Der Gründer: Dr. Minoru Shirota
Minoru Shirota wurde als Sohn wohlhabender Eltern am 23. April 1899 in Dashina bei Iida in der japanischen Präfektur Nagano geboren. Schon als Kind interessierte er sich für die Natur und studierte Tiere wie Schmetterlinge und Eidechsen, die er dann wieder frei ließ.
Die Region, in der er aufwuchs, war geprägt von der Landwirtschaft. Viele Menschen waren arm und es mangelte an einer ausreichenden gesundheitlichen Versorgung. Schon als Schulkind erlebte Minoru, wie seine Schulkameraden teilweise länger dem Unterricht fernbleiben mussten, weil sie ernsthaft krank waren. Deshalb schlug sein Vater ihm bereits in jungen Jahren vor, Medizin zu studieren, um auch den Menschen im ländlichen Raum einen Zugang zu Ärzten zu ermöglichen.
1921 begann Minoru Shirota sein Studium an der medizinischen Fakultät der Kyoto Imperial University und fing an, der Frage nachzugehen, welche Lebensumstände Einfluss auf die Gesundheit und die Abwesenheit von Krankheiten nehmen. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass auch Faktoren wie das Lebensumfeld, Ernährung und Klima eine Rolle spielen. Zu der Zeit waren in Japan aufgrund mangelnder Hygienestandards Infektionskrankheiten wie Ruhr und Typhus noch weitverbreitet. Die Säuglings- und Kindersterblichkeitsrate war sehr hoch. Shirota vertiefte sein Studium der Präventivmedizin, das darauf abzielte, Menschen vor Krankheiten zu schützen, anstatt Krankheiten zu behandeln. Er entschied sich für das Fachgebiet der Mikrobiologie und insbesondere der Bakteriologie, da vor allem Bakterien für eine Vielzahl der damaligen Krankheiten verantwortlich waren.
Die Forschung: Milchsäurebakterien und Gesundheit
Minoru Shirota studierte die Werke von Louis Pasteur, dem Entdecker der Milchsäurebakterien, aber auch von Robert Koch, einem der Begründer der modernen Mikrobiologie, der sich 1881 erstmals einen Brutschrank für die Züchtung von Bakterienkulturen bauen ließ, um dadurch eine kontrolliert warme Umgebung zu gewährleisten. Besonders fasziniert war er von den Studien des russischen Biologen und Nobelpreisträgers Elie Metchnikoff zur Bedeutung der Milchsäurebakterien für die menschliche Gesundheit. Metchnikoff führte die hohe Lebenserwartung der Bulgaren auf den Verzehr von fermentierten Milchprodukten wie Kefir zurück.
Mit großem Eifer konzentrierte Shirota sein Studium und seine Forschung daraufhin auf Milchsäurebakterien, die das Potenzial zeigten, die Gesundheit beeinflussen zu können.
1930 gelang es ihm erstmals, ein Milchsäurebakterium zu isolieren, das gegenüber Magen- und Gallensäuren resistent war und Einfluss auf die Darmflora nehmen konnte. Sein damaliger Professor gab dem Bakterium den Namen L. casei Shirota.
Das Produkt Yakult: Verkaufsstart und Produktionsstopp im Zweiten Weltkrieg
Es dauerte weitere fünf Jahre, bis es Dr. Shirota gelang, ein wohlschmeckendes, preiswertes Getränk auf der Basis von Kuhmilch zu entwickeln, um die resistenten Bakterien möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Für den Namen übersetzte er das Wort Joghurt in die weltweit verbreitete Sprache Esperanto – aus Yahurto wurde so Yakult. Die Fläschchen wurden zu einem günstigen Preis verkauft, da Shirota wollte, dass es für jedermann erschwinglich ist. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden von der japanischen Militärregierung alle Lebensmittel, auch Milch, rationiert und die Produktion stoppte. Shirota ließ sich davon jedoch nicht entmutigen. Bereits 1950 gelang es ihm, die Produktion wieder anlaufen zu lassen und sein Produkt wieder zu vertreiben. 1955 gründete er die Yakult Honsha Co., Ltd. zur Herstellung und zum Vertrieb von Yakult. Damals wurden 540.000 Flaschen pro Jahr produziert. 1963 waren es bereits 5,1 Millionen.
Die Yakult Ladies: Fläschchenlieferung mit einem Lächeln
Schon vor dem Zweiten Weltkrieg wurden die kleinen Fläschchen durch unabhängige Verkäufer vertrieben. Da Shirota überzeugt davon war, dass Frauen die idealen Markenbotschafter für Yakult darstellen, gründete er 1963 ein System von Yakult Ladies, die auf selbstständiger Basis von Tür zu Tür Yakult-Fläschchen verkaufen. Aktuell zählt Japan fast 33.000 Yakult-Verkäuferinnen. Auch außerhalb Japans sind sie zu finden: Über 47.000 weitere Yakult Ladies sind in anderen Ländern Asiens und in Südamerika im Einsatz.
Das Fläschchen: Ausgezeichnetes Design
1968 erhielt der berühmte japanische Designer Isamu Kenmochi den Auftrag, ein Yakult-Fläschchen zu entwerfen. Kenmochi gilt als Pionier des modernen japanischen Designs. Seine Möbel können sogar im Museum of Modern Art in New York bewundert werden. Er formte Fläschchen nach dem Vorbild der japanischen Kokeshi-Püppchen, einer traditionellen Puppe aus Holz. Sie werden kunsthandwerklich auf hohem Niveau aus Obstbaum-Holz gedrechselt und bestehen nur aus einem zylindrischen Körper und Kopf. Anschließend werden sie bemalt und zum Schutz der Farben mit einem feinen Wachsüberzug versehen. Wie auch Yakult ist das von Kenmochi entworfene Fläschchen schlicht gehalten und auf das Wesentliche konzentriert. Die harmonische, formschöne Flasche bekam sogar 40 Jahre nach ihrer Einführung einen Preis für gutes, langlebiges Design. In den Jahren 2017 bis 2020 wurde Yakult zudem mit dem prestigeträchtigen World Branding Award ausgezeichnet.
Das Unternehmen Yakult in Europa
Forschung und Produktvielfalt
Bereits 1955, dem Jahr der Unternehmensgründung, richtete Dr. Shirota ein Forschungsinstitut in Kyoto ein. Seit 1967 befindet sich dieses in Tokio. Bis heute erforschen Wissenschaftler dort den Stamm L. casei Shirota und die Darmmikrobiota. Inzwischen bietet Yakult, überwiegend in Japan, ein stetig wachsendes Portfolio an probiotischen Produkten im Bereich Lebensmittel und Getränke, aber auch Kosmetika und Arzneimittel an.
Um den L. casei Shirota und seine Wirkung auf die Darmflora der Europäer näher zu untersuchen, wurde 2005 das Yakult Honsha European Research Center for Microbiology im belgischen Gent eröffnet. Mit wissenschaftlichen Symposien zu ausgewählten Fachthemen rund um Probiotika gab und gibt das Unternehmen Yakult der Forschung seither laufend neue Impulse, zeigt Forschungslücken auf und gibt nötigen Raum für die Diskussion aktueller wissenschaftlicher Anliegen. Ein attraktives Forum bietet das International Yakult Symposium (IYS), das in einem zwei Jahresturnus stattfindet. Renommierte Wissenschaftler nutzen die Veranstaltung, um ihre Forschungsergebnisse und Erkenntnisse aus den Bereichen Mikrobiota, Darmgesundheit, Ernährung und Probiotika vorzustellen und zu diskutieren.
Und die Erforschung der Magen-Darm-Welt und ihrer Bewohner ist aktueller denn je: Denn immer mehr Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass viele Zivilisationskrankheiten, wie Diabetes, Übergewicht, Allergien, Darmkrebs, Nierensteine, Reizdarm oder Depressionen, auf das Konto einer Dysbalance in der Darmflora gehen. So kommt dem Yakult-Gründer Dr. Minoru Shirota der Verdienst zu, mit seiner Forschung einen Stein ins Rollen gebracht zu haben.