Getreide- und Rapsernte 2010
Eine Herausforderung stellte in diesem Jahr die Getreide- und Rapsernte in der Logistik und Vermarktung dar. Der niederschlagsreiche August führte zu stark uneinheitlichen Qualitäten auch innerhalb einer Region. So war teilweise nur noch die Verwendung als Futtergetreide möglich. Laut Otto ergaben sich "je nach Vermarktungsstand in den einzelnen Unternehmen Probleme mit bestehenden Kontrakten, die zwar meist von der Menge, jedoch nicht mit der vereinbarten Qualität bedient werden konnten".
Zufrieden zeigte sich Otto mit der erfreulichen Entwicklung der Marktpreise, die aber leider den negativen Nebeneffekt mit sich bringt, dass sich vor allem der Dünger in den vergangenen Wo-chen stark verteuerte.
Entwicklungen im Agrarhandel
"Ein starker privater, unabhängiger Landhandel ist der wichtigste Aktivposten für faire Preise sowie kundenorientierte Angebote und Dienstleistungen", ist Otto überzeugt. Demgegenüber steht innerhalb mancher Regionen das Ausscheiden von Betrieben zu einem Rückgang des gesunden Wettbewerbs innerhalb des Agrarhandels. Somit werden die Landwirte in ihren Wahl- und Vergleichsmöglichkeiten einschränkt.
In der Vermarktung müssen sich die Betriebe Alternativen einfallen lassen, denn sie stehen einer zunehmenden Marktmacht der Abnehmer gegenüber. Eine Bündelung des Angebots scheint sinnvoll. Diese würde erreicht durch den fortschreitenden Strukturwandel, aber auch durch Kooperationen zwischen einzelnen Unternehmen.
Des Weiteren besteht in der Politik Handlungsbedarf. So wäre eine einheitliche Umsatzsteuer innerhalb der EU nötig, um Wettbewerbsverzerrungen im Agrarbereich abzubauen. Gleichzeitig wird aber zwangsweise ein Zertifizierungssystem zur nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie "Erneuerbare Energien" eingeführt, das "an Sinnlosigkeit nicht zu überbieten" ist. Da durch Cross Compliance bereits eine lückenlose Datenlage für die landwirtschaftliche Produktion in Deutschland gefordert wird, ist diese Nachhaltigkeitszertifizierung laut Otto nicht nachvollziehbar. Hier würden - angeordnet durch den Staat - "sinn- und verantwortungslos Geld- und Arbeitszeitressourcen der Agrarbranche verschwendet".
Biogas als Chance für die Landwirtschaft
Mit dem Thema Biogas setzte sich auch Klaus Wagner, Fachgebietsleiter Nachwachsende Rohstoffe/Bioenergie des Landwirtschaftszentrums Eichhof, in seinem Vortrag zum Thema "Chancen mit Biogas für die hessische Landwirtschaft!" auseinander. Er nannte zunächst einige Stichpunkte:
- Rund 70 Prozent der erneuerbaren Energien stammen bereits aus Biomasse.
- Der Bereich Biomasse bietet in Deutschland Platz für 100.000 Beschäftigte.
- Bundesweit werden etwa 6.800 Biogasanlagen betrieben, davon etwa 100 in Hessen.
- Der Biomasseanteil an Erneuerbaren Energien beträgt ein Drittel des Umsatzes.
Mit diesen Zahlen kann man sich bereits ein Bild der aktuellen Situation in der Biogasbranche machen. Die Tendenzen sprechen für weiteres Wachstum, welches für das Erreichen der gesteckten Ziele auch nötig ist. So will Hessen bis 2020 den Anteil der Erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch auf 20 Prozent erhöhen. Auf die Frage nach einer Konkurrenzsituation zwischen Biogasanlagen und Nahrungsmittelproduktion antwortete Wagner, dass diese "nicht gegeben" sei.
Alternative Energien in der Findungsphase
Diese Aussage lieferte Diskussionsstoff für Horst Hermannsen von der Agrarzeitung. Er wusste von einem Betrieb zu berichten, in dessen Umkreis mehrere Biogasanlagen stehen, was eine starke Konkurrenz um Pachtflächen verursacht. Das treibt die Pachtpreise in die Höhe. Ihm stellt sich daher die Frage, wer denn solche Preise erwirtschaften soll. Begeistert ist Hermannsen von Biogasanlagen nicht. Aber auch ihm ist klar, dass die Ressourcen zur Neige gehen und Alternativen zur Energieerzeugung mit fossilen Brennstoffen gefunden werden müssen. Biogasanlagen hätten wenigstens den Vorteil einer gewissen Nachhaltigkeit gegenüber Photovoltaikanlagen, da sie Energie speichern könnten.
Mit der für 20 Jahre festgeschriebenen Einspeisungsvergütungen meinen Landwirte einen sicheren Weg einzuschlagen, so Hermannsen.
Für die Zukunft des Landhandels gäbe "der Markt die Orientierung vor". Ob die jetzige Struktur erhalten bleibe, sei fraglich, aber durch die Wandlung von immer mehr Landwirten zu Energiewirten wäre die Rolle des Handels als "Wärmevertreter oder Substrathändler" denkbar, denn "gehandelt wird immer". Allerdings stellte Hermannsen auch fest, dass an Standorten ohne klassische Landwirtschaft der vor- und nachgelagerte Bereich wegfallen wird.
Hermannsen riet den Zuhörern: "Nehmen Sie diese Zukunft an, denn eine andere haben Sie nicht. Wer nicht durchhält, hinterlässt keine Lücke, denn der Nachbar füllt sie sofort aus.