Niemand bestreitet ernsthaft die Wichtigkeit einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Trotzdem ernteten die privaten BU-Versicherer in den letzten Monaten viel Kritik. Viele Berufstätige hätten gar keine Chance auf einen bezahlbaren BU-Schutz in erforderlicher Höhe und Dauer. Dies ist ein Grund, warum einzelne Kritiker eine Rückkehr zum gesetzlichen Berufsunfähigkeitsschutz fordern.
Berufsgruppendifferenzierung – risikogerechte Beitragskalkulation oder Rosinenpickerei?
Der gesetzliche BU-Schutz wurde aber erst 2001 für alle nach dem 01.01.1961 Geborenen abgeschafft, denn die Berufstätigen sollten mehr Eigenvorsorge treffen. Zu diesem Zeitpunkt nutzten BU-Versicherer noch keine Berufsgruppen zur Beitragskalkulation. Erst danach führten einzelne Versicherer erste Berufsgruppen ein – der BU-Schutz für kaufmännisch Tätige wurde preiswerter, für körperlich Tätige jedoch teurer. Um Antiselektionseffekte zu vermeiden, mussten die anderen Versicherer auch Berufsgruppen einführen und haben dann häufig noch etwas genauer differenziert.
Damit setzten die Versicherer ohne wirkliche Notwendigkeit eine Spirale in Gang und dies hält bis heute an. Derzeit kann ein 30-jähriger Notar eine BU-Rente in Höhe von 1.000 € bis zum 67. Lebensjahr für monatlich ca. 35 € versichern, während ein Berufskraftfahrer hierfür über 150 € bezahlen müsste (Quelle: http://www.berufsunfaehigkeitsversicherung-sofort-vergleich.de). Die Versicherer nennen dies risikogerechte Beitragskalkulation. Man kann es aber durchaus auch als Rosinenpickerei betrachten.
Brauchen wir gesetzliche Standards für die Berufsunfähigkeitsversicherung?
Ob eine Rückkehr zum gesetzlichen Berufsunfähigkeitsschutz wirklich wünschenswert wäre, darf bezweifelt werden. Aber wer private Eigenvorsorge treffen möchte, muss hierzu auch die Möglichkeit bekommen. Es hilft unsere Gesellschaft nichts, wenn sich nur Personen mit vermeintlich risikoarmer Berufstätigkeit finanziell gegen Berufsunfähigkeit absichern können und alle anderen auf staatliche Hilfen angewiesen bleiben.
Es gibt durchaus auch verantwortungsvolle Fachleute in den Chefetagen der Versicherer, die mit der Berufsgruppenentwicklung unglücklich sind. Aber ein einzelner Versicherer kann die Fehlentwicklung der Berufsgruppendifferenzierung nicht rückgängig machen. Aber eine gemeinsame Aktion aller in Deutschland tätiger BU-Versicherer ist nicht in Sicht. Erst kürzlich behauptete der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. in einer Pressemitteilung, dass nur sehr wenige Verbraucher kein Versicherungsangebot bekommen würden. Allerdings ignorierte er dabei all jene Interessenten, die bereits nach den ersten Informationen erkennen, dass der BU-Schutz für sie unbezahlbar ist.
Deshalb benötigen die BU-Versicherer Hilfe von außerhalb, um die verhängnisvolle Berufsgruppendifferenzierung rückgängig machen zu können. Und diese Hilfe kann derzeit vermutlich nur der Gesetzgeber leisten.
Versicherungsmakler haben Vorschläge – aber sie müssen erhört werden!
Wenn der Gesetzgeber beispielsweise vorschreibt, dass bei der Arbeitskraftabsicherung niemand auf Grund seines ausgeübten Berufs benachteiligt werden darf, könnten alle BU-Versicherer gleichzeitig Unijob-Tarife einführen. Die befürchteten Antiselektionseffekte blieben aus und die konkrete Prämiengestaltung könnte der Markt regeln. Schließlich wurden mit der Einführung der Unisex-Tarife schon mal für unterschiedliche Risiken gleiche Versicherungsprämien erzwungen.
Auch bezüglich der Annahmepolitik bei Vorerkrankungen oder der besseren Leistungsregulierung gibt es seitens verantwortungsbewusster Versicherungsmakler interessante Lösungsvorschläge. Es wäre schade, wenn sie ungehört blieben.