Arbeitsspeicher mit ihren unzähligen winzigen Kondensatoren sind das Kurzzeitgedächtnis von Computern und Laptops. Sie speichern die gerade benutzten Programme und Dateien zwischen. Damit die Daten nicht verloren gehen, müssen die Kondensatoren regelmäßig neu geladen werden. Das kostet Energie und Zeit. Und fällt der Strom mal aus, sind die zwischengespeicherten Daten unwiederbringlich weg.
Würde man dagegen magnetische Materialien zum Speichern der Informationen nutzen, ließe sich viel Energie sparen. Denn die Daten würden dann so lange gespeichert, bis sie wieder überschrieben werden, müssten also nicht regelmäßig aufgefrischt werden und gingen auch bei einem Stromausfall nicht verloren. Außerdem könnten die Rechner schneller werden, denn die Daten könnten mit Hilfe sehr kurzer Laserpulse geschrieben werden. Solche Pulse lassen sich heute schon mit einer Dauer von weniger als einer Billionstel Millisekunde (10-15 Sekunden) erzeugen.
Noch fehlt aber das detaillierte Wissen, wie sich das so genannte magneto-optische Schalten kontrollieren lässt. Forscher aus Jülich, Kaiserslautern, Schweden und den USA haben nun einen neuen Effekt entdeckt, der eine grundlegende Frage klärt und dabei neue Wege für Anwendungen eröffnen könnte.
Die Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich, der Technischen Universität sowie dem Landesforschungszentrum OPTIMAS Kaiserslautern und Forschungseinrichtungen in Schweden und den USA untersuchten erstmals die Wirkung von Laserpulsen auf ein hauchdünnes System aus magnetischen Schichten getrennt für jede einzelne Schicht.
„Bisher waren solche Untersuchungen nur für Schichtsysteme insgesamt durchgeführt worden; es gab keine Möglichkeit, die einzelnen Schichten getrennt voneinander zu untersuchen“, erläutert Denis Rudolf, Doktorand am Jülicher Peter Grünberg Institut, das nach dem Jülicher Nobelpreisträger und Pionier der Spintronik-Forschung benannt ist. „Durch den Einsatz besonders kurzwelliger Pulse im weichen Röntgenbereich konnten wir nun auch erstmals in die tiefen Schichten des Systems blicken.“
Dabei erlebten sie eine Überraschung: Bisher ergaben Messungen stets, dass Laserpulse die Magnetisierung von magnetischen Schichten und Schichtsystemen kurzfristig verringern können. Als Grund wurden dafür verschiedene Erklärungen herangezogen, unter anderem, dass sich das Material durch den Puls so stark aufheizt, dass die Magnetisierung teilweise verloren geht.
In einem Fall maßen die Forscher nun aber stattdessen eine vorübergehende Verstärkung der Magnetisierung: Wenn zwei magnetische Schichten des untersuchten Stapels zunächst parallel ausgerichtet waren, verstärkte sich durch den Puls die Magnetisierung der unteren Schicht, während die der oberen Schicht sich, wie erwartet, verringerte. Bei eingangs antiparalleler Ausrichtung der Magnetschichten verringert sich die Magnetisierung hingegen erwartungsgemäß in beiden Schichten.
„Das spricht deutlich für eine neue Theorie“ sagt Professor Martin Aeschlimann von der TU und dem Landesforschungszentrum OPTIMAS Kaiserslautern. Danach führen die Pulse den Elektronenspins Energie zu. Die entstandenen „heißen“ Spins können sich verstärkt bewegen; so genannte Spinströme fließen. „Da in einem magnetischen Material stets eine kleine Anzahl der Spins entgegen der Gesamtmagnetisierung ausgerichtet sind, kommen diese nicht weit voran, nur die Spins mit der „richtigen“ Orientierung können signifikant wandern. Wenn diese in der Nachbarschicht ankommen, verstärken sie die schon vorhandene Magnetisierung, wenn diese parallel ist, oder schwächen sie, wenn sie antiparallel ist.“
Noch ist der Effekt zu schwach für eine technische Nutzung. Die Forscher suchen nun nach Materialien, die stärkere Spinströme entwickeln und nach Möglichkeiten, die Schichtsysteme so zu strukturieren, dass die Spinströme gezielt geleitet werden können. Ziel ist es, so viele Spins von einer Schicht in die Nachbarschicht zu leiten, dass die Magnetisierung nicht nur ab- oder zunimmt, sondern in ihrer Ausrichtung umklappt und dadurch ein Datenbit eingeschrieben werden kann.
Originalpublikation:
Ultrafast magnetization enhancement in metallic multilayers driven by superdiffusive spin current; Rudolf et al.; Nature Communications 2012,
DOI: 10.1038/ncomms2029
Weitere Informationen:
Forschungszentrum Jülich: www.fz-juelich.de
Institut für Elektronische Eigenschaften (PGI-6): http://www.fz-juelich.de/...
TU Kaiserslautern und Forschungszentrum OPTIMAS: http://optimas.uni-kl.de/
Das Forschungszentrum Jülich...
... betreibt interdisziplinäre Spitzenforschung, stellt sich drängenden Fragen der Gegenwart und entwickelt gleichzeitig Schlüsseltechnologien für morgen. Hierbei konzentriert sich die Forschung auf die Bereiche Gesundheit, Energie und Umwelt sowie Informationstechnologie. Einzigartige Expertise und Infrastruktur in der Physik, den Materialwissenschaften, der Nanotechnologie und im Supercomputing prägen die Zusammenarbeit der Forscherinnen und Forscher. Mit rund 4.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehört Jülich, Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, zu den großen Forschungszentren Europas.
Das Landesforschungszentrum OPTIMAS an der TU Kaiserslautern…
… verbindet Optik und Materialwissenschaften unter dem übergeordneten Forschungsthema Licht, Spin und Materie. OPTIMAS bringt international anerkannte Forscher aus den Fachbereichen Physik, Chemie und Maschinenbau/Verfahrenstechnik zusammen. Außerdem sind externe Institutionen, wie die Abteilung Terahertz-Messtechnik und Systeme des Fraunhofer Instituts für Physikalische Messtechnik, das Institut für Verbundwerkstoffe (IVW), und das Institut für Oberflächen- und Schichtanalytik (IFOS) Mitglieder von OPTIMAS. Die vielfältigen Forschungsprojekte reichen von der Grundlagenforschung, wie z.B. der Spindynamik in rein theoretischen Spinketten bis hin zu technologisch orientierten Fragestellungen, wie der Entwicklung neuartiger Speichermaterialien.