Zudem werde die diesjährige IAA die Fragen der nachhaltigen Mobilität und der Transporteffizienz umfassend behandeln. Die IAA steht unter dem Motto "Nutzfahrzeuge: Für alle unterwegs". Wissmann: "Wir wollen damit einmal mehr die unverzichtbare Rolle des Nutzfahrzeugs für die Versorgung der Bürger und das Funktionieren der Wirtschaft unterstreichen. Wir alle sollten berücksichtigen, dass zum Beispiel frisches Gemüse im Supermarkt den Einsatz von Lkw erforderlich macht, auch wenn mancher Autofahrer die Brummis auf der Autobahn als störend empfinden mag."
Der VDA-Präsident wies allerdings auch darauf hin, dass der Lkw den Güterverkehr, der laut Prognosen in den nächsten 15 Jahren in Deutschland und Europa um 50 Prozent zunehmen werde, "nicht alleine stemmen" könne: "Da werden alle Verkehrsträger - Lkw, Schiene, Binnenschifffahrt - gebraucht. Die Zeit der Grabenkämpfe zwischen ihnen gehört endgültig der Vergangenheit an, jeder sollte seine Potenziale ausschöpfen, einzeln oder gemeinsam. Es ist genug Verkehr für alle da."
Klar sei aber auch, dass der Lkw in vielen Anwendungsbereichen aufgrund seiner Flexibilität nicht durch andere Verkehrsträger ersetzt werden könne. Gleiches gelte für den Bus im öffentlichen Personenverkehr, zu dem es gerade in ländlichen Gebieten keine Alternative gebe. Im Reiseverkehr behaupte sich der Bus seit Jahren als eines der drei beliebtesten Reiseverkehrsmittel der Deutschen, nach Auto und Flugzeug.
Wissmann betonte, dass das Nutzfahrzeug seinen Beitrag zur Nachhaltigkeit der Verkehrssysteme und damit auch zur CO2-Minderung leisten werde. Dabei gehe es nicht nur um modernste Fahrzeugtechnik, sondern um optimierten Fahrzeugeinsatz, vorausschauendes Fahren und vor allem um dringend notwendige Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur.
Allein zwischen 1991 und 2004 seien die CO2-Emissionen des Straßengüterverkehrs in Deutschland pro Tonnenkilometer um rund ein Drittel gesenkt worden. Weiteres Potenzial sei vorhanden, bis zum Jahr 2025 werde mit einer erneuten Reduzierung um ein Drittel gerechnet. Der Reisebus sei mit einem CO2-Ausstoß je Personenkilometer von gut 30 g schon heute das "klimafreundlichste Verkehrsmittel". Zur weiteren Verbesserung der CO2-Effizienz beim Nutzfahrzeug arbeiteten die Hersteller an der Optimierung des konventionellen Dieselantriebs und des Getriebes, der Reduzierung des Rollwiderstands und der Weiterentwicklung von Hybridtechnologie und Erdgasantrieb.
Die passive Sicherheit von Nutzfahrzeugen habe bereits ein hohes Niveau erreicht. Vordringlich sei nun die Verbesserung der aktiven Sicherheit, um Unfälle ganz zu vermeiden. Allein durch den Einsatz von ESP ließen sich 10 Prozent aller schweren Lkw-Unfälle vermeiden. Durch die Ausstattung der Lkw-Flotte mit abstandsgeregeltem ACC könnte die Zahl schwerer Lkw-Auffahrunfälle auf Autobahnen um bis zu 70 Prozent reduziert werden; mit dem Spurverlassenswarner ließe sich jeder zweite Unfall, bei dem Fahrzeuge von der Fahrbahn abkommen, verhindern.
Allerdings seien die aktuellen Ausstattungsquoten noch nicht befriedigend, die vorhandenen Angebote würden nicht genügend wahrgenommen. Im Rahmen der VDA-Initiative "Safety Truck" versuchen die Hersteller gemeinsam mit Partnern daher über das Angebot eines Sicherheitspakets zu einem günstigen Preis in Verbindung mit Nachlässen bei der Kfz-Versicherung die Ausstattungsrate zu verbessern. Wissmann: "Diese Initiative könnte zusätzlich an Schwung gewinnen, wenn auch die Politik hier Anreize setzen würde. Ein Ansatzpunkt könnte das 600-Mio.-Euro-Paket sein, das dem Güterkraftverkehrsgewerbe bei Einführung der Lkw-Maut zum Ausgleich zugesagt worden war."
Wissmann sprach sich für einen nachhaltigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur aus: "Es hilft nichts, wenn die Fahrzeuge sparsamer werden, aber zusätzlicher Kraftstoffverbrauch durch Staus und zäh fließenden Verkehr entsteht." Die geplante Erhöhung der Fernstraßeninvestitionen um 300 Mio. Euro für das kommende Jahr begrüßte der VDA-Präsident, fügte jedoch hinzu: "Dem steht allerdings eine deutliche Erhöhung der Lkw-Maut gegenüber, die allein im kommenden Jahr über 1 Mrd. Euro zusätzlich in die Kassen spülen wird." Es sei "bedenklich", dass nach der neuen Finanzplanung die Fernstraßeninvestitionen - trotz weiter sprudelnder Mauteinnahmen - bereits 2011 wieder unter den heutigen Stand sinken werden. Wissmann betonte: "Es ist dringend notwendig, die Mauteinnahmen aus dem 'Verschiebebahnhof Bundeshaushalt' herauszulösen und direkt einer Fernstraßengesellschaft zuzuweisen." Nur so lasse sich die Verstetigung der Fernstraßeninvestitionen auf ausreichendem Niveau gewährleisten.
Die kommende Erhöhung der Lkw-Maut werde in Deutschland zu einer spürbaren Anhebung der Transport- und Logistikkosten führen. Die Pläne der EU-Kommission zur Einbeziehung von Umwelt- und Staukosten in die Maut - ohne Anrechnung bestehender Steuern und Abgaben - würden zu weiteren "Drehungen an der Kostenschraube" zu führen. Wissmann betonte: "Die Kostenlawine, die auf das Güterkraftverkehrsgewerbe durch die hohen Dieselpreise und neue politische Rahmensetzungen zurollt, wird nicht ohne Auswirkungen für den Nutzfahrzeugmarkt bleiben." Die Nutzungskosten pro Lkw seien allein durch die gestiegenen Dieselpreise binnen Jahresfrist um 12.000 Euro gestiegen. Das Gewerbe sehe rund 3.000 Speditionen in Deutschland infolge des Dieselpreisanstiegs als konkursgefährdet an. "Daher sollte die Politik überlegen, ob sie mit immer neuen Kosten für den Lkw wirklich den richtigen Weg zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Europas im Sinne der Lissabon-Strategie gewählt hat", sagte der VDA-Präsident.
Weltweit ist die Nutzfahrzeugindustrie eine Wachstumsbranche, die Produktion stieg 2007 - im sechsten Jahr in Folge - um 6 Prozent auf 11,7 Mio. Einheiten. Die Produktionsstandorte in Asien und Osteuropa werden immer wichtiger. So hat sich der Nutzfahrzeugmarkt in Indien in den letzten fünf Jahren verdreifacht. Auch für das laufende Jahr sei mit einem Zuwachs der globalen Nutzfahrzeugproduktion zu rechnen, erklärte Wissmann.
Mit Ausnahme Nordamerika und Japan zeigten sich die internationalen Nutzfahrzeugmärkte 2008 weiterhin in guter Verfassung. In den USA setzte sich die schwache Entwicklung des Vorjahres, ausgelöst durch den Vorzieheffekt im Zuge verschärfter Emissionsvorschriften, auch noch in den ersten Monaten 2008 weiter fort. Im ersten Halbjahr sank der Absatz mittelschwerer Fahrzeuge um 19 Prozent, der von schweren Fahrzeugen der Klasse 8 um 25 Prozent. Allerdings kann in der zweiten Jahreshälfte sowie im kommenden Jahr - nicht zuletzt aufgrund der weiteren Reduzierung der Emissionsvorgaben in 2010 - wieder mit einer positiveren Entwicklung beim Nutzfahrzeugabsatz gerechnet werden.
Der schwere Nutzfahrzeugmarkt in China liegt mit einem Zuwachs von 37 Prozent bis Mai nur knapp unter der Wachstumsrate des Vorjahres. Russlands Markt für schwere Nutzfahrzeuge, der 2007 um 48 Prozent zulegte, wird im laufenden Jahr um 14 Prozent wachsen, während der Markt für schwere Lkw in den Mercosur-Staaten im bisherigen Jahresverlauf sogar um 32 Prozent zunahm. In den neuen EU-Ländern stiegen die Verkäufe bis Mai insgesamt um 17 Prozent. In Westeuropa wurden im Bereich über 6 t seit Jahresbeginn 12 Prozent mehr Fahrzeuge neu zugelassen. Im weiteren Jahresverlauf wird eine Normalisierung beim Absatz und damit ein Plus von 2 Prozent in den schweren Klassen erwartet. Der Absatz von 2 Mio. Einheiten im Transportersegment dürfte leicht unter Vorjahr liegen, er bewegt sich damit aber immer noch um gut 30 Prozent über dem Durchschnitt der letzten Jahre. Im schweren Bereich zeichnet sich mit gut 350.000 Nfz sogar ein neuer Absatzrekord ab.
Wissmann betonte: "Die gute Positionierung der deutschen Hersteller in den Wachstumszentren Mittel- und Osteuropas und das attraktive Modellportfolio deutscher Konzernmarken sicherten ihnen Markterfolge in einem Umfeld industriekonjunktureller Dynamik." Der Nutzfahrzeugexportwert stieg in den letzten beiden Jahren durchschnittlich um jeweils 14 Prozent. Auch in den ersten Monaten dieses Jahres setzte sich die stabile Entwicklung weiter fort. So konnten die deutschen Hersteller an der robusten Nutzfahrzeugkonjunktur voll partizipieren und ihre Exporte im ersten Halbjahr um 20 Prozent steigern.
Die konjunkturelle Dynamik in Deutschland sei nach der bislang längsten Phase kräftiger Expansion aktuell etwas abgeflacht. Dennoch stützen Industrie und Baugewerbe weiterhin die Gesamtnachfrage, der Transportbedarf wird auch mittel- und langfristig weiter zunehmen. Auf dem Inlandsmarkt ist die deutsche Nutzfahrzeugkonjunktur jetzt auf den lange erwarteten Normalisierungstrend eingeschwenkt. Im ersten Halbjahr 2008 wurden mit 170.000 Nutzfahrzeugen 5 Prozent mehr als vor einem Jahr abgesetzt. Der Zuwachs ist dem Transportersegment zuzuschreiben (+9 Prozent), die Neuzulassungen von schweren Lkw gingen leicht um 3 Prozent auf etwa 50.000 Fahrzeuge zurück. Wissmann: "Auch im Gesamtjahr 2008 dürften die Neuzulassungen in dieser Gewichtsklasse zwar leicht unter dem Wert des sehr starken Vorjahres liegen, sich damit aber immer noch etwa 20 Prozent über dem Durchschnitt der letzten 15 Jahre bewegen. Der Absatz von Transportern insgesamt sollte nochmals zulegen." Allerdings könnten die steigenden Kraftstoffkosten und die politisch bedingten Zusatzkosten die "Bremsspuren" auch etwas deutlicher werden lassen.
Dank des starken Auslandsgeschäfts rollten im ersten Halbjahr so viele Fahrzeuge wie noch nie von den deutschen Produktionsbändern. Dabei stieg die Transporterfertigung nochmals um 15 Prozent auf 168.000 Einheiten, bei Nutzfahrzeugen über 6 t stieg die Produktion um 9 Prozent auf 106.000 Stück.
Der gute Konjunkturverlauf zeige sich auch bei der Beschäftigung. Die deutsche Automobilindustrie hatte im April mit rund 756.000 Mitarbeitern 15.500 mehr als ein Jahr zuvor. Dieser Zuwachs sei in besonderem Maße auf das Nutzfahrzeuggeschäft zurückzuführen, wo die Beschäftigungszahl in den letzten zwölf Monaten um über 9.000 Personen auf 217.000 Mitarbeiter angewachsen ist. Die Auslandsproduktion der deutschen Transporterhersteller stieg in den ersten fünf Monaten um 17 Prozent auf 129.600 Einheiten, die höchsten Wachstumsraten waren in Osteuropa (plus 25 Prozent) und Lateinamerika (plus 30 Prozent) zu verzeichnen. Im Bereich über 6 t legte die Auslandsproduktion um 3 Prozent auf 153.000 Einheiten zu. Außerhalb Nordamerikas, wo die Produktion zurückgefahren wurde, stieg die Auslandsfertigung von schweren Nfz sogar um 25 Prozent.
Die deutschen Bushersteller erhöhten ihre Inlandsproduktion in den ersten sechs Monaten diesen Jahres um 7 Prozent. Dieser Zuwachs wurde gespeist von der steigenden Inlandsnachfrage. Die Neuzulassungen stiegen um 13 Prozent, während die Exporte leicht um 3 Prozent schwächer ausfielen. Mittlerweile bauen die deutschen Hersteller neun von zehn Bussen im Ausland. In den ersten vier Monaten waren es mit 25.400 Einheiten 14 Prozent mehr als vor einem Jahr. In Lateinamerika konnte die Busfertigung um knapp ein Viertel ausgeweitet werden, in Europa um 13 Prozent.
Auch in der deutschen Anhänger- und Aufbautenindustrie zeichnet sich nach der Boomphase in den letzten Jahren nun eine Normalisierung in der Branche ab. Der Umsatz der deutschen Anhänger- und Aufbautenindustrie bewegt sich jedoch weiterhin auf hohem Niveau. Bis Mai stiegen Inlands- und Auslandsumsatz um jeweils 17 Prozent. Auf dem Inlandsmarkt wurden seit Jahresbeginn über 143.000 Anhänger abgesetzt, das entspricht Vorjahresniveau.