Während die Nachfrage wieder auf Rekordniveau steigt, finden die Fahrprüfungen nach der Corona-Pandemie unter neuen Bedingungen statt. „Wegen der geltenden Corona-Isolationsregeln fallen immer wieder Prüfer:innen, Fahrleher:innen und Fahrschüler:innen aus. Viele Termine werden kurzfristig abgesagt und können dann nicht neu disponiert werden“, sagte Bühler. Das gelte auch für Prüfungstermine, die von Fahrschulen „auf Vorrat“ gebucht, dann aber nicht wahrgenommen werden. Auf die regionalen Engpässe bei Prüfungsterminen und die nach einer Modernisierung im Jahr 2021 um zehn Minuten verlängerte Prüfungszeit haben die TÜV-Organisationen mit einer kräftigen Aufstockung des Personals, Prüfungen an Samstagen und einer Ausbildungsoffensive reagiert.
Als zunehmende Belastung für das Prüfungssystem erweist sich, dass seit Jahren immer mehr Fahrschüler:innen durch die Prüfungen fallen. Der Anteil nicht bestandener Theorieprüfungen ist nach Angaben des KBA von 29 Prozent im Jahr 2013 auf 37 Prozent im Jahr 2021 gestiegen (plus 8 Punkte). Bei den praktischen Prüfungen für die Pkw-Klasse B ist die Durchfallquote von 37 Prozent 2013 auf 43 Prozent im Jahr 2021 gestiegen (plus 6 Punkte). „Die steigenden Durchfallquoten führen zu Tausenden zusätzlichen Prüfungsterminen“, sagte Bühler. Wichtigster Grund dafür sei, dass viele Fahrschüler:innen schlecht vorbereitet in die Führerscheinprüfungen kommen. Bühler: „Die Fahrprüfung ist nur das letzte Glied in einer Kette. Die Zahl der Fahrzeuge steigt unablässig und der Straßenverkehr wird komplexer. Die Verkehrserziehung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und darf in den Schulen nicht mit der Fahrradprüfung in der vierten Klasse enden.“
Das Fahrerlaubnissystem beständig weiterentwickeln
Laut den Ergebnissen der TÜV-Umfrage sind die Bundesbürger:innen mit dem System der Fahrerlaubnisprüfung zufrieden. Zwei von drei Befragten sind der Ansicht, dass sich das deutsche System bewährt hat und unverändert bleiben sollte (66 Prozent). Und 77 Prozent sind dafür, dass Fahrausbildung und Fahrprüfung weiter von unterschiedlichen Institutionen durchgeführt werden sollten. Besonders wichtig ist den Befragten, dass die Prüfer:innen objektiv und neutral sind (76 Prozent). An zweiter Stelle steht Fairness bei der Bewertung der Fahrkompetenz (69 Prozent) und an dritter das Fachwissen der Prüfer:innen (56 Prozent). Für nur jeweils 14 Prozent sind die schnelle Verfügbarkeit von Prüfungsterminen und möglichst geringe Kosten besonders wichtig. „Das Fahrerlaubniswesen in Deutschland ist ein Garant für die Verkehrssicherheit“, sagte Bühler. „Neuerungen wie die Optimierung der praktischen Fahrprüfung oder die Digitalisierung der Theorieprüfung tragen dazu bei, dass die überdurchschnittlich hohen Unfallzahlen von Fahranfänger:innen tendenziell sinken.“
Das reicht aus Sicht des TÜV-Verbands aber nicht aus. „Die Fahrausbildung für die junge Generation muss um digitale Elemente ergänzt werden“, sagte Bühler. Darüber hinaus sollten weitere Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden, um Prozesse zu optimieren. So sollten die Technischen Prüfstellen besser mit den Fahrerlaubnisbehörden vernetzt werden und der digitale Führerschein eingeführt werden. „Fahrschüler:innen könnten ihre digitale Fahrerlaubnis direkt nach der bestandenen Prüfung erhalten“, sagte Bühler. Eine weitere wichtige Aufgabe sind Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel. So könnten die Zugangsvoraussetzungen für Fahrprüfer:innen angepasst und externe Sachverständige in das bestehende Prüfungssystem aufgenommen werden.
Die TÜV-Umfrage zeigt auch, wie wichtig der Führerschein für die individuelle Mobilität trotz Klimakrise, Fahrradboom und 9-Euro-Ticket weiterhin ist. 63 Prozent der befragten Führerscheinbesitzer:innen ab 16 Jahren fahren (fast) täglich mit dem Auto, weitere 23 Prozent mindestens einmal pro Woche. Deutliche Unterschiede gibt es hier zwischen Stadt und Land. In Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohner:innen fahren 78 Prozent täglich mit dem Auto, in Städten ab 500.000 Einwohner:innen dagegen nur 39 Prozent. Gut jede:r zweite Befragte hat den Führerschein gemacht, um zum eigenen Arbeitsplatz oder der Ausbildungsstelle zu kommen (51 Prozent). In den sehr ländlichen Regionen sagen das 62 Prozent und in den Metropolen 33 Prozent. Zweitplatzierter Grund für den Führerscheinerwerb sind mit einem Anteil von 47 Prozent die persönlichen Lebensumstände, die beispielsweise den Transport von Kindern mit dem Auto erfordern. Immerhin 46 Prozent sagen, dass es in ihrem Umfeld an alternativen Mobilitätsangeboten zum eigenen Auto fehlt. Hier sind die Unterschiede zwischen Stadt und Land besonders groß: 73 Prozent der Bewohner:innen von Orten mit weniger als 5.000 Einwohner:innen geben fehlende Mobilitätsalternativen als Grund für den Führerscheinerwerb an, aber nur 16 Prozent von Städten ab 500.000 Einwohner:innen. Bühler: „Die Bedeutung des Führerscheins steigt, umso kleiner die Städte und Ortschaften werden. Das ist ein klarer Auftrag an die Politik, die Verkehrswende gerade in den ländlichen Regionen mit einem besseren Nahverkehr und mehr Radwegen voranzutreiben.“
Die vollständigen Umfrageergebnisse zu den Themen Führerscheinerwerb, Fahreignung, MPU und Cannabis im Straßenverkehr sind abrufbar unter: www.tuev-verband.de/...
Ein Whitepaper zum Fahrerlaubniswesen ist hier abrufbar: www.tuev-verband.de/...
Methodik-Hinweis: Grundlage der Angaben ist eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 1.003 Personen ab 16 Jahren sowie Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA).
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