Rund 80 Forscherinnen und Forscher aus Europa, Australien, China, Brasilien und anderen Ländern werden in Saarbrücken diskutieren, wie eine Kombination und wechselseitige Ergänzung von empirischen und hermeneutisch geprägten Ansätzen im Rahmen der systemisch-funktionalen Linguistik aussehen könnte.
Die Tagung wird durch Universitätspräsident Prof. Dr. Volker Linneweber und den Studiendekan der Philosophischen Fakultät, Prof. Dr. Alberto Gil, eröffnet. Plenarredner sind unter anderem Dr. Miriam Taverniers (Univer¬sität Gent, Belgien), Dr. Gordon Tucker (Universität Cardiff, Großbritan¬nien) und Professor Dr. John Bateman (Universität Bremen).
Wenn Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftler Texte untersuchen, um daraus wissenschaftlich verwertbare Erkenntnisse zu gewinnen, stehen sie vor der Wahl zwischen verschiedenen Methoden: Die klassische Herangehensweise ist die Hermeneutik, deren oberstes Ziel es ist, die Bedeutung einer Sprachäußerung, eines Textes, auszulegen. Nun ist diese Auslegung oder Interpretation von anderen meist nicht wiederholbar und vielleicht nicht einmal nachvollziehbar, so dass möglicherweise das subjektive Verständnis verallgemeinert wird. Außerdem bleibt eine Auslegung allzu oft in der Beschreibung eines Textes stecken, ohne vom Einzelfall auf eine allgemeinere Ebene zu abstrahieren.
Mit dem Anspruch auf größere Exaktheit und Objektivität kommen in den letzten Jahrzehnten in der Sprachwissenschaft verstärkt empirische Methoden zum Einsatz. Dabei werden die Erkenntnisse nicht so sehr aus dem Text „herausgelesen“, sondern der Text wird als Datengrundlage betrachtet mit „handfesten“ quantitativ erfassbaren Eigenschaften. Insbesondere der Einsatz des Computers ermöglichte eine objektivere linguistische Analyse und deren Wiederholbarkeit. Problematisch bei diesem empirischen Verfahren ist der zwangsläufige Verlust von wertvollen Detailinformationen des Textes.
Obwohl die systemisch-funktionale Linguistik grundsätzlich eine Kombination beider Methoden zulässt, entscheiden sich Wissenschaftler in der Praxis eher für eine der beiden Vorgehensweisen. Die Tagung soll die Diskussion darüber anregen, wie ein Vorgehen von der jeweils anderen Methode profitieren kann und wie man beide Methoden kombinieren könnte.
In den vergangenen Jahren fanden die Tagungen in Madrid (2004), London (2005) und Gorizia/Triest (2006) statt. Ein wichtiger Aspekt der Konferenzreihe ist der Austausch zwischen Nachwuchswissenschaftlern und erfahrenen Linguisten. Aus diesem Grund ist es besonders erfreulich, dass auch Professor Dr. M.A.K. Halliday seine Teilnahme zugesagt hat. Sein Werk umfasst ein halbes Jahrhun¬dert international anerkannter Arbeiten zu allen Bereichen der Sprachwis¬senschaft und ist weit über den systemisch-funktionalen Ansatz hinaus prägend für die moderne Sprachwissenschaft. In einer Abschlussdiskussion wird M.A.K. Halliday mit den Konferenzteilnehmern über mög¬liche Verknüpfungen zwischen hermeneutisch und empirisch geprägten Ansätzen in der Sprachwissenschaft diskutieren.