Frage: Prof. Marina Fuhrmann, es klingt unglaublich, aber können Osteopathen tatsächlich dabei helfen, dass Frauen schwanger werden?
Prof. Fuhrmann: Ja. So können zum Beispiel das Aufhängungssystem und die Durchblutung der Gebärmutter, der Eierstöcke und Eileiter durch eine Funktionsstörung eingeschränkt sein. Häufig kann ein Osteopath durch die Behandlung der Muskulatur des Beckens, der Hüftgelenke, der Gelenke und der Wirbelsäule eventuelle Einschränkungen wie Steißbeinverletzungen oder Fixationen im Bauchraum oder im kleinen Becken auflösen.
Frage: Gibt es noch andere Gründe? Vielleicht bei Männern?
Prof. Fuhrmann: Die Spermien sind temperaturempfindlich und verlieren viel von ihrer Beweglichkeit, wenn es ihnen zu heiß wird. Ein Stau der Venen in diesem Bereich kann die Temperatur des Hoden erhöhen und damit die Fruchtbarkeit einschränken. Eine solche Abflussbehinderung, Leistenzerrungen oder auch Steißbeinverletzungen können verschiedene Strukturen durch erhöhte Spannung verursachen, wie zum Beispiel das Zwerchfell, der Mastdarm oder der Bereich des Nierenlagers.
Frage: Und auf der hormonellen Ebene?
Prof. Fuhrmann: Auch hier kann Osteopathie eingreifen. Da das Gewebe der Drüsenzellen (Epithelgewebe) nicht direkt selber durchblutet ist, sondern sich über Diffusion und Osmose vom angrenzenden Bindegewebe ernährt, ist die Situation dieses Bindegewebes von großer Bedeutung für die Funktion und das Gleichgewicht der Drüsen. Auf dieser Ebene kann eine osteopathische Behandlung ein besseres Zusammenspiel von beispielsweise der Hypophyse und den Keimdrüsen ermöglichen.
Frage: Wie vielen Paaren konnten Sie persönlich schon helfen?
Prof. Fuhrmann: Eine genaue Zahl kann ich nicht nennen, denn oft kommen Frauen wegen anderer Probleme in die Praxis, dabei erfährt man dann auch von unerfüllten Kinderwünschen. Oft haben diese Paare keine Vorstellung davon, dass auch in diesem Fall Osteopathie helfen kann. In solchen Fällen konnte ich bis heute sechs Paaren helfen, die zuvor keinen Erfolg mit einer künstlichen Befruchtung hatten.
Osteopathie als ganzheitliche Medizinform ist in aller Munde. Ziel von Osteopathen ist es, den Patienten als Ganzes zu betrachten und ausschließlich mit den Händen zu untersuchen und zu behandeln. Osteopathen untersuchen den Körper nach den Ursachen der Beschwerden. Grundlage hierfür ist eine genaue Kenntnis der menschlichen Anatomie und Physiologie. Dabei versteht sich die Osteopathie als eine die Schulmedizin sinnvoll ergänzende Form der Medizin, deren Wirkung auch die Stiftung Warentest kürzlich durch "verdeckte Tester" als positiv beschrieb (http://www.test.de/...). VOD-Mitglied und Osteopath Luc Fieuw D.O. M.Sc. (USA) aus Belgien hat 2011 in einer Masterarbeit ein Studienprotokoll über "Osteopathic treatment of unexplained female Infertility" geschrieben und hofft, dass darauf aufbauend Studien zu diesem Thema erfolgen.