Über den Zusammenhang von Aggressivität als psychischer Erkrankung und Gewaltverbrechen diskutieren Mediziner, Forensiker und Juristen im Rahmen des 5. Hanse Symposiums. Die Konferenz findet am 24. und 25. August 2007 in Rostock-Warnemünde statt. Wichtiger Gegenstand ist die Diskussion über die vorschnelle Verbindung von aggressivem Verhalten, Straftaten und der möglichen Strafunfähigkeit. Auch vor dem Hintergrund aktueller neurobiologischer Befunde plädieren die Rostocker Mediziner für eine differenzierte Betrachtung der Aggressivität. Referenten des Symposiums sind Experten aus Österreich, der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland. Erwartet werden etwa 250 Gäste aus dem In- und Ausland.
Aggressivität ist zweifellos ein Modethema unserer Tage. „Gerade die Diskussion der Strafunfähigkeit bei psychischer Erkrankung wird derzeit intensiv geführt“, sagt Professor Dr. Sabine Herpertz, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Rostock. Die Ärztin plädiert dafür, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen: „Neurobiologische Auffälligkeiten, die sich bei aggressiven Menschen oder Straftätern feststellen lassen, taugen nicht als Diagnose für eine mögliche Schuldunfähigkeit“, so Professor Herpertz, die gemeinsam mit PD Dr. Elmar Habermeyer das 5. Hanse Symposium zum Thema „Aggressivität: Bedeutung für die Allgemeine und Forensische Psychiatrie“ organisierte. „In der öffentlichen Diskussion werden Gewaltdelikte häufig mit psychischen Auffälligkeiten der Täter in Verbindung gesetzt oder ohne tatsächliche Grundlage auf eine vermeintliche Geisteskrankheit zurückgeführt“, sagt Dr. Habermeyer. „Diese Vorurteile erschweren die Auseinandersetzung mit aggressivem Verhalten bei psychischen Erkrankungen.“
Dabei seien gerade eine fachlich fundierte Diskussion der Entstehung von Aggressivität und die Entwicklung von Lösungsansätzen vor dem Hintergrund verkürzter Liegezeiten, parallel bestehenden Suchterkrankungen und der oftmals fehlenden gesellschaftlichen Integration Betroffener notwendig. Themen des Symposiums sind daher die Neurobiologie und die Psychopathologie der Aggression. Dabei diskutieren nicht nur Mediziner untereinander, sondern auch Forensiker und Juristen werden einbezogen. „Es geht auch darum, Grenzen zu ziehen und zu definieren, wer für aggressive Menschen zuständig ist. Wann ist es eine Krankheit und wann nicht?“, formuliert Professor Herpertz wichtige Fragen, auf die das Symposium Antworten geben soll. Aggression soll ebenso wenig pauschal zur Krankheit deklariert werden wie psychisch kranke Menschen nicht im Strafvollzug sitzen sollten, so Professor Herpertz.
Das Symposium ist eng mit der aktuellen Aggressionsforschung am Universitätsklinikum Rostock verbunden. Vor dem Hintergrund einer Zunahme von Aggressivität bei Kindern und Jugendlichen konnten die Rostocker Forscher parallele Symptome bei Kindern mit gestörtem Sozialverhalten und bei aggressiven Erwachsenen bzw. den Eltern dieser Kinder nachweisen. Ziel ist es, Anzeichen für ein aggressives Verhalten bereits bei Kindern nachzuweisen und frühzeitig zu behandeln. Andererseits konnte nachgewiesen werden, dass bei bereits auffällig gewordenen aggressiven Kindern starke emotionale Reaktionen durch emotionale Bilder hervorgerufen wurden. Bei aggressiven Erwachsenen fielen diese Reaktionen deutlich geringer aus – Zeichen dafür, dass eine Therapie aggressiven Verhaltens im Kindesalter anders aussehen muss als bei Erwachsenen.
Das Hanse Symposium findet seit fünf Jahren traditionell in den letzten Hochsommertagen des Jahres in Rostock-Warnemünde statt. Die Referenten der diesjährigen Veranstaltung kommen aus Österreich, der Schweiz und Deutschland. Erwartet werden etwa 250 Gäste aus Deutschland, aber auch aus dem skandinavischen Raum.
5. Hanse Symposium „Aggressivität: Bedeutung für die Allgemeine und Forensische Psychiatrie“
24. und 25. August 2007, Rostock-Warnemünde
Ort: Hotel Neptun, Seestraße 19, 18119 Rostock Beginn: 24. 8., 10.30 Uhr, 25. 8., 9.00 Uhr