Ob im Autohaus oder auf dem Privatmarkt: Der Handel mit Autos kommt in Schwung. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) verzeichnete im ersten Quartal 2011 einen Zuwachs von knapp 15 Prozent bei den Umschreibungen gegenüber dem Vorjahr. Auch wurden wieder wesentlich mehr Neuwagen angemeldet - Zulassungsplus: knapp 14 Prozent. Die Folge: Der Platz auf den Präsentationsflächen wird eng, weil Vertragshändler mehr Gebrauchtwagen in Zahlung nehmen als in den Vormonaten. Für mehr Platz sorgt wiederum der schnelle Verkauf - teils mit satten Preisnachlässen. Der Aufschwung bei den Neuwagen wirkt sich wiederum positiv auf den Privatmarkt aus: "Viele versuchen, ihren Wagen selbst zu verkaufen, um einen hohen Neuwagennachlass zu erzielen. Der wird meist nur gewährt, wenn der Händler den Gebrauchten nicht in Zahlung nehmen muss", sagt Andreas Halupczok von TÜV SÜD. Mittelfristig werden die Preise für die Gebrauchten ansteigen - so sehen es auch über 40 Prozent der befragten Händler in der TÜV SÜD-Umfrage (www.tuev-sued.de/...).
1. Nicht blenden lassen: Mehr als 90 Prozent der Gebrauchtwagen werden inzwischen im Netz gekauft. Das Internet bietet den Vorteil, sich einen guten Überblick über Angebot und Preisgefüge verschaffen zu können. "Schnäppchen lassen sich dort aber nur noch selten machen", sagt Halupczok. In den großen Internetbörsen seien die Preise sehr ähnlich. Bei der Suche im Netz das Angebot immer genau auf Plausibilität untersuchen. Im Netz klaffen Realität und schöne-Bilder-Welt oft auseinander. Manches verlockende Angebot dient lediglich dem Zweck, Interessenten zu ködern. Noch ein Tipp: Zeitungsinserate aus regionalen Tageszeitungen oder lokalen Anzeigeblätter sind für die Suche nach Fahrzeugen im unteren Preissegment meist die bessere Wahl. Als wahrer Geheimtipp stellen sich oft auch die Kleinanzeigen in regionalen Internetbörsen heraus.
2. In der Region bleiben: Der Kauf des neuen Gebrauchten beim Händler vor Ort bietet Vorteile, weil das Autohaus in der Regel ein großes Interesse daran hat, mit einem guten Wagen und einem umfangreichen Angebot eine langfristige Kundenbindung auch beim Service aufbauen. Zudem sind zufriedene Kunden die besten Werbeträger. 500 Kilometer weit fahren für ein günstiges Angebot? "Das lohnt sich meist nur für Autos der gehobenen Preisklasse", sagt Halupczok. In einigen Regionen gibt es wegen vieler Werksangehöriger ein Überangebot an Fahrzeugen bestimmter Marken, was wiederum zu niedrigeren Preisen führt. Werksangehörige erhalten sehr hohe Rabatte auf Neuwagen, eine Inzahlungnahme ist meist nicht üblich. Wer in der Nähe eines Autobauers kauft, kann also profitieren.
3. Details erfragen: ESSD, AHK, KD - bevor sich Interessenten auf den Weg zur Besichtigung machen, alle im Inserat genannten Angaben hinterfragen. Beispiel: "alle KD". Das soll heißen, dass alle Kundendienste regelmäßig durchgeführt worden sind. Wirklich aussagekräftig ist aber nur ein lückenloses Serviceheft. Noch besser ist es, wenn die dazugehörigen Rechnungen der Servicearbeiten vorliegen, bestenfalls vom Kfz-Meisterbetrieb. Einträge vom Besitzer selbst sind ohne Belang. Vor der Besichtigung also nachfragen, ob ein lückenlos geführtes Serviceheft vorliegt. Das gilt auch für den letzten Prüfbericht von Haupt- und Abgasuntersuchung, der bei der Zulassung vorgelegt werden muss. Unbedingt auch nach Vorschäden fragen. Wichtig ist es, die Formulierungen "Unfallfreiheit" und "ohne Vorbeschädigungen durch Unfall oder sonstige Beschädigungen" schriftlich im Vertrag zu fixieren. Achtung: Der Hinweis "ohne erkennbare Unfallschäden" reicht nicht aus! Im Falle eines Vorschadens die Reparaturbelege aushändigen lassen - zur Vorlage beim Wiederverkauf. Weicht der Anbieter beim Unfallthema schon am Telefon aus, Finger weg! Zudem schon jetzt fragen, warum der Wagen verkauft wird. Wird gedruckst, Angebot wechseln! Wichtig ist auch, dass Verkäufer und letzter eingetragener Vorbesitzer identisch sind - sonst hat man es vielleicht mit einem Händler zu tun, der die Gewährleistungspflicht umgehen will. Abschließend nach dem Zubehör fragen: Winterreifen sind ohne Wert, wenn sie nicht eine Mindestprofiltiefe von vier Millimetern haben. Die Kosten für neue Reifen gleich mit einkalkulieren - ein guter Einstieg für Verhandlungen und Preisnachlässe.
4. In Ruhe besichtigen: Erstes Gebot - das Fahrzeug niemals alleine anschauen. Bestenfalls einen Fachmann um Begleitung bitten.
Am Wunschfahrzeug angekommen, cool bleiben und sich nicht blenden lassen: Als erstes die Fahrgestellnummer des Gebrauchtwagens mit den Fahrzeugpapieren vergleichen. So merkt der Verkäufer gleich, dass der Interessent Sachverstand mitbringt. Respekt erzeugt auch, wer sich alle Fragen notiert und sich die erforderlichen Nachweise vorlegen lässt. Ehrliche Verkäufer sorgen hier stets für klare Verhältnisse. Zu den Kontrollpunkten beim ersten Rundgang gehört auf jeden Fall die Außenhaut - am besten bei gutem Wetter und unter freiem Himmel. Niemals bei Regen ein Fahrzeug begutachten! Besonderes Interesse gilt den Spaltmaßen. Die Abstände zwischen Türen und Karosserie, Motorhaube und Kotflügeln sowie rund um den Kofferraumdeckel jeweils links und rechts miteinander vergleichen. Sind die Spalte unterschiedlich breit, hat das Auto mit großer Wahrscheinlichkeit einen Unfall gehabt.
5. Laufleistung plausibel machen: Skepsis bereitet stets die Kilometerlaufleistung. Wie weit das Auto wirklich schon gefahren ist, machen die Einträge im Serviceheft plausibel. Achtung: Die Angabe "abgelesener Km-Stand laut Tacho" im Vertrag sagt nichts über die "Gesamtfahrleistung" aus. Dazu Halupczok: "Besser ist der Vertragszusatz, dass die Gesamtfahrleistung dem angezeigten Km-Stand laut Tacho entspricht." Erhöhter Verschleiß von Pedalgummis, Lenkradummantelung oder Türgriffen sind mögliche Hinweise für eine hohe Laufleistung. In diesem Zusammenhang unbedingt fragen, ob der Wagen noch den Originalmotor hat. Wurde ein Austauschaggregat verbaut, sind dazu lückenlos Belege und Rechnungen nachzuweisen. Ein Kfz-Betrieb trägt diese Arbeiten im Serviceheft ein.
Sixt, Avis, Europcar - ein Leih- oder Mietfahrzeug muss beim Verkauf gekennzeichnet sein, denn solche Wagen haben einen höheren Wertverlust. Kann der Vorbesitzer weder anhand der Fahrzeugpapiere noch durch eine Eintragung im Serviceheft (auch hier steht der erste Fahrzeugbesitzer) nachweisen, dass das Fahrzeug nicht auf einen Verleiher angemeldet war, sollte im Kaufvertrag der Hinweis "kein Leih- oder Mietfahrzeug" stehen. Zum Schluss: Alle Originalschlüssel müssen vorliegen - beispielsweise auch bei der Anzeige eines Diebstahls. Fehlen Schlüssel, gefährdet man den eigenen Versicherungsschutz.
Begutachten lassen: Wer beim Gebrauchtwagenkauf auf Nummer sicher gehen will, kann sich fachkundig unterstützen lassen - mit dem Auto Privat Check, der an den meisten TÜV SÜD Service-Centern angeboten wird. Die Fachleute untersuchen das Auto und fertigen einen umfassenden Prüfbericht an. Sträubt sich der Verkäufer gegen den Profi-Check: auf zum nächsten Angebot.
Finger weg!
Unbedingt Abstand nehmen sollten Interessenten in den folgenden Fällen:
1. Wenn der Verkäufer keine verbindlichen Angaben zu Gesamtfahrleistung, zur Unfallfreiheit oder Vorschäden und zu offensichtlichen Nachlackierungen macht.
2. Wenn Spaltmaße unterschiedlich sind.
3. Bei ausgelösten Airbags (z.B. Seiten- oder Türairbag).
4. Wenn die Kontrollleuchten von Airbag, ABS, ESP und so weiter nach dem Starten nicht erlöschen oder gar nicht leuchten. Achtung: Manchmal werden diese Kontrollleuchten einfach abgeklemmt oder die Birnchen beschädigt. Es gilt: Alle Kontrollleuchten müssen bei angeschalteter Zündung aufleuchten und nach dem Starten erlöschen (in der Bedienungsanleitung sind alle Kontrollleuchten aufgeführt).
5. Wenn der Verkäufer versucht, Druck auszuüben, um den Kauf schnell abzuschließen.