Es ist ja so: Häufig kennen echte, dicke Freundinnen die andere besser als der Ehepartner oder der Lebensgefährte. Besser als die Kinder und die Eltern. Warum? Weil die Frauen sich sehr nahe stehen und es keine Geheimnisse zwischen ihnen gibt. Sie sind sich so vertraut und vertrauen einander blind.
Allein: Ist die Freundin gestorben, haben diese engen Vertrauten etwa bei der Trauerfeier meist kein Wort mitzureden. Denn die Beisetzung organisieren die Angehörigen. Die Freundin fühlt sich oft gar nicht berechtigt, irgendetwas zu bestimmen. Was hat sie denn schon groß zu tun gehabt mit den Angehörigen?
Wie diese ganze Trauerfeier gestaltet ist …
Dabei würde die allerbeste Freundin die Beerdigung und das Ganze drumherum am ehesten genau so gestalten können, wie es der gestorbenen Freundin wirklich gefallen hätte. Sie wäre oft näher an ihren Wünschen und Vorstellungen als ihre Kinder oder ihre Eltern …
Es ist gar nicht so einfach, als beste Freundin dann auf der Beerdigung zu sein. Und zu denken: Um Gottes willen, das Lied hätte sie gar nicht gemocht. Und warum haben die Angehörigen denn diesen Sarg bloß ausgesucht? Und wie die ganze Trauerfeier gestaltet ist … Und ja, ich hätte so gern eine Rede gehalten. Aber die Familie lehnt ab. Wohin dann mit den Abschiedsworten?
Wie geht man als beste Freundin damit um?
„Fragen Sie sich: Wie hätte ich es denn gemacht?“, rät Jen Lind, Sterbe-Amme und Mitgründerin von TrostHelden, dem Trauerforum der besonderen Art. „Es gibt immer die Möglichkeit, ein eigenes Abschiedsritual für sich zu gestalten oder auch zusammen mit dem Freundeskreis, der noch da ist.“ Und das nicht nur in Gedanken, sondern in einem Rahmen, den man sich selber steckt. Mit einem Ritual, das einen Anfang und ein Ende hat.
Das könnte zum Beispiel eine Trauerfeier abseits der eigentlichen Trauerfeier sein. Bei der auch diese Rede für die Freundin ihren Platz hätte.
Freundin gestorben: Wie man ihr Respekt & Ehre bezeugen kann
„Dazu möchte ich gern ermutigen“, sagt Jen Lind. „Dann den Abschied von der besten Freundin unabhängig von der Beerdigung in die eigene Hand zu nehmen und zu gestalten, wenn eine Beteiligung an der Organisation vorher nicht möglich ist. Und der Verstorbenen auf diese persönliche Art noch einmal Respekt, Wertschätzung und Ehre zu bezeugen.“
Ermutigung zum Mutigsein
Jen Lind möchte auch dazu ermuntern, vor der eigentlichen Beisetzung zu der Familie Kontakt aufzunehmen und sich trauen zu fragen: „Wie habt Ihr denn die Trauerfeier geplant? Was habt Ihr für Lieder herausgesucht? Meint Ihr nicht, es würde vielleicht doch eher dieser oder jener Song passen, weil ihn die Verstorbene wahrscheinlich viel schöner fände? Weil wir zu dem Lied immer ausgelassen getanzt haben und sie gesagt hat, dass sie mit der Musik sogar in den Himmel tanzen würde …“
„Ich bin ja nur die beste Freundin“
Ja, es gehört Mut dazu, sich einzumischen. Noch ein letztes Mal für die verstorbene Freundin einzustehen – auf diese sehr besondere Art. Jen Linds Tipp: „Geben Sie sich selbst die Erlaubnis dazu! Sie sind eben viel mehr als nur die enge Freundin. Beste Freundschaften sind etwas unglaublich Wertvolles.“
Und in einem einfühlsamen, vorsichtig geführten Gespräch merkt die Freundin schnell, ob sie bei den Zugehörigen auf Widerstand stößt. Und es kann sogar auch sein, dass die Mutter eine ganz bestimmte Liedauswahl getroffen hat, weil diese ihr wiederum besonders am Herzen liegt. Vielleicht weil sie glaubt, dass sie hilft, ihrer Tochter das Himmelstor zu öffnen …
Die Trauer der anderen akzeptieren
Das gilt es selbstverständlich zu akzeptieren. Es geht um die eigene Trauer UND um die der anderen. Wenn das so ist, stellt man etwas Eigenes auf die Beine und gestaltet für sich ein Ritual.
„Es kann aber auch sein, dass man ganz und gar nicht auf verschlossene Ohren bei den Angehörigen trifft. Sondern dass diese für Hinweise und Ideen sehr, sehr dankbar sind“, betont Jen Lind. „Denn sie befinden sich in einer überfordernden, stressigen Situation. Das wird oft unterschätzt.“
Tipps für die Trauerarbeit
• Zunächst einmal annehmen und akzeptieren, dass es für diese so besondere Freundin keinen Ersatz gibt.
• Regelmäßig ihren Geburtstag feiern. Oder ihren Todestag als Himmelsgeburtstag.
• Im Zwiegespräch mit ihr bleiben, auch wenn es einseitig ist.
• Bewusst einen Ort finden, wo man mit ihr sprechen kann. Das kann eine Flussmündung sein oder eine bestimmte Stelle in einem Park.
• Dieser Ort kann auch in einem selbst sein.
• Sind Sie einmal im Jahr zusammen nach Amsterdam gefahren? Machen Sie es auch weiterhin im Gedenken an sie. Wenn es zu schwer fällt und die Erinnerungen zu stark werden: Fahren Sie einmal im Jahr nach Kopenhagen, schaffen Sie etwas Neues und denken Sie an Ihre Freundin.
Gestorbene Freundin ins eigene Leben integrieren
Das alles hat etwas Rituelles. Rituale können sehr helfen, einen Umgang mit dem Verlust der gestorbenen Freundin zu finden und sie auch weiterhin in das eigene Leben zu integrieren. Als eine Form der Ehrerbietung.
Ehrerbietung ist ein uraltes Gefühl, das die Erinnerung wach hält und die Seele wärmt. „Und diese Wärme ist wie eine Decke, die Sie sich innerlich überwerfen können, wenn Sie trauern“, beschreibt Jen Lind diese Empfindung.
„Klar, das alles hält auch die Trauer wach“, so Sterbe-Amme Jen Lind. „Aber wir dürfen uns nichts vormachen. Die Trauer bleibt. Sie verändert ihre Form, aber sie bleibt. Sie geht nicht wieder weg.“
Es geht darum, diese Trauer Teil des eigenen Lebens werden zu lassen und dabei auch die Leichtigkeit nicht zu vergessen! www.trosthelden.de