"Käsen hat viel mit Gefühl zu tun - und mit dem richtigen Zeitpunkt", sagt er und umreißt die sensiblen Bereiche: "Es fängt damit an, dass ich die Milch, die ja lebt, bei warmem Wetter anders behandeln muss als bei kaltem. Und es geht weiter damit, dass man die geronnene Milch genau zur richtigen Zeit zerschneiden muss, damit der Käse nicht schwammig wird und dass man den Käse exakt dann aus der Wärme nimmt, wenn er die richtige Reife hat."
Eine Wissenschaft für sich. Die Johann Schönauer im Lehrberuf des Molkerei- und Käsefachmanns von der Pike auf gelernt hat. Auf der Schönangeralm verarbeitet er 2500 Liter Milch täglich zu Käse und Butter. "In der Saison fallen gut 15 Tonnen Käse an", rechnet Schönauer und macht mit den Gewichten weiter: "Pro Tag hebe ich etwa 30 Tonnen Käse." Wie das? Aus der Stellage raus, auf den Tisch und wieder zurück. Denn der Käse muss anfangs alle zwei Tage, dann einmal wöchentlich mit Salzwasser abgebürstet werden, damit sich die Rinde entwickelt. Wer mehr wissen will, kann ihm in seiner Schaukäserei auf der 1200 Meter hoch gelegenen Schönangeralm über die Schultern schauen - auch ohne Voranmeldung, denn er ist den ganzen Tag über da.
Von Mai bis September zieht Johann Schönauer auf der größten Alm der Wildschönau, zu der 680 Hektar Land gehören, die 7-Tage-Woche durch - und freut sich, wenn seine Frau Anni (49) ihn zwischendurch in seiner vorbildlich organisierten Alm-WG besucht. Sogar einen Küchenplan hat er eingeführt. "Wir wechseln uns wöchentlich mit Kochen und Putzen ab", berichtet Chef Schönauer. Wir - das sind er, die drei Melker und jemand, der ihn beim Verkauf im Hofladen unterstützt. Sieben Jahre lang war dieser "Jemand" seine Tochter Carina (21), die nicht nur Papas Liebe fürs Almleben teilt, sondern auch als Masseurin arbeitet, allerdings jetzt das ganze Jahr hindurch. "Und dann gibt's noch den Konrad", zählt Johann Schönauer auf. "Der geht aber im Hochsommer mit seiner Frau und den 75 jüngsten Rindern auf die Hochalm weiter."
25 Wildschönauer Bauern sind es, die ihr Vieh im Sommer in Johann Schönauers Obhut geben - und die glücklich sind, mit ihm die richtige Wahl getroffen zu haben. Ein fürsorglicher Vieh-Vater, der auch bis in die Nacht suchen lässt, falls eine Kuh bei der Visite nicht zur Stelle ist und ein Käse-Künstler, der inzwischen so bekannt ist, dass nahezu alle "Milch-Veredelungen" aus seinen Händen direkt von der Alm verkauft werden. Nach seinem Geheimrezept befragt, sagt Johann Schönauer schlicht: "Ich liebe den Käse und der Käse liebt mich."
Alle sind zufrieden - und so hat das sprießende Haupthaar des Käse-Königs sicher keine wirklich ernste Bedeutung mehr: Immer wenn Johann Schönauer sich aus seinem 4-Sterne-Hotel als Masseur verabschiedet, um auf die Alm zu gehen, ist er glatt rasiert. Dann lässt er den Bart und die Haare sprießen - und legt erst wieder das Messer an, wenn auch der letzte Bauer ihn für seinen Einsatz auf der Alm bezahlt hat. Das war früher so Usus, damit alle im Tal sehen konnten, dass ein Almerer noch auf Geld wartete, aber bei Schönauer ist's wohl eher die Bequemlichkeit: "Rasieren, Haare schneiden - das passt ganz einfach nicht. Auf der Alm, da bin ich mitten in der Natur", sagt er. Und genießt es.
Goldmedaillen-Käse und andere Köstlichkeiten: Weichkäse, Emmentaler und Bergkäse sind die drei Sorten, mit denen Johann Schönauer regelmäßig Goldmedaillen in Galtür holt. Außerdem im Sortiment, das direkt im Hofladen gekauft werden kann, sind Tilsiter, Schnittkäse, Kräuterkäse, Magerkäse und Camembert, darüber 1400 Kilogramm frische Almbutter pro Saison.
TIPP: Eine schöne Rundwanderung führt zur Farnkaseralm. Robin der Senner kredenzt ein Frühstück mit frischen Almprodukten. Die Tour geht nach der Farnkaseralm weiter zu Johann's Käsereich, auf die Schönangeralm, wo er gerne über die Käsekunst plaudert und Verkostungen anbietet.