„Wie eine aktuelle Umfrage der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, der `MB-Monitor 2022´ zeigt, verbringen Ärztinnen und Ärzte durchschnittlich drei Stunden pro Tag rein mit Verwaltungstätigkeiten. Auch im Bereich der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen binden die gesetzlich verpflichtenden Datenerfassungs- und Dokumentationsaufgaben enorm viel Zeit und Energie der Beschäftigten – Zeit, die dann bei der Versorgung der Patientinnen und Patienten fehlt“, sagt Dr. Ann-Kristin Stenger, Hauptgeschäftsführerin des VPKA.
„Die Regulierungsvorschriften und Dokumentationspflichten nehmen seit Jahren in einem nicht mehr nachvollziehbaren, untragbaren Maße zu. Besonders ärgerlich ist, dass es sich häufig um medizinisch sinnlose Mehrfachdokumentationen handelt, die überdies aufgrund einer schleppenden Digitalisierung in den Einrichtungen nicht selten sogar noch händisch erledigt werden müssen“, moniert sie. „Darunter leidet zum einen die Versorgungsqualität, zum anderen führt die Situation zu einer steigenden Arbeitsbelastung und zu großer Frustration bei den Mitarbeitenden, weil diese das Gefühl haben, wertvolle Zeit zu verschwenden und ihrer eigentlichen Aufgabe am Patienten nicht mehr im nötigen und gewünschten Maße nachkommen zu können. Viele Kolleginnen und Kollegen, die eigentlich von ihrem Beruf als Arzt, Ärztin oder Pflegekraft überzeugt sind, wandern aus diesen Gründen aus dem Klinikbereich ab. Laut der Umfrage des Marburger Bundes denken ein Viertel der angestellten Ärztinnen und Ärzte über einen Berufswechsel nach! Das ist nicht nur menschlich sehr bedauerlich, sondern angesichts des Fachkräftemangels auch in höchstem Grad alarmierend.“
Der VPKA setzt sich dafür ein, von Gesetzgeberseite schnelle und umfassende Entbürokratisierungsmaßnahmen einzuleiten. Dr. Ann-Kristin Stenger: „Die derzeit geltenden Prüf-, Abrechnungs- und Dokumentationsvorgaben für die Kliniken müssen umgehend vereinfacht und auf das Wesentliche reduziert werden! Zugleich muss eine für die Kliniken praktikable Lösung für das Problem der Abweichung von den Pflegepersonaluntergrenzen des Bundesgesundheitsministeriums gefunden werden, verbunden mit einer Aussetzung von Sanktionen bei Nichterfüllung.“
Die Aussagen von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek gäben Anlass zur Hoffnung, so die VPKA-Hauptgeschäftsführerin. Jener hatte Ende Oktober gesagt: „Wir brauchen pragmatische Lösungen. Unnötiger Papierkram darf nicht dafür sorgen, dass den Klinik-Beschäftigten keine Zeit für die Patientinnen und Patienten bleibt! Das Wohl der Menschen muss im Mittelpunkt stehen.“ Er forderte die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den anderen verantwortlichen Akteuren sämtliche Dokumentations- und Prüfpflichten für Krankenhäuser eingehend zu überprüfen und auf das notwendige Maß zu beschränken.
„Dieser Forderung schließt sich der VPKA Bayern e.V. uneingeschränkt an“, betont Stenger. „Klinikbeschäftigte brauchen wieder mehr Zeit für ihre Patientinnen und Patienten. Die Sicherstellung von deren optimaler Versorgung muss wieder oberste Priorität haben.“ Unerlässlich sei überdies die zügige Umsetzung sinnvoller, effizienzsteigernder und arbeitserleichternder Digitalisierungsmaßnahmen, die dem Klinikpersonal, vom Arzt bis zur Pflegekraft, die Arbeit erleichtern. „Angesichts der generell extrem angespannten wirtschaftlichen Situation im Kliniksektor sind weitere Investitionsprogramme unerlässlich.“
Foto: Thomas Kiehl
Dr. Ann-Kristin Stenger, Hauptgeschäftsführerin VPKA Bayern e.V.