In den 1950er-Jahren entwickelte George Nelson mit seinem New Yorker Büro eine Serie individueller und ausdrucksstarker Sitzmöbel, von denen einige längst zu Klassikern avanciert sind. Noch vor dem bekannten Coconut Chair oder dem Marshmallow Sofa entwarf er bereits 1952 einen zunächst einfach als
«Laminated Chair» bezeichneten Stuhl aus Formsperrholz. Es war der ebenso gewagte wie elegante Verlauf der Rücken- und Armlehne, der dem Stuhl jedoch bald zu seinem Spitznamen Pretzel Chair verhalf. Wie die Lehne und ihre Träger sind auch die vier Beine des Stuhls, die sich unter der Sitzfläche kreuzen, aus Schichtholz gefertigt. Sie verjüngen sich nach unten und tragen so zur filigranen Erscheinung des Stuhls bei.
Etwa zur gleichen Zeit, als der Pretzel Chair entstand, veröffentlichte Nelson sein Buch «Chairs» (1953), das einen umfassenden Überblick über die Entwicklung und Modellvielfalt moderner Sitzmöbel bot. Darin bezeichnete Nelson den Stuhl als wichtigstes modernes Möbel überhaupt: «Welche Objekte von der Nachwelt einmal als besonders typisch für die westliche Kultur betrachtet werden, kann man nur raten, aber ich vermute, dass der zeitgenössische Stuhl darunter sein wird.» Einige der Hauptthesen, die Nelson in jenem Buch formulierte, verkörpert der Pretzel Chair geradezu exemplarisch. Während Nelson sich dafür aussprach,Schränke, Leuchten und Sofas im modernen Haus in die Architektur des Hauses zu integrieren, sah er für den Stuhl eine gegenläufige Entwicklung. Der Stuhl bliebe, so Nelson, nicht nur als einzelnes Objekt bestehen: Im offenen Grundriss des modernen Interieurs rücke er zudem von der Wand ab, werde stattdessen frei im offenen Raum platziert und nehme daher immer häufiger skulpturale Formen an. «Geringes Gewicht, Transparenz und eine elegante Silhouette» waren daher für Nelson die entscheidenden Qualitäten, die einen Stuhl auszeichnen sollten.
Sie alle sind im Pretzel Chair vereint.
Betrachtet man Aufnahmen des Nelson-Büros aus jenen Jahren, fällt auf, dass es mit zahlreichen klassischen Bugholzstühlen eingerichtet war. So mögen Bugholzstühle aus der Produktion von Thonet auch rein formal eine Inspiration für den Pretzel Chair gewesen sein. Allerdings verwendete Nelson statt Bugholz die zeitgenössische Variante Schichtholz, was sich vor allem bei der Verformung der Lehne, von der vertikalen Ausrichtung am Rücken zur horizontalen Ausrichtung bei den Armen, als produktionstechnische Herausforderung erwies.
Der damit verbundene Kostenaufwand war wohl auch der Hauptgrund dafür, dass der Stuhl in beiden Versionen (mit und ohne Armlehnen) seinerzeit nur in sehr geringer Stückzahl produziert wurde.
Der Pretzel Chair ist ab Juli 2008 erhältlich.
Preis: Eur. 1'785.- (inklusive MwSt, unverbindliche Preisempfehlung)