Die Stelle ist aus früheren Untersuchungen des damals noch eigenständigen Seminars für Ur- und Frühgeschichte zusammen mit dem Institut für Geophysik bekannt. Hauptaugenmerk einer geomagnetischen Untersuchung 2003 und 2004 war ein Graben, der für eine neolithische Befestigung, ein so genanntes Erdwerk, eine beachtliche Breite von 7,5 Metern besaß. Im März dieses Jahres konnten die Forschungen fortgesetzt werden: "Ich wollte den Graben eigentlich nur wiederfinden, aber dank des Bodenradars konnten wir so präzise vorgehen, dass wir ihn gleich gefunden haben und weitergraben konnten", erzählt Groer. Mit vier Studierenden konnte er innerhalb von drei Wochen auf einer Fläche von zwei mal zehn Metern bis in eine Tiefe von 1,70 Meter vorstoßen. Über 150 Funde brachten sie in dieser Zeit zu Tage. Viele Feuersteine sind dabei, aber auch Keramiken, die eine genaue zeitliche Einordnung erlauben.
So gehören die ältesten Funde aus der Zeit um 4500 vor unserer Zeitrechnung zu den ältesten neolithischen Kulturen in Norddeutschland. In Süddeutschland waren die Menschen rund 1500 Jahre zuvor in agrarisch geprägten Siedlungen sesshaft geworden. In Nottuln-Uphoven sind Keramik-Bruchstücke der so genannten Michelsberger-Kultur zu finden, die hier um 4000 vor Christus ansässig wurde, dann Fundstücke aus der Trichterbecher-Kultur, rund 1000 Jahre jünger. Im fortgeschrittenen Neolithikum explodierte die Kultur der Menschen, sie lernten beispielsweise, mit dem Pflug die Felder zu bearbeiten und erfanden das Rad.
"Nottuln war offensichtlich einer der frühesten Vorposten für Ackerbauern im Norden", ist Groer sicher. "Aber ob hier ununterbrochen Menschen lebten, wozu der Graben genutzt wurde, wie die Siedlung ausgesehen haben mag, das können wir alles noch nicht sagen."
Die lockeren Trockenböden sind gut durchlüftet, Organisches bleibt über so einen langen Zeitraum oft nicht erhalten. Holzhäuser, wenn es sie denn gegeben hat, sind längst zerfallen, Knochen haben sich aufgelöst. Eine Schutzfunktion, das vermutet Groer, wird der Graben, dessen Verlauf über 200 Meter zu verfolgen ist, bevor er an beiden Enden in einem Waldstück verschwindet, nicht gehabt haben. "Der innere Teil der Anlage, mit seinen Siedlungsspuren wie Hütten und Gruben, liegt nicht nach oben, sondern nach unten, der Stever, zu", erklärt Groer. "Damit bietet der Graben keine Sicherheit für ein Dorf." Eine Erklärung dafür ist nicht einfach. Welchen Anreiz hatten die Menschen, sich an dieser Stelle immer wieder anzusiedeln?
Das möchte Groer in den kommenden zwei Jahren klären, ebenso wie die Frage, wann und warum die Menschen im Münsterland begannen, sesshaft zu werden. Ob sie nun aus Süddeutschland über das Rheingebiet und die Hellwegzone einwanderten oder ob die ansässigen Jäger und Sammler aus eigenem Entschluss den Ackerbau erlernten, ist umstritten. Dass es Kontakte und einen Austausch auch zwischen weit auseinanderlebenden Menschen gegeben haben muss, ist klar. So fand Groer ein Arbeitsgerät aus einem Feuerstein, der aus Belgien importiert wurde.
In den folgenden Kampagnen der Jahre 2007 und 2008 werden weitere durch die Geophysik erschlossene auffällige Strukturen mit Hilfe einer weit größeren Mannschaft ergraben. Einbezogen ist bereits jetzt das Institut für Landschaftsökologie zur Rekonstruktion der alten Umwelt. Weiter vorgesehen sind Untersuchungen zur frühen Tier- und Pflanzenwelt dieser wichtigen Umbruchszeit.