Henry van de Velde – europaweit eine schillernde Gestalt des Kunstgeschehens seiner Zeit – zog 1902 nach Weimar und sollte hier im Auftrag des Großherzogs Kunsthandwerk und -industrie künstlerisch beraten. Sein persönliches Schaffen berührte alle Lebensbereiche: Er entwarf Häuser, Geschirr, Besteck, Stoffe und ganze Inneneinrichtungen – ein Alleskünstler. 2013 feiern die Thüringer Städte Weimar, Jena, Gera, Apolda und Erfurt mit vielen Ausstellungen gemeinsam den 150. Geburtstag des belgischen Multitalents.
Weimar sollte für van de Velde zu einer der wichtigsten Phasen seines Lebens werden. Nirgendwo sonst sind so viele Gebäude wie in Weimar nahezu unverändert erhalten. Seine beeindruckenden architektonischen Leistungen lassen sich heute noch besichtigen: Allen voran sein Wohnhaus „Haus Hohe Pappeln“ am Rande der Stadt. Wie alle Entwürfe des renommierten Jugendstilkünstlers ist auch sein Privathaus durch die Verschmelzung funktionaler, ästhetischer und dekorativer Elemente charakterisiert. Die Gestaltung gilt als beispielhaft für seine Frühwerke. Zu den berühmten Weimarer Bauten gehören die Kunstschule und die Kunstgewerbeschule. Gebäude, die 1919 vom Staatlichen Bauhaus genutzt wurden, heute zur Bauhaus-Universität gehören und seit 1996 auf der UNESCO-Welterbeliste vertreten sind. Weitere Bauwerke van de Veldes in Weimar sind das Palais Dürckheim und die Villa Henneberg.
Anhand von seinen Werken aus zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen vermittelt die Klassik Stiftung Weimar mit der Ausstellung „Leidenschaft, Funktion und Schönheit. Henry van de Veldes Beitrag zur europäischen Moderne“ das Spektrum seines Wirkens von 1890 bis Ende der 1930er Jahre. Raumschöpfungen und prägnante Beispiele seiner kunstgewerblichen Kreationen – Möbel, Metall-, Textil- oder Keramikarbeiten sowie die Buchkunst werden mit dem Ziel präsentiert, das „Gesamtkunstwerk“ im Geiste des Künstlers zu visualisieren.
„Der Architekt Henry van de Velde“ heißt die Ausstellung an der Bauhaus-Universität Weimar, die neben Plänen und Modellen realisierter Bauten, virtuelle Simulationen nichtrealisierter Entwürfe vorstellt.
Das Wirken Henry van de Veldes in Jena verbindet man heute vor allem mit dem Gedenkmonument für den Physiker, Industriellen und Sozialreformer Ernst Abbe. Das Gesamtkunstwerk, das im Innern Bronzereliefs von Constantin Meunier und eine Marmorbüste von Max Klinger beherbergt, gilt noch heute als Meilenstein der Denkmalplastik. Darüber hinaus war Van de Velde Mitglied im Verein der Kunstfreunde von Jena und Weimar. Die Ausstellung „Henry van de Velde in Jena“ zeigt Gemälde, Zeichnungen, Plastiken und Fotos und dokumentiert die Vielfalt der Beziehungen Henry van de Veldes nach Jena. Die Ausstellung vereinigt Leihgaben aus regionalen und internationalen Sammlungen und stellt Van de Veldes regionales Beziehungsgeflecht erstmals vor.
Eine zweite Ausstellung widmet sich dem Maler Henry van de Velde. Nur wenig bekannt ist, dass er bildende Kunst studierte und zuallererst Maler war. Er orientiert sich künstlerisch an George Seurat und Paul Signac, schließt sich den Neoimpressionisten an und stellt zusammen mit Vincent van Gogh aus und gehört zu dessen ersten Bewunderern.
Henry van de Velde konzipierte in Gera das Haus Schulenburg 1913/14 als Wohnhaus für die Familie des Industriellen Paul Schulenburg und schuf mit der Jugendstilvilla ein Gesamtkunstwerk. In Thüringen gibt es kein anderes van de Velde Gebäude, in dem Innen- und Außenräume samt Garten und Original- Inventar so komplett erhalten sind wie im Haus Schulenburg. Die Villa ist heute nach originalen Bauplänen rekonstruiert und beherbergt ein Privatmuseum mit einer weltweit wichtigen Sammlung von Buchgestaltungen van de Veldes. Weiterhin zu sehen sind neben den originalen Möbeln, Architekturentwürfe, Stoffmuster sowie Veröffentlichungen des Künstlers.
Im Mittelpunkt der zweiten Jubiläumsausstellung „Henry van de Velde und Thilo Schoder. Meister und Schüler“ in Gera im Museum für Angewandte Kunst steht ein Schüler Henry van de Veldes, der mit über 50 Werken in Gera seine Spuren hinterließ. Die Arbeit Thilo Schoders zeichnete vor allem die Verschmelzung von künstlerischen und industriellen Bauten aus, die sowohl funktionale Bedingungen und kompositorische Freiheiten aufwiesen.
Erfurt zeigt im van-de-Velde Jahr 2013 zwei Ausstellungen: Die Kunsthalle Erfurt stellt das Werk eines Gestalters vor, dessen Leben und Schaffen zahlreiche Parallelen mit Henry van de Velde aufweist: Peter Behrens. Der deutsche Architekt, Maler, Designer und Typograf gilt als Begründer des modernen Industriedesigns und führender Industriearchitekt seiner Zeit. Die Ausstellung „Peter Behrens - Vom Jugendstil zum Industriedesign“ ist vom 24. März bis 23. Juni 2013 zu sehen.
In der Apoldaer Kunstvilla widmet man sich den Schülern Henry van de Veldes, deren Werke in drei Ausstellungen zu sehen sind.
Termine:
Weimar, Neues Museum
24. 3.-23. 6. 2013 Leidenschaft, Funktion und Schönheit. Henry van de Veldes Beitrag zur europäischen Moderne
Bauhaus-Universtät Weimar
29.3.-12.5. 2013 Der Architekt Henry van de Velde
Erfurt; Kunsthalle Erfurt
24. 3.-23. 6. 2013 Peter Behrens- Vom Jugendstil zum Industriedesign
Gera, Haus Schulenburg
17.3. -3.11. 2013 Henry van de Velde und das Haus Schulenburg
Museum für Angewandte Kunst
16.6.-22.9. 2013 Henry van de Velde und Thilo Schoder. Meister und Schüler
Jena, Städtische Museen, Kunstsammlung Jena
10.4.-26.5. 2013 Henry van de Velde in Jena; 1.9.-24.11. Henry van de Velde der Maler
Apolda, Kunsthaus Apolda Avantgarde
13. 1.-1. 4. 2013 Max Ackermann; 23. 6.-18. 8. 2013 Curt Hermann; 7. 9.-21.12. Heinrich
Vogler. Leben in der Kunst
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