Sicher hatte sich der spanische Architekt Santiago Calatrava gewünscht, dass die offizielle Namensgebung sich dem Volksmund anschließt, der die futuristisch anmutende Brücke schlicht "die Caletrava" nennt. Das käme aber auf keinen Fall in Frage, hörte man aus dem Rathaus.
Zuviel Kosten hat sie bereits verursacht, diese eigentlich unnötige Brücke, die das Festland an der Piazzale Roma mit dem Bahnhofsgelände verbindet. Während die Reisenden vor Eröffnung der Brücke in ein Vaporetto (Wasserbus) stiegen, um zum Bahnhof zu gelangen, können sie jetzt zu Fuß den Kanal überqueren.
Vor zwölf Jahren begannen die ersten Planungen, der Kostenrahmen sollte umgerechnet 3,5 Millionen Euro nicht überschreiten. Immer neue Hiobsbotschaften haben sicher nicht nur dem Bürgermeister Venedigs, Massimo Cacciari, einiges Kopfzerbrechen bereitet. Die Kosten haben sich bislang verdreifacht, die Brücke wurde erst im Spätsommer 2008 eröffnet und ob sie dauerhaft der Belastung standhalten wird, ist mehr als ungewiss. Neue Untersuchungen haben ergeben, dass die Fundamente die Brücke u.U. nicht tragen die Ufer zum Einsturz bringen könnten, so die Sachverständigen.
Trotzdem ist sie jetzt freigegeben worden, der Bürgermeister verteidigt sich gegen Vorwürfe mit den Worten, die Brücke sei jeden Cent wert, der in sie investiert worden sei. Diese Meinung teilt weiß Gott nicht jeder, der die Brücke der Verfassung nutzt. Bei jeder Vibration des Stahl-/Glasgebildes drängt sich einem die bange Frage auf, ob die Fundamente schon nachgeben.
Der eigentliche Skandal ist aber die Tatsache, dass weder behindertengerecht, noch praktisch geplant wurde. So besteht die Brücke aus Stufen, die keinesfalls einer normalen Schrittlänge angepasst wurden, es gibt keine Rampe für die Koffer und Trolleys, die Reisende normalerweise bei sich führen und für Eltern mit Kinderwagen und -karren ist sie offensichtlich auch nicht vorgesehen. Rollstuhlfahrer werden per Hinweistafel darauf hingewiesen, dass sie bis zur Fertigstellung des Liftes kostenlos Vaporetto fahren dürfen.
Der Lift war ursprünglich nicht geplant, muss jetzt mit erheblichen Kosten irgendwie in das Skandalobjekt eingefügt werden.
Das Gebiet um den Brückenpfeiler auf dem Bahnhofsgelände ist bereits wenige Wochen nach Inbetriebnahme wieder abgesperrt, unter der Brücke sind wieder Gerüste und Netze angebracht worden.
Spöttisch meinte ein Urlauber:
Die Netze sollen uns auffangen, wenn die Brücke bricht."
Nicht erst jetzt, nachdem so langsam alle Unzulänglichkeiten des 94 Meter langen Kunstwerkes offenkundig werden, scheinen die Kritiker, die sich immer schon nach dem Sinn und Zweck dieser Brücke gefragt haben, Recht zu behalten.
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