Aus der Sufi-Lehre verdichtete Aussagen ermöglichen persönliche Reflexion und Meditation für Suchende auf dem geistigen Weg. Jede Gatha gibt konzentrierte Einblicke und Anleitung in sieben Aspekte des Lebens, die für unsere moralische, religiöse und spirituelle Entwicklung wichtig sind:
• Aberglaube
• Bräuche und Volksglaube
• Einsicht
• Symbolik
• Atem
• Ethik/Kultivierung des Herzens
• Alltagsleben
• Metaphysik
Die Lehrbriefe sind sehr klar, und doch erfordern sie tiefes Nachdenken, um ihre Bedeutung für unser tägliches Leben zu enthüllen.
Die Gathas stammen aus der ersten Hälfte der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Hazrat Inayat Khan hat sie als Vorträge im kleinen Kreis seiner Murids gehalten. Sie wurden niedergeschrieben und seither in den Sufi-Zentren aller Welt als Lehrbriefe für die grundlegende spirituelle Schulung verwendet. Östliche Kultur und Spiritualität waren damals in der westlichen Welt weitgehend unbekannt. Manches von dem, was uns heute durch die Fülle östlichen Gedankenguts fast selbstverständlich ist, wusste damals nur eine ganz kleine Elite. So konnte Murshid Inayat Khan viele der esoterischen Grundbegriffe, wie z.B. Chakras, nur andeuten und umschreiben, um verstanden zu werden. Ebenso verstehen sich wissenschaftliche und politische Bezugnahmen sowie die Sprache immer auf diese Zeit. Wenn Hazrat Inayat Khan den großen Krieg erwähnt, ist damit der erste Weltkrieg gemeint. So sind wohl einzelne Textbestandteile zeitgebunden, aber die geistige Essenz seiner Lehren ist zeitlos und heute noch genau so aktuell, ja, vielleicht ist manches noch aktueller als damals, weil seitdem viele religiöse Vorstellungen und geistige Ideale verloren gegangen sind. Trotz oder vielleicht wegen des übergroßen esoterischen Angebots unserer Zeit suchen immer mehr Menschen nach spiritueller Anleitung und sind doch verunsichert, wo sie sie finden können. Vielleicht vermögen die Gathas von Hazrat Inayat Khan, ihnen einen Weg zu einer vertieften geistigen Schulung zu öffnen. Die Sufi-Schulung ist zunächst eine Lebenshilfe, durch die wir unsere Blockierungen und Begrenzungen erkennen und überwinden lernen sollen, um dadurch unsere Alltagsprobleme besser zu bewältigen. Dann erst werden wir offen sein für die echte spirituelle Erfahrung.
Man sollte die Gathas nicht wie irgendein Buch lesen, sondern sich eine Zeit der Stille dafür nehmen, nur wenige Abschnitte lesen, vielleicht darüber meditieren, sie auf sich einwirken lassen und versuchen, sie in Beziehung zu unserem eigenen Leben zu setzen, überdenken, was sie für uns ganz persönlich bedeuten können.
Über den Autor
Hazrat Inayat Khan ist der Begründer der internationalen Sufi-Bewegung und des internationalen Sufi-Ordens. 1882 in Baroda an der West-Küste Indiens geboren, wurde der Sufi-Mystiker in seiner Heimat als Virtuose der klassischen indischen Musik verehrt. Schon in jungen Jahren wurde dem Sänger und Vina-Spieler der Titel „Tansen“ – bedeutendster Musiker Indiens – verliehen. Sein geistiger Lehrer war Kwaja Abu Hashim Madani. Dieser gab ihm den Auftrag: „Ziehe hinaus in die Welt und bringe den Osten und den Westen mit Deiner Musik in Einklang“.
Khan lebte und lehrte ab 1910 in den Vereinigten Staaten und Europa. Seine Kenntnis der durch Musik bewegten Seele war es, die ihm Meisterschaft im „Stimmen menschlicher Seelen“ verlieh. Er brachte uns Europäern damit das tiefe, alte indische Wissen des Vedanta nahe. Die Lehre, die er in den Westen brachte, ist die „Botschaft von Liebe, Harmonie und Schönheit“.
Seine Kenntnis der durch Musik bewegten Seele war es, die ihm Meisterschaft im Stimmen menschlicher Seelen verlieh und diese zu einer Bruderschaft verband. 1926 ging er zurück nach Indien, und 1927 kehrte er in seine geistige Heimat zurück.
Die Gathas - Weisheit der Sufis | Lehren für seine Schülerinnen und Schüler | Verlag Heilbronn 2016 | 311 Seiten | gebunden | ISBN 978-3-936246-18-6 | € 28,00