"Syrien ist nach wie vor die größte Vertreibungskrise der Welt“, erklärt Johan Mooij, der die humanitäre Arbeit der Kinderhilfsorganisation in Syrien, Jordanien und der Türkei leitet. „Seit 2011 sind mehr als 13 Millionen Menschen entweder aus dem Land geflohen oder wurden innerhalb der Landesgrenzen vertrieben. Obwohl dauerhafte Lösungen für geflüchtete und vertriebene Menschen bei den vorherigen Brüsseler Konferenzen angesprochen wurden, sind diese Diskussionen noch nicht in konkrete Maßnahmen vor Ort umgesetzt worden.“
Syrische Frauen, Mädchen und Jungen seien infolge schwindender internationaler Hilfen zunehmend verschiedenen Formen von Ausbeutung und Missbrauch ausgesetzt, so Johan Mooij. Gleichzeitig verpassten sie wichtige Lern- und Arbeitsmöglichkeiten, die für ihre Entwicklung und finanzielle Unabhängigkeit entscheidend sind. „Dadurch wird der Kreislauf der Gewalt fortgesetzt und die Abhängigkeit von humanitärer Hilfe verstärkt.“
Die Kinderschutz-Expertin Verena Bloch beobachtet in der Grenzregion zur Türkei, die noch sehr unter den Folgen der schweren Erdbeben leidet, einen weiteren alarmierenden Trend: „Die Zahl der getrennt von ihren Familien lebenden Kinder wächst und hat besonders seit den Erdbeben zugenommen. Einzelnen in Not geratenen Mädchen oder Jungen kann zwar geholfen werden, aber es gibt bisher keine Strukturen zu ihrem Schutz. Deshalb müssten Familien dringend eine flexiblere, weitergreifende Unterstützung erhalten, die eine Trennung der Eltern von den Kindern verhindert.“
Für die Mehrheit der syrischen Bevölkerung ist nach 12 Jahren Konflikt sogar die Befriedigung der Grundbedürfnisse eine große Herausforderung. Bei Kindern im Kleinkindalter haben Fälle schwerer Mangelernährung im vergangenen Jahr um 48 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Im Nordwesten leben viele Familien auch in beschädigten Häusern oder Unterkünften.
In Aufnahmeländern wie dem Libanon, Jordanien, Irak und der Türkei haben sich die Lebensbedingungen der Familien und Kinder in den letzten Jahren durch wirtschaftliche und politische Probleme und den Klimawandel verschlechtert. Viele Familien verschulden sich und greifen in der Not zu Maßnahmen wie Kinderarbeit oder früher Verheiratung, um über die Runden zu kommen. Somit müssen nach Ansicht von World Vision auch dort Lösungen gefunden werden, die die Abhängigkeit von humanitärer Hilfe verringern und sozialen Zusammenhalt fördern.
World Vision appelliert in seinem Positionspapier zur Brüsseler Konferenz an die EU-Geber und die internationale Gemeinschaft
1) den Humanitären Hilfsplan und den Regionalen Flüchtlings- und Resilienzplan für Syrien vollständig zu finanzieren und in längerfristige Entwicklungslösungen für vertriebene, aufnehmende und geflüchtete Familien und Kinder zu investieren;
2) lokale Akteure und Gemeinschaften in die Planung der humanitären Hilfe und der Resilienzmaßnahmen einzubeziehen, um sicherzustellen, dass die Programme auf ihre Bedürfnisse abgestimmt sind;
3) in der Zusammenarbeit mit Aufnahmeländern auf weitere Möglichkeiten der Integration und des sozialen Zusammenhalts hinzuwirken.
World Vision unterstützt seit mehr als einem Jahrzehnt die Betroffenen der Syrien-Krise in Syrien, im Libanon, in Jordanien und im Irak. Die Kooperation mit vielen Institutionen und Partnern ermöglicht Verbesserungen der Lebensbedingungen und gesellschaftlichen Beteiligung sowie Bildungs- und Schutzangebote für hunderttausende Kinder und ihre Familien.
Hier können Sie die Arbeit durch eine Spende unterstützen:
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