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Nationalpark Hanich: Vorstellung der Jahresbilanz 2019

Klimawandel wird sichtbar und stellt Forschung und Umweltbildung vor große Herausforderungen

(lifePR) (Bad Langensalza, )
Ende 2019 ist der Nationalpark Hainich 22 Jahre alt geworden. Ähnlich wie in den Vorjahren konnten zahlreiche Projekte und Maßnahmen erfolgreich realisiert, Besuchern der Nationalpark näher gebracht und für die Welterberegion Wartburg Hainich geworben werden. Das vergangene Jahr war aber in einer Hinsicht ein Besonderes: Der Klimawandel ist im Nationalpark augenfällig angekommen, mit noch unabsehbaren Auswirkungen auf seine Arten und Lebensräume.

Absterbende Fichtenbestände waren in den letzten Jahren in vielen Landesteilen ein fast gewohnter Anblick. Dass aber auch Buchen vertrocknen und absterben, war 2019 ein ganz neues Phänomen. Die Kombination von Trockenheit, hohen Temperaturen, permanenter Sonneneinstrahlung und seit Jahren sinkender Bodenfeuchte hat sie an ihre Grenzen gebracht. Ab Ende Mai 2019 waren im Nationalpark die Folgen des Extremjahres 2018 selbst in naturnahen Waldbeständen deutlich sichtbar, insbesondere auf südwestexponierten und besonders flachgründigen Standorten. Auf 5 % der Waldfläche des Nationalparks war zirka ein Drittel des Bestandes alter Buchen komplett kahl. Der Rest der Buchen wies große Ausfälle in den Kronen auf und hatte eine nur spärliche Belaubung mit z.T. sehr kleinen Blättern. Nur wenige Buchen waren normal belaubt.

Sehr schnell war klar, dass diese Situation eine besondere Herausforderung für die Forschung im Nationalpark darstellt. Bereits Anfang Juli 2019 wurden mit Hilfe von Drohnen und einem Kleinflugzeug Luftbilder der Waldbestände erstellt. Im November gab es einen Forschungs-Workshop mit ca. 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu den Auswirkungen des Klimawandels im Hainich, wo über dringliche Forschungsfragen und Projekte diskutiert wurde. Im Nationalpark Hainich ist davon auszugehen, dass sich der Wald zumindest auf bestimmten Standorten in sehr kurzer Zeit sehr deutlich verändern wird. Das ist eine Entwicklung, die noch Anfang 2019 als unwahrscheinlich eingestuft worden wäre. Die sich aufdrängende Frage ist, ob – wie es die Klimaprognosen sagen – Extremjahre wie 2018 und 2019 in Zukunft zum Normalfall werden. Dies hätte noch kaum abzuschätzende Auswirkungen auf unser heutiges Waldbild und unterstreicht die immensen Gefahren des ungebremsten Klimawandels in höchst alarmierender Art und Weise.

Im Rahmen ihres Forschungsauftrages wird die Nationalparkverwaltung 2020 versuchen, den aktuellen Zustand der Waldbestände und die weitere Entwicklung möglichst umfassend zu dokumentieren. Mit seinen zirka 30 vorkommenden heimischen Baumarten und dem Grundsatz „Natur Natur sein lassen“ ist der Hainich ein ideales Untersuchungsgebiet für die Frage, welche Laubbaumarten mit den neuen Gegebenheiten am besten zurechtkommen und wie die Natur mit dieser Entwicklung umgeht. Bereits Ende Mai 2020 steht der nächste Forschungs-Workshop an. Dann wird sich nach dem Laubaustrieb zeigen, welche Spuren die beiden vergangenen Jahre in den Beständen hinterlassen haben. Auch in der Umweltbildung wird 2020 der Klimawandel noch mehr in den Fokus gerückt.

Als weitere wichtige Ereignisse 2019 sind zu nennen:
  • Die Nationalparkwacht hat sich durch die Einstellung neuer Kollegen weiter verjüngt
  • Im April wurde der barrierefreie „Pfad der Begegnung“ im Brunstal feierlich eröffnet
  • Ebenfalls im April wurde die Wildkatzenscheune in Hütscheroda in überarbeiteter und inhaltlich um den Luchs ergänzter Form der Öffentlichkeit übergeben; Anfang September konnten dann zwei Luchse in das neue Freigehege einziehen
  • Anfang Mai war der Hainich-Botschafter Andreas Kieling zu Besuch im Nationalpark und führte unsere Juniorranger
  • Am 25. Juni, unserem Welterbe-Geburtstag, wurde der zweite Thüringer Urwaldpfad im Nationalpark Hainich eröffnet, d.h. ein Wanderweg hat dieses Prädikat bekommen
  • Im Rahmen eines Projektes „Green Cut“ filmten Schüler aus Mühlhausen die biologische Vielfalt im Hainich
  • Im Oktober fand in Bad Langensalza die Tagung „Alte Buchenwälder“ mit 80 Teilnehmern aus ganz Deutschland statt
  • Zum Jahresende wurde die 100.000. Besucherin in der Nationalpark-Information Harsberg begrüßt
  • Neue Wanderbuslinien haben das ÖPNV-Angebot rings um den Hainich verbessert
  • Ende 2019 wurden die Feldarbeiten beim Schwarzwild-Forschungsprojekt abgeschlossen; die Auswertung soll u.a. Aufschluss über die Interaktionen zwischen Nationalpark und Umfeld geben
  • Weiter in Bearbeitung ist der neue Nationalparkplan. Im Vorgriff darauf wurden Büsche und Sträucher entfernt, um die Beweidung auf 10 % der Nationalparkfläche zu sichern. Damit soll der Beitrag des Nationalparks zum europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000 gesichert werden
  • Die 3. Waldinventur hat begonnen und wird Aufschluss darüber geben, wie weit der Hainich auf seinem Weg zum „Urwald mitten in Deutschland“ vorangeschritten ist (im Rahmen der Waldinventur werden alle zehn Jahre auf festgelegten Flächen Bäume und Strukturen erfasst)


2020 sollen zwei große Bauprojekte fertiggestellt und der Öffentlichkeit übergeben werden:
  • Der barrierefreie Wanderweg „Waldpromenade“ an der Thiemsburg (Zielstellung ist eine Eröffnung am 25. Juni 2020)
  • Erlebnis-Spielgelände „Im Reich des Fagati“ an der Thiemsburg (Fertigstellung für Herbst 2020 angestrebt)

Die 2019 begonnene Erneuerung und Erweiterung der Beschilderung wird auch 2020 fortgesetzt. So werden an der Fuchsfarm, am Wartburgblick sowie an der Aussichtsplattform Schlehenblick neue Infotafeln aufgestellt.

Einige Zahlen:
  • Besucherzahlen gesamt: 315.000 (2018: 330.000)
  • Besucher am Baumkronenpfad: 150.000 (2018: 162.300)
  • Besucher Wildkatzendorf: 27.400 (2018: 29.500)
  • Führungen, Vorträge, Eröffnungen, Veranstaltungen mit insgesamt 10.400 Teilnehmern und Besuchern, davon allein 4.450 Schüler bei Führungen
  • Fast 3.000 Fans auf facebook und fast 1.200 Follower auf Instagram

Es sind bisher nur wenige Prozent der Waldfläche des Nationalparks von starken Blattverlusten bis hin zum Totalausfall gerade bei älteren Buchen betroffen. Und es ist für einen Nationalpark ohne Forstwirtschaft und dem Motto „Natur Natur sein lassen“ grundsätzlich kein Problem, wenn Einzelbäume oder sogar ganze Bestände absterben. „Aber“, so Nationalparkleiter Manfred Großmann, „2019 hat deutlich gezeigt, dass auch ein strenges Schutzgebiet wie der Nationalpark Hainich den gravierenden Auswirkungen von außen ausgesetzt ist, sei es beim Klimawandel oder beim Insektensterben. Das sollte für uns alle zugleich Mahnung und Aufforderung sein, den umfassenden Schutz unserer Lebensgrundlagen für uns und nachfolgende Generationen zu gewährleisten.“
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