Neuland für die Reifentester und die Sachverständigen von TÜV SÜD: Sie haben Standard-Reifen auf einem Elektroauto getestet. Testfahrzeug: ein Opel Ampera-e mit 204 PS. Neben den üblichen Reifentestparametern stand hier besonders auch das Thema Rollwiderstand im Fokus. Aber auch die Stabilität der Reifen spielt beim Stromer eine besondere Rolle. Dazu Thomas Salzinger, Teamleiter Reifen bei TÜV SÜD: „Reifenhersteller arbeiten aktuell an der Entwicklung spezieller Modelle für Elektroautos. Sie müssen dabei wegen des höheren Gewichts der Fahrzeuge eine entsprechend ausgelegte Tragfähigkeit besitzen und zugleich mit dem kräftigen Drehmoment beim Anfahren und Beschleunigen zurechtkommen.“
Von der Karkasse zum Profil: Auch der Rollwiderstand ist herausragendes Thema. Der Goodyear – obgleich kein ausgewiesener Reifen für E-Fahrzeuge – lässt hier seine Konkurrenten weit hinter sich. Wer den Nankang oder den Nokian auf seinem vollgeladenen Ampera-e aufgezogen hat, muss theoretisch 19 beziehungsweise sogar 34 Kilometer früher an die Ladestation.
Strecke machen
Reichweitenthematik auch beim Test: „Die 60 kWh-Akkus hätten für die üblichen Tests nicht ausgereicht. Deswegen haben wir unsere gezeiteten Runden auf dem 3,3 Kilometer langen Trockenhandlingkurs durch einen 162-Meter-Slalom ersetzt“, erläutert Salzinger. Die Experten von TÜV SÜD haben sich zusätzlich intensiv mit der Reichweitenthematik in den eigenen Laboren auseinandergesetzt. „Bei allen drei Kandidaten haben wir im Vorfeld umfangreiche Rollwiderstandsmessungen in unserem Testlabor in Garching bei München durchgeführt“, ergänzt der Reifenexperte. Die Ergebnisse der Messungen mit einer Prüflast von 552 Kilogramm, einem Reifendruck von 2,5 bar und bei einer konstanten Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern: Goodyear: 41,3 N Rollwiderstandskraft (= Koeffizient cR 7,6 kg/t) Nankang 45,5 N (cR 8,4 kg/t). Der Allwetterreifen Nokian rollt mit seinem ganzjahrestauglichen Profil am schwersten ab: 48,9 N (cR 9,0 kg/t).
Keine Kompromisse machen
Fazit vom TÜV SÜD-Reifenfachmann Salzinger: „Wer jetzt neue Reifen für sein Elektroauto braucht, sollte neben den allgemeinen Sicherheitsparametern ein besonderes Augenmerk auf den Rollwiderstand legen – hier bietet das Reifenlabel eine gute Orientierung. Zudem werden vor allem die Premiumhersteller in naher Zukunft spezielle Reifenmodelle für Elektroautos auf den Markt bringen. „Es wäre spannend gewesen, wie sich solch ein Reifen im Test geschlagen hätte“, so Salzinger.
Das Testergebnis hat auch gezeigt, dass beim Reifenkauf für den Stromer keine Kompromisse gemacht werden sollten. Wenn aus Spargründen auf Ganzjahresreifen oder besonders günstige Alternativprodukte zurückgegriffen wird, kann diese Einsparung neben gewissen sicherheitsrelevanten Defiziten bei hohem Rollwiderstand beim Elektroauto ganz klar auf Kosten der Reichweite gehen: „Bei 34 Kilometern weniger Aktionsradius, wie hier auf die theoretische Reichweite des Ampera-e von 500 km umgemünzt, stellt sich schnell die Frage, ob ich noch nach Hause komme – das ist schon eine ordentliche Strecke.“, so Salzinger.
Die ausführlichen Ergebnisse des Reifentests stehen ab 27. Juli in der August-Ausgabe der auto-illustrierten.
TÜV SÜD betreibt in Garching bei München das größte unabhängige Reifen-/Räder-Labor seiner Art in Europa. Die Experten sind hier seit vielen Jahren der kompetente Partner der Reifen- und Fahrzeugindustrie, wenn es um Reifen und Räder geht.
Weitere Informationen unter www.tuev-sued.de/reifen