"Wir sollten bei der ordnungspolitischen Gestaltung der Rahmenbedingungen stärker auf die Versorgungssicherheit achten", so der WINGAS-Geschäftsführer. Diese werde durch Investitionen und nicht durch Regulierung erreicht.
Die Erdgasimporte der Europäischen Union werden in den nächsten Jahren stark zunehmen, die eigenen Erdgasvorkommen vor allem in der britischen und holländischen Nordsee stark abnehmen. Seele: "Um den europäischen Erdgasmarkt nachhaltig mit ausreichenden Gasmengen versorgen zu können, sind zwei grundlegende Voraussetzungen notwendig:
Eine langfristig angelegte Partnerschaft mit den Produzenten und eine Investitionsoffensive." Die IEA halte Investitionen in Höhe von 200 Milliarden Euro bis 2030 für die europäische Gasinfrastruktur erforderlich.
Das könne jedoch nur mit investitionsfreundlichen, ordnungspolitischen Rahmenbedingungen erfolgen, so Seele weiter. "Grundsätzlich sind wir bereit für diese Investitionen", erklärte Seele, "aber unsere Gesellschafter stellen beharrlich die Frage: können wir sicher sein, dass die Infrastruktur, in die wir Milliarden investieren wollen, uns auch morgen noch gehören wird?"
Abschaffung des Investitionsmonopols für Staatsunternehmen Der Geschäftsführer der WINGAS ist der Meinung, dass ein diskriminierungsfreier, effizienter Netzzugang auch durch ein konsequent umgesetztes Legal Unbundling erreicht werden kann – ohne Eingriffe in Eigentumsrechte. "Hierzu müssten die Netzgesellschaften unabhängig und eigenständig handlungsfähig sein, also das Eigentum an der Infrastruktur halten und den Betrieb und Ausbau des Netzes selbst verantworten. Ein neutraler Kapazitätsausbau könnte über Open Season-Verfahren bedarfsgerecht erfolgen und von der Regulierungsbehörde überwacht werden." Seele forderte zudem die Abschaffung des Investitionsmonopols für Staatsunternehmen in einigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. WINGAS sei bereit, auch konkurrierende Leitungen in Belgien oder Frankreich zu bauen. "Damit würden wir richtigen Wettbewerb im Transportbereich einführen", sagte Seele. Mit diesem Konzept habe WINGAS schon im deutschen Gasmarkt für Wettbewerb gesorgt.
Eine Gefahr für die Versorgungssicherheit sieht der WINGASGeschäftsführer in der so genannten Schutzklausel im Liberalisierungspaket zu Lasten außereuropäischer Unternehmen. "Wir dürfen die Produzenten als potenzielle Investoren nicht ausschließen", mahnte Seele. So plane beispielsweise der WINGAS-Gesellschafter Gazprom zukünftig Milliardeninvestitionen in die Gasinfrastruktur in Deutschland und Europa, um die Versorgung weiter sicherzustellen – wie das Nord Stream Projekt. Die Pipeline durch die Ostsee macht 10 Prozent der jährlich benötigten Gasmengen in Europa verfügbar. Seele: "Bei den Investitionen müssen wir europäisch denken und handeln."