Der Fall war eigentlich nicht unbedingt geeignet, große Schlagzeilen zu entwerfen. Als gängige Praxis abgetan, wurden seit Jahren Einnahmen aus Sonderführungen nicht komplett abgeführt, sondern in bar an die Schlossführer bezahlt. 227 Fälle á 25 Euro wurden ermittelt. Brisanz erhielt die Sache aber dadurch, dass die bayerische Schlösserverwaltung wohl von diesen Vorgängen wusste und nichts unternahm. Dem Vorwurf wurde widersprochen, Prüfung und Besserung eilig angekündigt. Mit der Einstellung des Prozesses und die Geldauflage für den Ex-Verwalter dürften alle schon deshalb sehr zufrieden sein, damit weder das Märchenschloss einen Imageschaden erleidet, noch das zuständige Ministerium der Finanzen in unliebsame Diskussionen gerät.
Das Gericht verwies übrigens in seiner Erklärung auf eine "geringe Schuld des Angeklagten" und dürfte richtig liegen. Es klingt verständlich, wenn eine vereinfachte Entlohnung für Sonderleistungen in Bayerns prominentestem Touristenmagnet mit über 1,3 Millionen Besuchern jährlich, sich über Jahre als praktisch erwiesen hat. Selbst kritische Betrachter müssen eingestehen, dass hier keine besondere Verwerflichkeit vorliegt. Was aber hängenbleibt, ist die Vermutung, dass ein solcher Prozessausgang in "Normal-Fällen" wohl eher nicht zu erwarten wäre. Wenn zum Beispiel ein Gastwirt seiner Biergartenbedienung vergleichbare Sondereinnahmerechte einräumen würde, wären eine Steuerprüfung und eine Anzeige wegen Schwarzarbeit die logischen Folgen. Eine Verurteilung gälte als ebenso sicher. Somit staunt der Betrachter im vorliegenden Fall, dass Gleichbehandlung wohl ein dehnbarer Begriff sein muss. Mancher oder Manches ist eben gleicher als andere, oder?