Das eigene Badezimmer und speziell das stille Örtchen, eigentlich sauber und ein Raum, in dem wir uns wohlfühlen, bietet ein Reservoir an Keimen und Viren. Vor allem die sogenannten Aerosole sind es, die Experten Kopfzerbrechen bereiten. Dabei handelt es sich um winzige, in der Luft schwebende Tröpfchen, die zur Ausbreitung von Keimen beitragen und mit denen man sich über die Atemwege infizieren kann.
Doch wie kommen diese Aerosole ausgerechnet ins Badezimmer? Ganz einfach. Fast alle handelsüblichen Toiletten sind mit einem Spülrand ausgestattet. Jeder, der ein WC reinigt, weiß, dass dieser Rand eine kritische Stelle ist. Es ist mühsam, mit Bürste und Putzlappen darunter zu gelangen, und selbst nach gründlicher Reinigung ist nicht zu sehen, welche Verschmutzungen dort noch anhaften. Der Hygieneprofessor Klaus-Dieter Zastrow hat sich speziell mit dieser Problematik auseinandergesetzt und spricht von einem Viren- und Bakterien-„Reservoir“ unterhalb des Spülrandes. Auch die Spülung herkömmlicher WCs gibt dem Experten zu denken: Keime können mit kleinsten Tröpfchen an Spritzwasser über den Rand der Toilette hinausbefördert werden und sich kurze Zeit in der Luft halten, wo sie unter Umständen über die Atemwege in den menschlichen Organismus gelangen.
Recht drastisch formulierte es das Frauenmagazin Brigitte und berief sich auf eine Studie des Medical Center der New York University. Laut Brigitte bildeten die Aerosole eine „Klowasser-Wolke“, die durch gängige Toilettenspülungen in die Umgebung verteilt würden. Vor allem in geschlossenen Räumen und bei mangelnder Frischluftzufuhr ist es möglich, dass diese Aerosole eingeatmet werden und Infektionen verursachen.
Mehr tun, als nur den Toilettendeckel schließen – Testergebnisse lassen aufhorchen
Während Brigitte dazu rät, einfach den Toilettendeckel zu schließen, hat sich Zastrow mit einer eleganteren Lösung beschäftigt: Der Hygienespezialist befasst sich seit vielen Jahren damit, wie die Hygiene in Krankenhäusern oder auf Pflegestationen, also besonders sensiblen Bereichen, verbessert werden kann. So kam er bereits im Jahr 2014 darauf, die handelsüblichen Toiletten genauer zu untersuchen und hat schon damals als eine der Infektionsquellen den Spülrand ausgemacht. Im Juni 2020 testete Zastrow erneut WC-Keramiken und kam zu Ergebnissen, die aufhorchen lassen. Er untersuchte neuartige WC-Modelle mit Keramiken, die auf den problematischen Spülrand verzichten und eine andere, sozusagen eine kreisende Spültechnik einsetzen.
In Japan wird Hygiene im Alltag großgeschrieben – ein Blick auf deren Entwicklungen lohnt sich
Einer der Anbieter für spülrandlose WCs ist der Hersteller Toto, der sich eingehend mit Hygiene beschäftigt. Die Europazentrale befindet sich in Düsseldorf und der Hauptsitz in Japan, einem Land, das in Sachen Hygiene als vorbildlich gilt. Daher lohnt der Blick auf deren Entwicklungen. Zastrow nahm zwei der jüngsten WC-Modelle unter die Lupe und begutachtete insbesondere die neue Spültechnik, die er als „kreisend“ beschreibt: „Mit dieser Spülung wird praktisch jeder Quadratzentimeter mehrfach gespült“, so der Experte. „Das Spülwasser dreht sich im Kreis und bleibt durch diese Bewegung in der Toilette. Man kann also sagen, dass sich durch diese Kreisbewegung weniger Keime im Badezimmer verbreiten können. Insofern eignet sich so ein WC auch besonders gut für Krankenhäuser“, führt Zastrow weiter aus. Und was im Krankenhaus hilft, könnte auch zuhause sinnvoll sein. Sorgfältig geprüft wurde unter anderem, ob sich um die WCs herum nach Betätigung der Spülung Tröpfchen auf dem zuvor gereinigten und hochglanzpolierten Boden abgesetzt haben, die auf die Bildung von Aerosol-Partikeln schließen lassen. Dies konnte der Hygienefachmann ausschließen: „Die Aerosole, die praktisch beim üblichen WC ab und zu mal freigesetzt werden, haben wir da nicht.“
Zastrow stellte sich im Rahmen der getesteten WCs auch der Frage, ob sich Coronaviren ebenso verhalten würden, wie die von ihm getesteten Keime. Aus seiner Sicht gibt es keinen Unterschied: „Alle Viren, die im Stuhl vorkommen, werden genauso entfernt“.
Link zum Interview mit dem Hygieneporfessor Klaus-Dieter Zastrow:
de.toto.com/zastrow-interview