Borderlineprodukte sind nur schwer einer Produktgruppe zuzuordnen. Sie stellen Grenzfälle zwischen Arznei-, Nahrungsergänzungs-, Lebensmitteln oder Kosmetika dar. Sie müssen von Fall zu Fall eingestuft werden und dürfen nicht falsch beworben werden. Besondere Probleme wirft ihr Handel im Internet auf: Hier werden Fälschungen angeboten. Es können die angegebenen Bestandteile fehlen oder in Lifestyle-Produkten verbotene pharmazeutisch wirksame Substanzen wie Appetitzügler oder Sexualhormone beigemischt sein. Die Kontrolle, insbesondere die Beschlagnahme im Internethandel erweist sich als schwierig, wie Dr. Dirk W. Lachenmeier vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe in seinem Vortrag darstellt. Die Referenzsubstanzen, die für die Identifizierung der Inhaltsstoffe mit den bislang dafür gebräuchlichen Analyseverfahren nötig wären, sind entweder nicht erhältlich oder extrem teuer. Lachenmeier schlägt, nach ersten gelungen Versuchen damit, die bei anderen analytischen
Fragestellungen bewährte Magnetische Resonanzspektroskopie (NMR-Spektroskopie) als Analysenverfahren für diese Borderlineprodukte vor. Die NMR-Spektroskopie kann in diesen Fällen eine ausreichende qualitative Information und sogar eine halb-quantitative Information liefern. Das ist für die erforderlichen Kontrollen durchaus ausreichend.
Stefanie Kaffarnik stellt in ihrem Vortrag ihre Arbeiten zur Authentizitätsprüfung von Bio-Milch und Bio-Milchprodukten vor, also Möglichkeiten, mit denen man diese Erzeugnisse von denen aus der konventionellen Landwirtschaft unterscheiden kann. Während in der konventionellen Milchwirtschaft relativ hohe Anteile an preisgünstigem Kraftfutter eingesetzt werden, wird im Ökolandbau ein hoher Anteil an Gras und Heu verfüttert. Dies lässt sich in den Produkten analytisch nachweisen, wobei bislang verschiedene Fettsäuren als analytische Marker vorgeschlagen wurden. Unter Professor Dr. Walter Vetter arbeitet Kaffarnik am Institut für Lebensmittelchemie der Universität Hohenheim an der Vereinfachung eines Verfahrens, mit dem man die Verhältnisse der Kohlenstoffisotope bestimmt. Das Kohlenstoffisotop 13C - es verfügt im Atomkern über ein Neutron mehr als das "normale" Isotop 12C - ist in Mais, das zu Kraftfutter verarbeitet wird, in höheren Mengen vorhanden als in Gras. Die Analyse von Milchfett, dessen Herkunft bekannt war, lieferte richtige Antworten auf die Frage, welches aus Bio-, welches aus konventioneller Milch stammte. Bei Käseproben aus dem Handel hingegen wiesen einige Bio-Produkte ähnliche Werte auf wie die von konventionellen Produkten. Versagt das Nachweisverfahren oder war hier Bio doch nicht Bio?
Tierarzneimittel tragen erheblich zur Tiergesundheit bei und damit in vielen Ländern zur Versorgung mit tierischen Lebensmitteln. Tierarzneimittel dürfen aber nur innerhalb enger gesetzlicher Regelungen eingesetzt werden und unterliegen einer Zulassungspflicht. Weniger als ein Prozent der tierischen Lebensmittel wurden in den letzten Jahren wegen Überschreitung von Höchstmengen an Tierarzneimitteln beanstandet. Damit scheint eine Gefährdung des Verbrauchers durch Tierarzneimittelrückstände nicht gegeben zu sein. Für die Lebensmittelsicherheit gibt es in diesem Zusammenhang dennoch andere mögliche Probleme: Tiere scheiden die Arzneimittel zu einem Gutteil wieder aus, wodurch Wirtschaftsdünger und Stallstäube Tierarzneimittel in nicht zu vernachlässigenden Konzentrationen enthalten. Das wiederum führt zu Rückständen von Tierarzneimitteln im Grundwasser und in Nutzpflanzen. Einmal in der Umwelt vorhanden, ist ihr Wiedereintrag in die Lebensmittelkette möglich. Am Institut für Lebensmittelchemie und Lebensmittelbiotechnologie der Universität Gießen hält man detaillierte Kenntnisse über die Eintragspfade der Tierarzneimittel für den vorbeugenden Verbraucherschutz für unerlässlich. Professor Dr. Gerd Hamscher trägt in Kaiserslautern über den derzeitigen Stand des Wissens und der Bewertung in vor.
Die Tagungen der Regionalverbände der Lebensmittelchemischen Gesellschaft, der größten Fachgruppe in der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), sollen Lebensmittelchemiker auf den neuesten Stand des Wissens bringen und den Gedankenaustausch fördern. Die GDCh gehört mit rund 30.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 27 Fachgruppen und Sektionen, darunter die Lebensmittelchemische Gesellschaft mit annähernd 2.800 Mitgliedern. Diese veranstaltet alljährlich den Deutschen Lebensmittelchemikertag - in diesem Jahr vom 10. bis 12. September in Münster.