150 Quadratmeter Fassadenfläche an der Kopfseite eines 60er-Jahre-Wohnungsbaus in der Lankwitzer Bruchwitzstraße sind für die GeWoSüd Genossenschaftliches Wohnen Berlin-Süd eG ein erster Schritt zur Kunst am Bau.
Die Berliner Künstlerin Sandra Lange hat sich über zwei Jahre mit dem Standort und den Gebäuden auseinandergesetzt. Für die Meisterschülerin von Prof. Frank Badur an der Berliner Universität der Künste ist es ebenfalls das erste Mal, dass sie ein Werk für den großen Maßstab und zur dauerhaften Präsentation in aller Öffentlichkeit entwarf.
Auf drei Quadratmetern Leinwand in ihrem Moabiter Atelier malen ist für Sandra Lange künstlerischer Alltag. Das 50-fache Format erfordert andere Techniken und Arbeitsteilung. Die Berliner Malerinnung gab Empfehlungen, welche ihrer Mitglieder bereits ähnliche Projekte auf Häuser gebracht haben. Die Wahl fiel auf den Zehlendorfer Malermeister Christian Schiller. Gemeinsam mit Rainer Kochan vom Farbenhersteller Brillux wurde das optimale Farbenmaterial ermittelt, das auf der bereits gedämmten Fassade bei Wechseln von hellen und dunklen Flächen nicht zu Spannungen durch Aufheizen und möglichen Rissen führt.
Auch gilt es mit den Farben einer anderen Gefahr vorzubeugen, den Algen, die sich auf Westfassaden gerne bilden. In mehreren Runden wurden Acrylfarben ohne Schwarzpigmente ausgewählt. Am schwierigsten war die Bestimmung der Farbtöne und ihre Wirkung auf der rauen Putzfassade. Kein vorhandener Farbton passte.
Mit Grundfarbe wurden zwölf neue Farbtöne für das Kunstwerk angemischt, die vom kräftigen Naturgrün bis zu hellen Sandtönen reichen. Die allgegenwärtige Algengefahr nimmt Sandra Lange gelassen hin, „mein Bild reflektiert die Natur, also können auch natürliche Veränderungen ein Bestandteil sein”.
Bis zu sechs Maler gleichzeitig standen Ende September und Anfang Oktober 2012 auf dem Gerüst, nachdem die Fassade zweimal grundiert worden war. Vom Entwurf im Maßstab 1:10 nahm Malermeister Schiller am Boden die Eckpunkte und Kreuzungen der Flächen ab und gab seinen Mitarbeitern auf dem Gerüst Anweisungen, wo Markierungen anzubringen sind. Zwischen zwei Markierungen wurde eine mit Farbpigmenten bestaubte Schlagschnur gespannt und kurz angeschlagen, so dass selbst über zehn Meter lange, gerade Linien auf der Fassade zu erkennen sind. Danach wurden die Linien mit einem Bleistift nachgezeichnet. Sandra Lange kontrollierte an Hand des Entwurfs und erklärte Korrekturen. Die Farben wurden anschließend an den abgedeckten Kanten der Flächen mit einem Farbsprühgerät und im Innern mit Rolle oder klassisch mit dem Pinsel aufgetragen.
Nachdem Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaft sich für den Entwurf der Künstlerin entschieden hatten, wurden die Bewohner der Wohnanlage Anfang August 2012 zu einer Präsentation von Sandra Lange eingeladen. Vom neuen „Kleid“ ihres Wohnhauses waren sie angetan. Eine Steigerung der Miete durch die Aufwertung des Gebäudes werde es nicht geben, betonte Norbert Reinelt, wohl aber eine Steigerung an Aufmerksamkeit und ein Mehr an Gesprächen unter Bewohnern und Passanten.
Am 11. Oktober 2012 wurde das Werk von der Künstlerin an die Wohnungsgenossenschaft und die Öffentlichkeit übergeben. Die Leiterin des Fachbereichs Kultur von Steglitz-Zehlendorf, Doris Fürstenberg, enthüllte mit Genossenschaftsvorstand Norbert Reinelt das Schild mit dem Titel des Werks. Bei dem kleinen Akt auf dem Gehweg vor der Fassade verteilte Sandra Lange Muster-Tafeln mit den für das Projekt angemischten Farben an jene, die in den vergangenen Jahren beteiligt waren. Die Farben waren nach der jeweiligen Person benannt worden.