Wigand Gerstenberg von Frankenberg – zur Person
Wigand Gerstenberg wurde vermutlich am 1. Mai 1457 geboren – ob in Frankenberg, ist in der modernen Forschung umstritten. Als gesichert gilt, dass er in Frankenberg aufwuchs, nach 1473 an der Universität in Erfurt studierte und 1476 den Großbrand miterlebte, der Frankenberg weitgehend zerstörte und die Blütezeit als wichtige Handelsstadt beendete. Etwa ab 1486 war er Messpriester in Frankenberg.
Im Auftrag des in Marburg residierenden Landgrafen Wilhelm III. verfasste er eine Geschichte des hessisch-thüringischen Landgrafengeschlechts. Offenbar standen ihm dafür die Archive des Adelshauses offen, er pendelte wohl zwischen Marburg und Frankenberg. Nach dem Tod des kinderlosen Wilhelm III. im Jahr 1500 schrieb Wigand Gerstenberg für dessen Nachfolger Wilhelm II. weiter. Außerdem verfasste er die Geschichte der Stadt Frankenberg seit ihren Anfängen. Neben den Chroniken sind noch Beiträge zum Stadtrecht, Briefe und Urkunden von Wigand Gerstenberg erhalten. Am 22. August 1522 starb er in Frankenberg.
Chroniken dienten den Landgrafenprinzen sichtbar als Schullektüre
Die beiden in deutscher Sprache verfassten und bebilderten Handschriften gehörten wohl mit zu den ersten Handschriften überhaupt, die in die 1580 von Landgraf Wilhelm IV. gegründete Landesbibliothek aufgenommen wurden. Zuvor hatte zumindest die Landeschronik jahrzehntelang der Prinzenerziehung im Landgrafenhaus gedient – die deutlich sichtbaren intensiven Gebrauchsspuren und die nachträglich in die Federzeichnungen der Originale eingemalten Bärte legen ihre Nutzung als "Bilderbuch" der kleinen Landgrafen im 16. Jahrhundert jedenfalls nahe.
Restaurierung ermöglichte Ausstellungs- und Buchproduktion
Die Restaurierung der Landeschronik von Thüringen und Hessen, die 2005 aus Mitteln des Rotary Clubs Kassel-Wilhelmshöhe durchgeführt werden konnte, ermöglichte, erstmals auch die Bilder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Schließlich konnten - einmal für die Restaurierung auseinander genommen - die Seiten der Handschrift zur Reproduktion genutzt werden. Aus der Kooperation des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde und der Universitätsbibliothek Kassel ging ein Buch- und Ausstellungsprojekt hervor, dessen Realisierung im Jahr 2007 zugleich an den 550. Geburtstag Wigand Gerstenbergs erinnert.
Das 2007 erschienene Buch enthält neben hochwertigen, farbigen Reproduktionen aller Bilder in Originalgröße 15 Aufsätze, die den neuesten Forschungsstand über Gerstenberg und seine Chroniken unter besonderer Berücksichtigung der Illustrationen aus verschiedenen historischen, kunstwissenschaftlichen, volkskundlichen, hilfs- und sprachwissenschaftlichen Perspektiven zusammenfassen. (Ursula Braasch-Schwersmann, Axel Halle (Hrsg.): WIGAND GERSTENBERG von Frankenberg 1457-1522 Die Bilder aus seinen Chroniken Thüringen und Hessen - Stadt Frankenberg, Selbstverlag des Hess. Landesamts für geschichtliche Landesforschung, Marburg 2007, 408 Seiten, 87 Farbabb., ISBN 9783-921254-868), Verlagsprospekt unter http://www.uni-kassel.de/...
Ausstellung mit Originalen in Kassel und Erfurt
Die Ausstellung mit den originalen Federzeichnungen präsentieren die Universitätsbibliothek Kassel und das Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde bis zum 28. März 2008 in der Landesbibliothek und Murhardschen Bibliothek in Kassel, Brüder-Grimm-Platz 4a. (Öffnungszeiten: Montag, Mittwoch, Freitag, jeweils 14-17 Uhr). Zuvor waren Gerstenbergs Chroniken in der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt zu sehen. Anschließend werden die Originale – nicht zuletzt aus konservatorischen Gründen – wieder im Tresor der Landesbibliothek verwahrt. Möglich geworden ist die Ausstellung durch die finanzielle Unterstützung des Kasseler Hochschulbundes e.V.
Wanderausstellung durch Hessen und Thüringen
Um die faszinierende "Geschichte in Bildern" dem interessierten Publikum an möglichst vielen Orten zugänglich zu machen, läuft parallel zur Kasseler Ausstellung eine Wanderausstellung mit faksimilierten Zeichnungen an, die am 16.September in Nidda startet und dann in Homberg/Ohm, Fritzlar, Grünberg, Frankenberg und Marburg Station macht. Weitere Stationen werden folgen.