Familienkrise: "Die Reihenfolge ist ver-rückt"
Stirbt ein Kind, bleibt in einer Familie nichts mehr, wie es vorher war. Die bestehenden Strukturen sind durcheinandergewirbelt. "Die Reihenfolge, die wir Menschen als gegeben und natürlich empfinden, wird unterbrochen und umgestellt", sagt Jen Lind, Sterbe-Amme und Mitgründerin des Portals trosthelden.de. "Dass Kinder vor den Eltern sterben, empfinden wir Menschen als ver-rückt. Das macht den Tod noch unbegreiflicher."
Und es bleibt diese enorme Lücke zurück. Jedes einzelne Familienmitglied muss lernen, mit dem Verlust umzugehen.
Wenn ein Kind gestorben ist: Jen Linds Ratschläge
• Geburtstag und Todestag im Vorfeld planen
Das heißt: Wo, wie und mit wem möchten Eltern Geburtstag, Todestag oder Feiertage gestalten und verbringen. Diese Überlegungen sind übrigens allen zu empfehlen, die einen lieben Menschen verloren haben.
• Keine Scheu vor bunten Grabstätten
Gräber können auch farbenfroh gestaltet sein. Und was spricht gegen ein kleines Fest mit Luftballons, Seifenblasen, Smarties-Kuchen und eben auch Gästen? Vielleicht mag es dem einen oder anderen Friedhofsbesucher störend erscheinen.
Doch den allermeisten wird es ein Lächeln entlocken, sie werden Verständnis haben. Dabei sollte aber die Lautstärke im Rahmen und der Respekt vor anderen Friedhofsbesuchern gewahrt bleiben. Wer unsicher ist, fragt am besten bei der Friedhofsverwaltung nach.
• Sich kleine Rituale schaffen
Um das Kind zu verabschieden und gleichzeitig bei sich zu halten, kann es helfen, es immer wieder zu grüßen – etwa mit einem Helium-Luftballon.
• Regelmäßig schreiben
Gedanken und Gefühle zu Papier zu bringen, hilft enorm. Das kann in Tagebuch- oder Briefform sein. Was notiert man dort? Zum Beispiel, was man selbst erlebt und dem Kind gerne gezeigt hätte. Was man ihm zu bestimmten Zeiten beigebracht hätte. Wie man sich verschiedene gemeinsame Momente vorstellt … Wem es schwerfällt, den Anfang zu machen: Im Internet finden sich viele Schreibwerkstatt-Angebote.
• Dem Kind einen Namen geben
Es ist leichter, über das Kind und die mit ihm verbundenen Erinnerungen zu sprechen, wenn Eltern auch ungeborenen Babys oder Kindern, die kurz vor, bei oder nach der Geburt sterben, einen Namen geben.
• Das verstorbene Kind in die Familie einbinden
Geben Sie dem Kind seinen Platz im Familiengefüge. Das ist besonders wichtig, wenn es Geschwister gibt. Denn auch bei den Geschwistern bleibt die natürliche Reihenfolge bestehen. Es ist schwierig, plötzlich der "große Bruder" zu sein, wenn man vorher der kleine oder mittlere Bruder war. Es hilft allen, wenn sie ihren Platz behalten dürfen.
• Sich mit anderen Betroffenen austauschen
Der Kontakt mit Menschen, die ebenfalls ein Kind verloren haben, ist heilsam. Doch wo findet man diese Personen für einen offenen Austausch, bei dem alles auf den Tisch darf? Weil das nicht einfach ist, hat Jen Lind mit ihrem Mann Hendrik das Trostportal trosthelden.de gegründet. Es ist die erste Online-Vermittlung für Trauerfreund:innen in Deutschland.
Wie funktioniert das?
Eltern und Sterneneltern treffen bei TrostHelden mit Hilfe eines fundierten Matching-Verfahrens auf Menschen, die einen ähnlichen Schicksalsschlag erlebt haben. Sie verstehen die Trauer des anderen. In einem geschützten Raum teilen sie online ihren Schmerz, unterstützen sich gegenseitig und sind füreinander da.
Ohne Scheu und Tabus über den Verlust eines Kindes sprechen zu können, empfinden viele Trauernde wie einen Rettungsanker. Das zeigen die Erfahrungen der TrostHelden-User. www.trosthelden.de