Abschlüsse national wie auch international besser bewerten werden. Nicht zuletzt die Möglichkeit, nach dem erfolgreichen Bachelorabschluss, direkt einen Masterstudiengang anschließen zu können, zählt für mich zu den größeren Vorteilen. An den Beispielen Baden-Württemberg und Thüringen sehen wir, dass es möglich ist und es meiner Meinung nach für Sachsen nur eine Formalität sein sollte, diesem Beispiel zu folgen."
Steckbrief Wirtschaftsfaktor Tourismuswirtschaft in Deutschland
- Tourismuswirtschaft – mit ca. 300 Mrd. € Jahresumsatz ist die Tourismuswirtschaft eine umsatzstarke Querschnittsbranche
- Reiseverhalten – es entfallen 80 % auf Privat- und 20 % auf Geschäftsreisen
- Gaststättenumsatz – es entfallen ca. 18 % des Gesamtumsatzes auf den Gaststättenumsatz
- Auslandsreisen – der Anteil beträgt ca. 14 %, der Rest entfällt auf Urlaub in Deutschland
- Direkte Bruttowertschöpfung im Tourismus – 100,0 Mrd. €
- Indirekte Bruttowertschöpfung aus den Vorstufen (Vorleistungen) – 80,0 Mrd. €
- Beschäftigung – 3,0 Mio. Beschäftigte (6,8% Anteil an der Gesamtbeschäftigtenanzahl in Deutschland)
- Bedeutung für den Arbeitsmarkt – nach den Branchen Einzelhandel und Gesundheitswirtschaft belegt der Tourismus den 3. Platz in der Anzahl an Beschäftigten
Quelle: Bundeswirtschaftsministerium
Über die Berufsakademie Sachsen
Die Berufsakademie Sachsen mit ihren sieben Studienakademien in Bautzen, Breitenbrunn, Dresden, Glauchau, Leipzig sowie Plauen und Riesa bietet ein dreijähriges duales Studium in den Bereichen Wirtschaft, Technik sowie Sozial- und Gesundheitswesen in über 40 Studiengängen an. Die 4.575 Studierenden werden sowohl in den Studienakademien als auch bei den jeweiligen Praxispartnern auf eine berufliche Tätigkeit vorbereitet. Nach erfolgreichem, dreijährigem Studium verleiht der Freistaat Sachsen einen anerkannten Abschluss „Bachelor“. Dieser ist dem Bachelorabschluss der Hochschulen in jeder Hinsicht gleichgestellt. Die Vermittlungsquote der über 30.300 Absolventen ist mit ca. 90 Prozent überdurchschnittlich hoch. Im Anschluss besteht für die Absolventen die Möglichkeit, ein Masterstudium an einer Hochschule aufzunehmen, sofern die entsprechenden Zugangsvoraussetzungen erfüllt sind.