Norwegen erteilte sich in der bis Ende September laufenden Jagdsaison die höchste Fangquote für Zwergwale seit Inkrafttreten des Walfang-Moratoriums (insgesamt 1286 Wale). Die Zahl der tatsächlich getöteten Wale ist aber die geringste dieses Jahrzehnts. Bis 5. September starben 464 Zwergwale durch norwegische Harpunen - 93 weniger als im Durchschnitt der letzten 10 Jahre.
Diese Zahlen spiegeln die sinkende Nachfrage nach Walprodukten in den europäischen Walfangnationen wider. Doch trotz dieser Entwicklung setzt Islands Walfangindustrie auf Konfrontationskurs: Sie tötete 2010 die größte Zahl an Finnwalen seit 1985 - bis 14. September waren es 127 Tiere dieser stark gefährdeten Walart. Verantwortlich dafür ist in erster Linie die Firma Hvalur hf. von Kristjan Loftsson.
Angesichts der sinkenden Nachfrage auf dem nationalen Markt bemüht sich Loftsson, Walfleisch nach Japan zu exportieren und schreckt auch nicht davor zurück, Walöl als Treibstoff für seine Walfangflotte einzusetzen.
"Diese Intensivierung des Walfangs steht in krassem Widerspruch zu den Beitrittsverhandlungen Islands mit der EU-Kommission", betont Nicolas Entrup, Geschäftsführer der WDCS. Zu Beginn der Beitrittsverhandlungen Ende Juli 2010 macht die EU-Kommission deutlich, dass weder die Jagd auf Wale noch der Export von Walprodukten mit den EU-Rechtsnormen vereinbar ist.
Entrup sagt: "Es ist eine sehr widersprüchliche Situation: steigende Jagdquoten trotz sinkender Nachfrage; Beitrittsverhandlungen und gleichzeitig eine Politik, die in der EU nur Entrüstung hervorrufen kann. Und als Gipfel der Perversion wird Walöl als Treibstoff verwendet, damit Walfangschiffe weitere Wale töten können."
Dies ist aber nicht die einzige isländische Walfangskurrilität: Anfang August startete die Vereinigung der Zwergwaljäger eine neue Form von "whale watching". Hierbei können Touristen, nach Aussagen der Walfänger, "auf einem Walfangschiff sein, den Schuss unserer Harpune sehen und hören" sowie "unser gegrilltes und rohes Walfleisch verkosten". Dies ist ein Schlag ins Gesicht der Anbieter von Walbeobachtung, die 2009 ca. 125.000 Menschen anzog und der isländischen Wirtschaft über 4 Mrd. Dollar an direkten Einnahmen brachte.
"Die Regierung des finanziell schwer angeschlagenen und Bestimmungen internationaler Artenschutzabkommen ignorierenden Inselstaates scheint somit weiterhin ein Marionettentheater eines einzelnen Walfängers zu sein", zweifelt der WDCS-Sprecher an der Verhandlungsfähigkeit Islands mit der Europäischen Union.