Die Frage, inwieweit persönliche Informationen verkettet werden können und sollen, betrifft die Basis des Konzeptes "Datenschutz" – oder genauer: des Schutzes der Privatsphäre der Menschen. In unserer Informationsgesellschaft geschieht dies vor allem über sog. "digitale Identitäten". Diese finden sich beispielsweise in Nutzerkonten bei Anbietern im Internet, in Kundendatenbanken von Unternehmen oder auch in staatlichen Datenbeständen. Zu digitalen Identitäten gehören auch Ordnungsnummern der Verwaltung, biometrisch aufgenommene Merkmale wie z.B. Fingerabdrücke oder selbst flüchtige Daten, z.B. die einem Gast eines Internet-Cafés zugeordnete IP-Adresse. Mit ihnen lassen sich einzelne Datenspuren verketten und zu umfassenden Persönlichkeitsprofilen oder persönlichen Historien verknüpfen.
Die Untersuchung des Themenfeldes durch das ULD und die TU Dresden begann im November 2006 und endete mit der Fertigstellung des Berichts im Oktober 2007. An dem Vorhaben arbeiteten neben Juristen und Informatikern auch Betriebswirtschaftler, Soziologen und Historiker mit, die das Thema im Report aus ihrer jeweiligen Perspektive diskutieren.
Zu den wesentlichen Inhalten des 230 Seiten langen Berichts gehört die Bestandsaufnahme von Datensammlungen und Verkettungsmöglichkeiten in Verwaltung, Wirtschaft und Internet-Communities. Im technischen Teil werden Mechanismen zur Verkettung vorgestellt, aber auch Maßnahmen, mit denen diese sich verhindern oder einschränken lässt. Zudem wird die Problematik einer nachträglichen "Entkettung" aufgezeigt, die aus technischer Sicht kaum zu garantieren ist. Vier Szenarien aus den Bereichen "Überwachung mit Hilfe von Alltagsgegenständen", "Internet-Suchmaschinen", "Arbeitnehmer und ortsbezogene Dienste" sowie zum noch visionären "Ambient Assisted Living", in dem Menschen in einer Welt voller Sensoren in ihrem Tun unterstützt werden, kombinieren die vorherigen Einzelbeobachtungen zu lebendigen und gut nachvollziehbaren Praxisfällen. Darauf aufbauend benennt der Report Handlungsempfehlungen und Bedingungen für die Verkettung digitaler Identitäten. Die Bedingungen sollen kontextabhängig im gesellschaftlichen Diskurs ausgehandelt werden und zur Verbesserung der technischen Standards, Rechtsnormen sowie Best Practices von Datenverarbeitern führen. Vorgeschlagen werden Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz und des Verständnisses der Betroffenen, zum Aufbau eines nutzergesteuerten Identitätsmanagements sowie zur Qualitätssicherung. Diese Maßnahmen sollen hinsichtlich der Nutzung von Informationstechnik vertrauensbildend wirken und für mehr Gerechtigkeit und Grundrechtsschutz in der Informationsgesellschaft sorgen.
Der Report zeigt auf, wie auch die Verkettung nicht-personenbezogener Daten und die Erstellung anonymer Profile zu unerwünschten Folgen, z.B. zu Diskriminierungen von Betroffenen, führen können. Er geht dabei über das aktuelle europaweit harmonisierte Datenschutzrecht hinaus. Thilo Weichert, Leiter des ULD: "Unser Report ist der erste, der bereichsübergreifend die Verkettungsmöglichkeiten in unserer Informationsgesellschaft darstellt und wissenschaftlich analysiert." Das ULD führt den mit dem Report angestoßenen Diskurs im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) mit internationalen Datenschutzexpertinnen und -experten fort.
Der Report ist abrufbar unter https://www.datenschutzzentrum.de/... und steht in Kürze auch als Buch zur Verfügung.