Das Römerschiff wird am Freitag (30.05., 15 bis 18 Uhr), Samstag (10 bis 18 Uhr) und Sonntag (10 bis 16 Uhr) seine Runden auf der Außenalster drehen. Ein begrenztes Kontingent für Karten zur Mitfahrt ist am Anleger in Nähe der Krugkoppelbrücke erhältlich. Gleichzeitig hat die "Römerkohorte Opladen" ihr Lager im Eichenpark auf der anderen Seite der Brücke aufgeschlagen und demonstriert den Alltag römischer Legionäre.
Sechs Kooperationspartner
Der Nachbau des Römerschiffs ist ein gemeinsames Projekt der Universität Hamburg, der Werft von Jugend in Arbeit Hamburg e.V., des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), der Varusschlacht im Osnabrücker Land GmbH - Museum und Park Kalkriese, dem Landesverband Lippe sowie dem Kreis Lippe. Das Schiff wird Teil der Ausstellungen "Imperium Konflikt Mythos. 2000 Jahre Varusschlacht" sein, die im kommenden Jahr die Varusschlacht in den Museen im westfälischen Haltern am See, im niedersächsischen Kalkriese und in Detmold (Kreis Lippe) auf verschiedene Weise thematisieren.
Gleichzeitig dient der Nachbau einem archäologischen Experiment. Bisher war nicht bekannt, wie leistungs- und manövrierfähig dieser Schiffstypus war. Mit dem fertig gestellten Römerschiff konnte nun getestet werden, welche Geschwindigkeiten und Fahreigenschaften dieses Schiff hat.
Originalgetreu nachgebaut
Genau wie die Originalfunde ist das Römerschiff 16 Meter lang und fast drei Meter breit, es wiegt etwa 3 Tonnen. Es verfügt über 20 Ruderplätze sowie jeweils einen Platz für einen Steuermann und einen Bootsführer. Zwei Bootsbauer, 17 Studierende und drei Bootsbaulehrlinge arbeiteten fast 15 Monate daran. Im Januar 2007 wurde das Schiff auf Kiel gelegt, am 31. März das erste Mal zu Wasser gelassen. Als Vorlage für den Bau dienten den Schiffsbauern und Studierenden des Seminars für Alte Geschichte zwei römische Schiffwracks, die man im Jahr 1986 an der Donau in der Nähe des Legionslagers bei Oberstimm unweit von Ingolstadt entdeckte und 1994 barg. Für den Bauplan lieferte das Museum für Antike Schifffahrt in Mainz die grundlegende archäologische Studie und stellte ein Modell zur Verfügung, an dem sich die Konstrukteure orientieren konnten. Die Materialien für den Schiffbau kamen aus Lippe: Dazu zählt zum einen das Eichenholz für das Spantgerüst, einschließlich 700 gedrechselter Holznägel, die das Schiff zusammen halten. Hinzu kommt Lärchenholz für Planken und Mast sowie Fichte für die Riemen. Das Holz lieferte der Landesverband Lippe aus seinem Waldvermögen. Wie bei den Römern benutzten die Schiffsbauer auch bei diesem Projekt die Nut- und Federbauweise. Insgesamt kostete der Nachbau des Römerschiffs rund 250.000 Euro.
Ergebnisse der Testfahrten
Vier Wochen lang wurde das Römerschiff auf dem Ratzeburger See getestet, anschließend brachten die Studierenden und Bootsbauer das Schiff auf dem Wasserweg über den Elbe-Lübeck-Kanal und die Elbe wieder zurück zur Werft. Drei Tage dauerte die 150 km lange Reise.
Die Manövrierfähigkeit wurde sowohl unter Segel als auch mit Einsatz von 20 Ruderern erprobt. Das Schiff zeigte bemerkenswerte Leistungen: Unter Segel konnte es bei den Testfahrten bis zu sechs Knoten (11km/h) Geschwindigkeit aufnehmen. Die 20 Ruderer haben fast die gleiche Schnelligkeit erreicht. Auch die Beschleunigung war beachtlich: In nur 10-20 Sekunden konnte die Galeere unter Segel eine Geschwindigkeit von 3 Knoten aufnehmen. Das Schiff ist sehr wendig: in nur 30 Sekunden lässt es sich um 180 Grad drehen. Damit geben die Tests ganz neue Erkenntnisse zur Etablierung der römischen Herrschaft auf germanischen Boden.
Die wissenschaftlichen Ergebnisse sind in einem Bildband niedergelegt: Askamp, Rudolf/ Schäfer, Christoph (Hrsg.): Projekt Römerschiff. Nachbau und Erprobung für die Ausstellung "Imperium Konflikt Mythos. 2000 Jahre Varusschlacht", Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg 2008.
Das Römerschiff unterwegs
Nach Abschluss der wissenschaftlichen Untersuchungen steuert das Schiff ab Juni 2008 verschiedene Städte in Deutschland und Europa an. Dort kann es besichtigt werden. Zugleich kündigt das Holzschiff das Ausstellungsprojekt "Imperium Konflikt Mythos. 2000 Jahre Varusschlacht" an. Station macht es bspw. in Hamburg-Harburg (6.-8.6), Mainz (20.-23.6), im westfälischen Rheine (11.-13.07), in Xanten (8.-10.8), in Nijmwegen (22.-24.8), in Bonn (29.8-31.8) und Minden (26.-28.9), weitere Aufenthalte sind in Magdeburg, Ingolstadt und Hannover geplant.
Statements
Hamburgs Wissenschaftssenatorin Dr. Herlind Gundelach:
"Dieses tolle Projekt zeigt, dass in der erfolgreichen Verbindung von Wissenschaft und praktischem Handwerk viel Potenzial steckt und dass die Geisteswissenschaften durchaus ihren Elfenbeinturm verlassen können. Daran hätten die alten Römer ihre wahre Freude gehabt. Gleichzeitig verschafft das Bauprojekt arbeitslosen Jugendlichen eine neue berufliche Perspektive und trägt dazu bei, sie möglichst rasch zu vermitteln und in den Arbeitsmarkt zu integrieren."
Die Präsidentin der Universität Hamburg, Prof. Dr.-Ing. habil. Monika Auweter-Kurtz:
"Das Vorhaben 'Römerschiff' ist eine aus meiner Sicht überzeugende Symbiose von Theorie und Praxis. Der Nachbau ermöglicht nicht nur neue wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern lässt alle Interessierten ein Stück Geschichte unmittelbar erleben. Dass ein Forschungsthema der Universität Hamburg hier buchstäblich Wirklichkeit werden konnte, freut mich außerordentlich. Darüber hinaus ist der Nachbau des Römerschiffes ein schönes Beispiel für eine erfolgreiche Kooperation verschiedener Institutionen. Es macht mich ein wenig stolz, dass die Universität Hamburg hier an einem großen Ausstellungsprojekt beteiligt ist und durch die Kooperation mit einem Beschäftigungsträger auch einen Beitrag zur Ausbildung Jugendlicher leisten kann."
Der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Dr. Wolfgang Kirsch:
"In unserem LWL-Römermuseum in Haltern wird dem Besucher mit berühmten Exponaten aus den großen Museen der Welt unter dem Titel "IMPERIUM" die Entwicklung Roms von einem Dorf auf sieben Hügeln bis zur Beherrschung des Mittelmeerraums vor Augen geführt. Den "roten Faden" durch die Ausstellung bildet dabei die Biographie des Publius Quinctilius Varus und die Geschichte seiner Familie, die ihren Stammbaum bis zu den Anfängen Roms zurückführte. Während der römischen Feldzüge nach Germanien entstand im heutigen Haltern die damals größte Konzentration militärischer Anlagen. Und zu dieser gewaltigen Militärbasis gehörten auch Schiffshäuser, deren Überreste die Archäologen in Haltern ausgegraben haben.
Der Landrat des Kreises Lippe, Friedel Heuwinkel:
"In Lippe wird das Römerschiff im Mai 2009 zur Eröffnung der Ausstellung MYTHOS auf dem Wassergraben des Detmolder Schlosses vor dem Lippischen Landesmuseum einen sicherlich viel beachteten Ankerplatz finden. Um die Fahrtüchtigkeit des Schiffes auch auf lippischen Gewässern unter Beweis zu stellen, ist eine Tour über die Weser von Hedemünden, wo 1988 das erste Römerlager in Niedersachsen gefunden wurde, nach Minden geplant - eine Route, wie sie die Römer auch schon vor 2000 Jahren unternommen haben", berichtet der Landrat des Kreises Lippe Friedel Heuwinkel.
Landrat Manfred Hugo, Landkreis Osnabrück, Vorsitzender des Aufsichtsrats der VARUSSCHLACHT im Osnabrücker Land GmbH - Museum und Park Kalkriese:
"Die Ausstellung KONFLIKT wird, aufbauend auch auf den Erkenntnissen aus zwei Jahrzehnten wissenschaftlicher Erforschung des antiken Schlachtfelds in Kalkriese, mit einer Vielzahl herausragender Funde den Kampf gegen Rom und den Weg der Germanen an die Spitze der Macht im alten Europa nachzeichnen und Antworten bieten auf die zentrale Frage: Warum Krieg? Eine Frage, die uns bis heute immer wieder bewegt."
Weitere Informationen: www.imperium-konflikt-mythos.de