Wohnungseigentümergemeinschaften stellen in Deutschland mit 9,1 Millionen von insgesamt 40,5 Millionen Wohnungen die zweitgrößte Eigentümergruppe. Diese Eigentumswohnungen verteilen sich auf rund 1,8 Millionen Wohngebäude. Deren Sanierungsquote liegt mit rund 0,7 Prozent noch unter dem aktuell niedrigen Durchschnitt – und bedeutet für die WEG den letzten Platz.
Die Ursachen für das schlechte Abschneiden der WEG sind vielschichtig. „Die Eigentümer, ihre Wünsche und Bedürfnisse, aber auch ihre finanziellen Möglichkeiten sind oftmals sehr unterschiedlich. Nicht selten treffen bei Eigentümerversammlungen gut situierte Pensionäre auf Familien mit kleinen Kindern oder der Gutverdiener, der mehrere Wohnungen vermietet auf den Eigennutzer, der noch den Kredit für die Wohnung abbezahlt. Dementsprechend sind die unterschiedlichen Interessen nur schwer unter einen Hut zu bringen und gemeinschaftliche Beschlüsse scheitern“, erklärt Jochen Dörner, Geschäftsführer der WI.
Es geht vor allem bei älteren Gebäuden um größere Investitionen, die ohne Sonderumlagen nicht finanzierbar sind, weil die angesammelten Instandhaltungsrücklagen nicht ausreichen. Wenn die Finanzierung über Sonderumlagen nicht darstellbar ist, bleibt als Alternative eine Darlehensfinanzierung bei einer Bank. Hier müssten laut Wohnungseigentumsgesetz alle Eigentümer zustimmen – fehlt nur eine Zustimmung, wäre der Beschluss gerichtlich anfechtbar.
Rechtliche Rahmenbedingungen schaffen
Die Gesetzgebung stammt aus dem Jahr 1951. Mehrere Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes wurden seither novelliert. „Um das Modernisierungsthema aber praxisgerechter zu machen und damit den dringend notwendigen Maßnahmen den Weg zu bahnen, sind folgende Neuregelungen kurzfristig notwendig: Erstens bedarf es einer Anpassung des § 22 Abs. 2 WEG, da nur in Ausnahmefällen der durch den Gesetzgeber vorgeschriebene (doppelt qualifizierte) Mehrheitsbeschluss erreicht werden kann. Es sollte überlegt werden, die Vorschrift dahingehend zu ändern, als das Modernisierungsmaßnahmen mit 75 Prozent der in der Eigentümerversammlung vorhandenen Stimmen verabschiedet werden können, um damit eine Stimmmehrheit zu definieren, die in der Praxis auch realistisch erzielt werden kann. Zweitens sollten im Wohnungseigentumsgesetz keine konkreten Vorgaben zur ‚Angemessenheit‘ einer Instandhaltungsrücklage, etwa durch eine Mindestrücklage und ein Verbot der Zweckentfremdung, vorgehalten werden. So gibt es in der Theorie zwar verschiedene Berechnungsmethoden, die jedoch die konkreten Gegebenheiten einer Liegenschaft nicht berücksichtigen und damit einer bedarfsgerechten Investitionsplanung entgegenstehen. Zu guter Letzt wird immer wieder festgestellt, dass die von der KFW erarbeiteten Förderprogramme höhere Anforderungen stellen als die EnEV. So fordert die KFW für die Vergabe von Fördermitteln beispielsweise geringere Wärmedurchgangskoeffizienten, als in der EnEV vorgesehen. Eigentümergemeinschaften sind so gezwungen deutlich mehr in Modernisierungsvorhaben zu investieren, um entsprechende Förderungen in Anspruch nehmen zu können, was sich für die WEG in den meisten Fällen nicht rechnet. Eine Harmonisierung der Vorgaben der KFW mit den Vorschriften der EnEV würde hier durchaus Abhilfe schaffen“, fordert Klaus Leuchtmann, Vorstandsvorsitzender des EBZ.
Wertsteigerung durch energetische Sanierung
Für viele Eigentümer stellt die Eigentumswohnung den mit Abstand größten Vermögenswert dar. Diesen gilt es zu erhalten oder bestenfalls sogar zu steigern. Dies gilt sowohl für Selbstnutzer mit Blick auf die persönliche Altersvorsorge oder den Erbfall, aber auch dann, wenn die Eigentumswohnung als Geldanlage fungiert und eine stabile Rendite ausweisen soll. „Instandhaltungs- und Modernisierungsstau bei Gebäuden wirkt sich schnell negativ aus: Der Marktwert sinkt und im Falle von Vermietungen wirkt sich das zusätzlich auf die Miethöhe aus“, gibt WI-Chef Dörner zu bedenken.
Beispielrechnung aus der Praxis
Im konkreten Fall einer Eigentümergemeinschaft wird aufgezeigt, wie sich fehlende Instandhaltung bzw. Modernisierung auf den aktuellen Marktwert auswirkt. Ein Sachverständiger hat den Verkehrswert des Gebäudes vor und nach Durchführung von notwendigen baulichen Maßnahmen ermittelt. Grundlage war die Beschreibung der Maßnahmen und die Kostenermittlung des Wohnungseigentumsverwalters.
Die Eigentümergemeinschaft besteht aus 30 Eigentumswohnungen und 30 Garagen, die 1972 in einer westdeutschen Großstadt gebaut wurden. Das Durchschnittsalter der Eigentümer beträgt 60 Jahre. Die geschätzten Kosten für sieben dringende bauliche Maßnahmen, wie etwa die Flachdachsanierung, Austausch der Fenster oder Wärmedämmung der Fassade, liegen bei 970.000 Euro. Das Konto der Instandhaltungsrücklage weist ein Guthaben von 202.000 Euro auf. Damit könnten können jedoch nur rund ein Fünftel der Kosten finanziert werden. Die Lücke von 768.000 Euro müsste durch eine bare Sonderumlage der Eigentümer finanziert werden. Im Durchschnitt würde die Sonderumlage pro Eigentümer rund 26.000 Euro betragen; eine große Herausforderung, die jedoch auch große Chancen bietet, wie die Ermittlung der Verkehrswerte verdeutlicht:
Im jetzigen Zustand mit dem festgestellten Instandhaltungs- und Modernisierungsstau beträgt der Verkehrswert 2,4 Millionen Euro. Das sind pro m² Wohnfläche 968 Euro. Nach Durchführung der baulichen Maßnahmen mit Kosten von 970.000 Euro würde der Verkehrswert auf 3,9 Millionen Euro steigen. Pro m² Wohnfläche wäre das ein Marktwert von 1.573 Euro. Der Wert des ganzen Gebäudes mit Grundstück würde damit um 1,5 Millionen steigen. Im Durchschnitt der 30 Eigentumswohnungen macht das stolze 50.000 Euro pro Wohnung aus. Selbst wenn man die Sonderumlage von 26.000 Euro pro Wohnung dagegen rechnet, verbliebe noch eine stattliche Wertsteigerung.
Die Verkehrswertermittlung wurde auf der Grundlage des Ertragswertverfahrens nach der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vorgenommen. Im Wesentlichen würde der Wert wegen einer deutlich besseren Vermietungssituation, geringeren Bewirtschaftungskosten, einem besserem Liegenschaftszinssatz und einer Verlängerung der Restnutzungsdauer infolge der baulichen Maßnahmen steigen.
„Das konkrete vorstehende Praxisbeispiel ist symptomatisch für ältere Eigentümergemeinschaften: Über viele Jahre wurde zu wenig Instandhaltungsrücklage angesammelt. Die Empfehlung kann deshalb nur lauten, frühzeitig Baufachleute einzuschalten und über ein Instandhaltungs- und Modernisierungskonzept den Finanzierungsbedarf zu ermitteln, sowie die Instandhaltungsrücklage daran ausrichten, damit größere Finanzierungslücken vermieden werden. Auch das sinkende Rentenniveau und die Einschränkungen der Wohnimmobilienkreditrichtlinie bei Kreditvergabe an Ältere sollte man unbedingt im Blick haben,“ mahnt Dörner.
Neben der klassischen Instandhaltungsrücklage kann auch ein Bausparvertrag eine gute Alternative für vorausschauend planende WEG sein. Denn Inhaber von Bausparverträgen profitieren sowohl von der Unabhängigkeit vom Kapitalmarkt als auch von der Zinssicherheit eines Bauspardarlehens. Schließt eine WEG über ihren Verwalter einen Bausparvertrag bei Wüstenrot ab, kann nach Zuteilung und Auszahlung des Bausparguthabens an den Verwalter der Darlehensanspruch entsprechend der bei Vertragsabschluss getroffenen Festlegung auf die einzelnen Wohnungseigentümer aufgeteilt werden – nach den sogenannten Miteigentumsanteilen oder nach der Anzahl der in einer WEG zusammengeschlossenen Wohnungen. So oder so – den Eigentümern der einzelnen Wohnungen steht letztlich das zinsgünstige Bauspardarlehen zur Finanzierung der geplanten baulichen Vorhaben zur Verfügung.