„Der gesamte Klinikbereich in Deutschland, allen voran die Reha- und Vorsorgeeinrichtungen, befindet und befinden sich in einer akuten Notlage. Dies ist eine Tatsache und keine Effekthascherei unsererseits. Die Reha braucht sofort finanzielle Entlastung und Unterstützung seitens der Politik und der Sozialversicherungsträger, sonst droht der flächendeckende Kollaps“, appelliert Scharl. „Wir können und dürfen die Gesundheitsversorgung und Gesunderhaltung der Bevölkerung sowie Zigtausende Arbeitsplätze nicht sehenden Auges aufs Spiel setzen, weil der Reha nicht mehr finanziell geholfen wird.“
Aktuell würden mehrere Gegebenheiten ihre zerstörerische Wucht entfalten, so der Experte. Dazu gehöre einerseits die Tatsache, dass ein Ende der Pandemie - auch aus Sicht des Bundesgesundheitsministeriums - längst noch nicht abzusehen sei. „Die Kliniken kämpfen mit finanziellen Schwierigkeiten, die auf den dauerhaften massiven Rückgang der Belegungszahlen in Folge der Corona-Pandemie bei gleichzeitig steigenden Hygienekosten zurückzuführen sind. Zugleich müssen wir mit einem weiteren Anstieg von Long Covid-Fällen rechnen, bei deren Behandlung dem Reha-Bereich ja eine ganz zentrale Rolle zukommt. Angesichts dieser Perspektive wäre es absolut unverantwortlich, tausende Kliniken in die Insolvenz laufen zu lassen.“
Zugespitzt werde die Lage durch die aktuelle allgemeine Kostenexplosion, vor allem im Energiesektor und beim Wareneinkauf. „Hier kommt ein strukturelles Problem zum Tragen: Der Reha-Bereich hat keinerlei Möglichkeiten, die aktuellen Teuerungsraten und die damit einhergehenden Defizite über die Pflegesätze zu kompensieren. Nach dem ersatzlosen Wegfall des Rettungsschirmes bleiben die Häuser somit allein auf den zusätzlichen Kosten sitzen. Das kann und darf so nicht weitergehen! Wir brauchen Entlastungen, einen Inflationsausgleich und eine angemessene Vergütung der erbrachten Leistungen.“
Neben alldem stelle auch der hinlänglich bekannte dramatische Pflegenotstand bzw. der Fachkräftemangel ein massives Problem dar. „Alle Mitarbeitenden in Reha-Kliniken haben in der Pandemie extrem viel geleistet und zusätzliche Belastungen kompensiert. Eine Kompensation durch zusätzliche Kräfte für die Reha ist jedoch weder verfügbar noch finanzierbar.“ In diesem Zusammenhang fordert Stefan Scharl eine Aufhebung der nach wie vor geltenden einrichtungsbezogenen Impfpflicht. „Die einrichtungsbezogene Impfpflicht wurde vor dem Hintergrund der geplanten generellen Impfpflicht eingeführt. Da diese aber vom Tisch ist, ist nicht einzusehen, wieso sie im Klinikbereich weiterhin gelten sollte.“ Dies stelle eine Benachteiligung des Klinikbereichs dar und führe zu einer weiteren Verschärfung der Personalsituation, „denn viele dringend benötigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind aufgrund der Verordnung aus dem Beruf abgewandert. Sie wieder ins System zurückzuholen wird schwierig."
Politik, Sozialversicherungsträger und Leistungserbringer müssten nun rasch und zielgerichtet handeln, „denn es mangelt nicht an der Erkenntnis. Ein notwendiger Schritt ist die kurzfristige Nutzung bereits bestehender gesetzlicher Möglichkeiten durch das Bundesgesundheitsministerium. Ein immens wichtiger Schritt ist die Sicherung der Reha-Kliniken und damit der Versorgungsstrukturen im aktuell laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Infektionsschutzgesetzes ab 24.09.2022“, so Scharl. „Nur so können wir den drohenden Zusammenbruch des Systems noch verhindern.“