Jubiläum in der Stadt – Multimediales auf dem Petersberg
Mit gleich zwei Ausstellungen wird das einhundertjährige Jubiläum des Naturkundemuseums Erfurt gebührend zelebriert: „100 Jahre Naturkundemuseum Erfurt zu Gast in der Kunsthalle Erfurt“ zeigt eine umfassende Sonderausstellung über die Entwicklung und zahlreichen Facetten des Museums (10.06. bis 23.10.). Wie werden die naturgetreuen Präparate angefertigt, woran forschen die Wissenschaftler und warum reisen die Biologen regelmäßig in den Himalaya? Diese und viele andere Fragen kann der Besucher auf einer beeindruckenden Reise durch „100 Jahre Faszinatur“ erkunden. Im Naturkundemuseum selbst präsentiert eine kleine Ausstellung Kurioses und Historisches: Unter dem Titel „Geschichte und Geschichten – 100 Jahre Naturkundemuseum Erfurt“ (01.07. bis 30.10.) fasst das Museum Höhepunkte und Meilensteine einer ereignisreichen Zeit zusammen und vermittelt dies anhand ausgewählter Exponate und historischer Präparate. In einem deutschlandweiten Ranking der beliebtesten Museen kam das Erfurter Naturkundemuseum an 17. Stelle bundesweit – und auch in Thüringen hat es die Nase ganz weit vorn: Es wurde als das beste Museum landesweit nominiert. Die Zitadelle Petersburg in Erfurt feiert zwar kein Jubiläum, dennoch ist die nach der Winterpause wiedereröffnete Dauerausstellung lohnenswert. Auf zwei Etagen locken multimediale Angebote, in die wechselvolle Geschichte des Petersbergs vom Benediktinerkloster zur Festung einzutauchen. Interaktive Elemente wie das beliebte „Festungsbauspiel“ erlaubt Jung und Alt in der Zeit zurückzureisen und sich am Bau der Zitadelle Petersberg zu beteiligen.
Von der Antike zur Moderne
Laufende Hunde, Akanthusblätter und andere antike Motive in Jena – dies und viel mehr gibt es in der Ausstellung „Athen an der Saale“ in Jena zu sehen (16.09.22 bis 22.01.23). Die Ausstellung im Stadtmuseum Jena zeigt, an welchen Orten die Rezeption der Antike im Stadtbild präsent ist. Vorgestellt werden Gebäude, Denk- und Grabmale, Brunnen, Sgrafitti sowie weitere Außen- und Innenraumgestaltungen, die sich auf die Antike beziehen. Daneben beschäftigt sich die Ausstellung mit antiken Übernahmen oder Rückgriffen im Alltagsleben – hat sie doch bis heute Auswirkungen auf Bauen und Wohnen, Mode, Hygiene und sogar unser Körperideal. Von der Antike zur Moderne: Die Kunstsammlung Jena widmet sich dem deutsch-amerikanischen Maler, Grafiker und Karikaturist George Grosz. Die Ausstellung „Follow George Grosz – Malerei, Zeichnung und Druckgrafik“ präsentiert rund 70 Werke, daneben auch Zeichnungen von Warhol und Werke zeitgenössischer KünstlerInnen (09.04. bis 26.06.). George Grosz zählt zu den bekanntesten Künstlern der klassischen Moderne und zu den politisch ambitioniertesten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Handlungsraum seiner Bilder ist die Stadt, die Großstadt, in der die sozialen Gegensätze nach dem Ersten Weltkrieg eskalieren.
Schauplätze für Fotografie, Glaskunst und Kinotechnik
Als kreatives, visuelles Ausdrucksmittel ist die Fotografie seit jeher ein spannendes Metier. In den Thüringer Städten widmen sich mehrere Ausstellungen dieser Kunstform. „Neue Wahrheiten? Kleine Wunder! – Die frühen Jahre der Fotografie, Sammlung H.G.“ titelt eine Ausstellung in Jena (16.07. bis 30.10.). Die photohistorische Sammlung beginnt mit dem im Jahre 1646 erschienenen Buch „Ars magna lucis et umbrae“, das erste Darstellungen der Camera Obscura beinhaltet. Mit einem seltenen Portrait des Johann Heinrich Schulze (1687–1744), dem Entdecker der Lichtempfindlichkeit von Silbersalzen setzt sich die Sammlung chronologisch fort. Gotha lädt zur 12. Landesfotoschau Thüringens ein. Die Ausstellung, die traditionell an verschiedenen Orten in Thüringen gezeigt wird, gibt einen breiten Überblick über die Motive und Arbeitsweise Thüringer Fotografinnen und Fotografen. Aus insgesamt 1129 eingereichten Fotografien wählte eine Jury 79 Einzelfotos und neun Serien für die Fotoschau aus, die im KunstForum Gotha zu sehen sind (18.03. bis 17.04.). „wasser & wein“, so der Titel einer darauffolgenden Ausstellung im KunstForum, beschäftigt sich mit experimentellen Glasentwürfen (13.05. bis 26.06.). Junge Gestalter und Künstlerinnen haben in Kooperation mit Glasmachern im Thüringer Wald, in Schweden und in Finnland Gefäße und Objekte hergestellt, die sich mit Trinkkultur auseinandersetzen. Die Ausstellung ist Teil des internationalen, von Hochschulen, Glashütten und Kulturinstitutionen getragenen Projekts glass – hand formed matter.
Um das Glas der Schwarzburger Fürsten dreht es sich in einer Ausstellung in Sondershausen (03.04. bis 26.06.): Glas als Material der sozialen Eliten. Der Schwarzburger Willkomm symbolisiert dabei höfische Trinkrituale. Einen Glanzpunkt stellt die Goldene Kutsche dar, deren Verglasung die Schwarzburger bei ihren Fahrten sichtbar machte und schützte.
Wie innovativ es in Ilmenau im Hinblick auf Kinotechnik zuging, beleuchtet die Sonderausstellung „Karl August Geyer – Pionier der Kinotechnik“ im GoetheStadtMuseum (23.09.22 bis 26.03.23). Erstmals werden die Leistungen des bedeutenden Elektrotechnikers, Erfinders, Konstrukteurs und Firmenleiters in seiner Heimatstadt gebührend gewürdigt. Bereits als sehr junger Mann machte sich Geyer um die Weiterentwicklung von Glühlampen verdient. Als Leiter der Deutschen Mutoskop- und Biograph GmbH in Berlin erkannte er die Schwächen der noch jungen Filmindustrie. Sein Hauptverdienst besteht darin, dass er bei der Filmherstellung als Erster eine Trennung zwischen künstlerischen und technischen Bereichen vornahm. Außerdem entwickelte er effiziente Filmaufnahme-, Kopier- und Perforiermaschinen. Zu seinen späteren Innovationen gehört die Herstellung von Filmen im Breitformat und Maschinen zu deren Wiedergabe. Nicht unumstritten ist seine Rolle in nationalsozialistischer Zeit. Die Sonderausstellung entsteht in Kooperation einiger Nachfahren Karl August Geyers, der Deutschen Kinemathek Berlin und des Museums Neukölln. Vorgestellt und erklärt werden filmtechnische Apparaturen und ihre Funktion von der Frühzeit bis in die 1950er Jahre. Der Stummfilm „Die vier Teufel“ bei Geyer 1911 kopiert, soll im Rahmen von Filmvorführungen präsentiert werden.
Themenjahr „Welt übersetzen“ in Thüringer Städten
Aus dem Depot in den Festsaal heißt es in Weimar: Die berühmten Gemälde aus der Cranach-Werkstatt kehren zurück ans Licht der Öffentlichkeit. Unter dem Titel „Cranachs Bilderfluten“ werden im Renaissancesaal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek zahlreiche Gemälde, die berühmten Luther-Bibel Münzen, Medaillen und Flugschriften gezeigt (ab 04.06.). Das wohl schönste Bildnis aus dem umfangreichen Fundus ist die tugendhaft dargestellte Sibylle von Kleve als Braut des Kurfürsten Johann Friedrich. Begleitet wird die Ausstellung von multimedialen Elementen. Schon ab 5. Mai verwandelt sich die Innenstadt der Klassikerstadt in einen Parcours literarischer Interventionen: „Sprachexplosionen“ auf Straßen und Plätzen und in den Dichterhäusern laden Besucher dazu ein, sich mit berühmten Wortkreationen Goethes, Schillers und Wielands auseinanderzusetzen. Anlass ist das Themenjahr „Welt übersetzen“ und das 250. Jubiläum der Ankunft Christoph Martin Wielands in Weimar.
Im Rahmen des Themenjahres bieten auch die Mühlhäuser Museen zahlreiche Angebote, darunter die Kurzführung „Macht Aufruhr durstig? Die Plünderungen des Mühlhäuser Haufens“ (05.05.; 12 Uhr, Voranmeldung erbeten). Auch außerhalb des Thüringer Jahresthemas bietet die Stadt neue Einblicke: Während die Dauerausstellung „Aufgetürmt – Die Baugeschichte von St. Marien“ im Museum St. Marien die Fertigstellung des höchsten Kirchturmes in Thüringen beleuchtet und man den Turmfalken per Livestream beim Brüten zusehen kann, beleuchtet das Kulturhistorische Museum die Mühlhäuser Industriegeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. VEB Mikroelektronik war einst einer der größten Arbeitgeber der Region. Ab dem Beginn der 1980er Jahren wurden dort elektronische Taschenrechner produziert. Das bekannteste Produkt war der DDR-Schulrechner SR1.
Kunstschätze: Von Barlach bis Grass
“Ernst Barlach - Spiegel des Lebens” titelt die verlängerte Ausstellung in der Kunstsammlung Orangerie Gera, die noch bis 24. April zu sehen ist. Bedeutende Werke aus der Sammlung des ehemaligen Chemnitzer Fabrikanten Fritz Niescher werden nach 50 Jahren dem Publikum wieder zugänglich gemacht. Ernst Barlach zählt zu den bedeutendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts und zweifelsohne auch zu den populärsten. Der Mehrfachbegabte wirkte nicht nur als Bildhauer, sondern auch als Grafiker und als Schriftsteller. So umfasst die Ausstellung Zeichnungen, Druckgraphiken sowie Skulpturen und Porzellanplastiken, der Schwerpunkt liegt jedoch auf zahlreichen eindrücklichen Kohlezeichnungen. Das Museum für Angewandte Kunst Gera beeindruckt mit der Ausstellung „La Bohème. Toulouse-Lautrec und die Meister des Montmatre" (02.03. bis 05.06.). Mit insgesamt 110 Arbeiten aus den Jahren 1885 bis 1900 zeigt sie einen Überblick über das erste Massenmedium: das Plakat. Die Besucher können somit nicht nur in die Pariser Belle Epoque eintauchen, sondern die enge Beziehung zwischen High und Low Culture studieren.
Die südthüringische Stadt Meiningen feiert das Universaltalent Grass – mit der Ausstellung „Günter Grass in Meiningen! Bilder, Skulpturen, Bücher“ im Schloss Elisabethenburg (14.04. bis 09.10.). Häufig setzt sich der Schriftsteller mit den Themen Heimatverlust, Flucht und Vertreibung sowie Kritik an der Verdrängung der nationalsozialistischen Vergangenheit im Deutschland der Nachkriegszeit auseinander. Der vielfältig interessierte Künstler ist zudem politisch aktiv oder prangert mit illustrierten Gedichtbänden soziale Missstände sowie die Zerstörung der Umwelt an. Themen, die auch Jahrzehnte später nichts an ihrer Aktualität verloren haben. Trotz seiner kritischen Grundeinstellung verstand es Günter Grass ebenso, das Leben zu genießen – er ein leidenschaftlicher Koch und Tänzer, wie in einigen seiner bildkünstlerischen und literarischen Arbeiten zum Ausdruck kommt. In einer abwechslungsreichen Ausstellung soll das facettenreiche künstlerische und literarische Werk von Günter Grass gezeigt werden.
Neun Jahrhunderte jüdisches Leben in Thüringen
Die Ausstellung „Neun Jahrhunderte jüdisches Leben in Thüringen: Inter Judeos – Das mittelalterliche jüdische Quartier in Erfurt“ wird noch bis 22. Mai zu sehen sein. Mitten im Herzen der historischen Innenstadt von Erfurt lag im Mittelalter das jüdische Quartier. Hier lebten hauptsächlich Juden, aber auch Christen in unmittelbarer Nachbarschaft seit dem 13. Jahrhundert. Das jüdische Quartier lässt sich anhand archäologischer Funde, Baubefunde und schriftlicher Quellen gut rekonstruieren. Sie zeichnen ein lebendiges Bild jüdischen Lebens im Mittelalter und bilden die Grundlage für die Sonderausstellung, die in der Alten Synagoge, aber hauptsächlich direkt im jüdischen Wohnviertel gezeigt wird. Die Ausstellungsstücke sind Inhalt der Bewerbung Erfurts um den UNESCO-Welterbetitel. Die UNESCO-Kommission wird ihre Entscheidung darüber im Sommer 2022 fällen.
Die in Sondershausen gezeigte Ausstellung „Juden in Sondershausen“ ist ein Kooperationsprojekt des Arbeitsverbunds der Schwarzburger Museen (noch bis 18.04.). Die Ausstellung folgt den Spuren jüdischen Lebens in der ehemaligen Residenzstadt vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Die wenigen überlieferten baulichen Zeugnisse – das mittelalterliche Ritualbad in der Altstadt und der jüdische Friedhof am Spatenberg – sowie die nur noch bildlich fassbare Synagoge stehen symbolisch für unterschiedliche Phasen von Verfolgung, Akzeptanz, Emanzipation und Integration. Während der NS-Zeit wurde die jüdische Gemeinde von Sondershausen gewaltsam ausgelöscht. Überlebende gelangten auf oft abenteuerlichen Wegen ins rettende Ausland, wo sie vor der Herausforderung standen, eine neue Heimat zu finden.
Prunk und Adel mal anders
Das Altenburger Residenzschloss zeigt in diesem Jahr die Ausstellung „Vom Jammertal ins Paradies – Sterben, Tod und Trauer am Altenburger Hof“ (22.05. bis 31.10.). Besucher können dem Haus Sachsen-Altenburg und damit dem sächsischen Hochadel in seinen privatesten Momenten nahe kommen bis zum Sarg, aber auch den Prunk der großen Trauerfeierlichkeiten miterleben. Das Schloss- und Spielkartenmuseum zeigt in dieser hochrangigen Sonderausstellung seinen einzigartigen Schatz an authentischen Zeitzeugnissen zu Tod und Trauer, darunter lebensgroße Totenbildnisse und sehr seltene Textilien. An fast keinem anderen Ort hat sich Vergleichbares in dieser Fülle erhalten. Auch die Gruft mit den prachtvollen Särgen wurde instandgesetzt und kann zu festen Terminen im Rahmen einer Führung besichtigt werden.
In Meiningen wird gefeiert: 75 Jahre Meininger Museen, so auch der Titel einer Sonderausstellung (10.02. bis 25.09.). Zusammen mit dem Baumbachhaus, dem Theatermuseum, einer Ausstellungsfläche über drei Schlossetagen sowie zahlreichen Veranstaltungen sind die Meininger Museen heute der größte Museumskomplex in Südthüringen. Die frei zugängliche Präsentation dokumentiert in einem zusammenfassenden Überblick die Veränderungen vor und hinter den Kulissen ebenso, wie den baulichen, personellen und technischen Wandel bis in die heutigen Tage hinein.