„Mit dem Richtfest für das Siedle Haus haben wir einen Meilenstein in einem wirklich außergewöhnlichen Projekt erreicht“, so Ulrich Moosmann, Geschäftsführer des mit dem Rohbau beauftragten Offenburger Bauunternehmens WACKER. „Eine der größten Herausforderungen auf der Baustelle war für uns, dem hohen Anspruch in Hinblick auf die künstlerische Sichtweise des Bauherrn gerecht zu werden – was in dem geschaffenen Gebäude, welches schon als Kunst gilt, unseres Erachtens in jedem kleinsten Detail sehr gelungen ist. Für diese Einzigartigkeit in dem Geschaffenen sind wir Frau Siedle und den Architekten Arno Brandlhuber und Michael Eichmann sehr dankbar.“
Das alte, baufällige Wohnhaus, das sich zuvor an dem Standort direkt neben dem Siedle-Firmengelände in der Bregstraße befand, entstammte dem ehemaligen Besitz der Familie Siedle und wurde mit Blick auf den geplanten Neubau von der Horst und Gabriele Siedle Kunststiftung zurückerworben. Das Bestandsgebäude wurde dabei in Form eines Betonabgusses in die neue Architektur integriert. Der Abguss nimmt Bezug auf die Ursprünge des Unternehmens Siedle, dessen Geschichte Mitte des 18. Jahrhunderts mit dem Gießen von Glocken und Uhrenteilen begann. Um das Abbild zu kreieren, wurde zunächst ein digitales 3D-Modell geschaffen, das als Basis für die Herstellung der Matrizen diente. WACKER setzte die im Schnitt 300 Kilogramm schweren Matrizen schließlich mit den Schaltafeln zur Schalung für die Betonage zusammen. „Das wurde so noch nie gemacht und war deshalb natürlich spannend“, so WACKER-Polier Volker Schäfer, der sich um die Koordination aller Arbeitsabläufe auf der Baustelle kümmerte. Bei der Montage habe man jede kleinste Abweichung über die entsprechende Fugenverteilung auffangen müssen. Spätere Korrekturen seien im Nachhinein kaum möglich gewesen, da es jede Matrize nur einmal gegeben habe. „Da musste der erste Versuch klappen!“
Nach dem Trocknen des Betons begann unter großer Vorsicht die Abnahme der Schalungen, die schließlich das Abgussrelief enthüllte: das Negativ vom Original des ehemaligen Wohngebäudes. „Die Genauigkeit und Detailtreue des Abgusses ist wirklich Wahnsinn und hat uns staunen lassen“, so Schäfer weiter. An der Stirnseite der Holzbalken könne man sogar noch im Beton-Abguss jeden einzelnen Jahresring nachzählen, fuhr er fort. Die fast schon fusselig erscheinende Oberfläche auf den Schindeln wiederum zeige das Moos, das sich über die Jahre hinweg auf dem Holz gebildet hätte. Er sei sehr stolz, bei diesem Projekt beteiligt gewesen zu sein, fügte er hinzu, und lobte die gute Zusammenarbeit mit den anderen Gewerken: „Vor allem in puncto Koordination waren sie sehr flexibel und damit sehr entgegenkommend.“
Auch Gabriele Siedle betonte in ihrer Ansprache beim Richtfest das gute Teamwork vor Ort.. „Vor dem Hintergrund bisweilen herausfordernder Umstände, von der Pandemie bis zur Energiekrise, haben alle in bemerkenswerter Weise an einem Strang gezogen“, sagte sie. „Alle haben so dazu beigetragen, das Projekt durch schwierige Zeiten zu bringen – mit ihrer Expertise, mit Innovationskraft und hohem persönlichen Einsatz.“
Im nächsten Schritt wird nun die Gebäudehülle fertiggestellt. Hierbei werden großflächige Glasfassaden aus bis zu 13 Meter hohen polygonalen Scheiben verbaut und das Dach mit einer charakteristischen Schindeldeckung versehen, sodass das fertige Erscheinungsbild des Siedle Hauses an ein traditionelles Schwarzwaldhaus erinnern wird.