Wem wie Karl eine Reihe von Frontzähnen fehlen, wird sich in der Regel schnell entschließen, die entstandene Lücke vollständig mit geeignetem Zahnersatz zu füllen. Wer will schließlich gern mit mangelhafter Zahnreihe sprechen, essen oder andere anlächeln? Zu groß sind die Beschwerden beim Artikulieren, Abbeißen und Kauen, und der ästhetische Mangel ist erheblich. „Fehlen aber im seitlichen Bereich des Gebisses Zähne, wird das erstaunlich oft auf die leichte Schulter genommen. Dabei stellen Zahnlücken auch hier ein ernsthaftes Problem dar“, weiß Hans-Peter Küchenmeister, Präsident der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein. Er rät deshalb allen Patienten, denen ein Zahn fehlt, sich die Lücke so schnell wie möglich fachgerecht füllen zu lassen.
Eine fatale Kettenreaktion Denn bald nachdem die Lücke entstanden ist, reagieren die verbliebenen Zähne. Die unmittelbar benachbarten Zähne können sich in die Lücke hinein neigen und die anderen Zähne im betroffenen Kiefer folgen allmählich nach. Nischen, Ecken und Winkel entstehen, die eine gründliche Zahnreinigung unmöglich machen. Zahnbeläge breiten sich aus, Wegbereiter für Karies und Zahnfleischentzündungen, die bei den über 40-Jährigen die Hauptursache für Zahnverluste bilden.
Hat sich die Zahnreihe in einem lückenhaften Kiefer erst einmal verschoben, dann leidet darunter auch der Gegenkiefer. Beim Kauen fehlt es dem Zahn an Gegendruck durch den Partnerzahn. Dadurch wird das Zahnfleisch nicht mehr massiert, es erschlafft und kann dem Zahn keinen festen Halt mehr geben. Das wirkt sich bis auf den Kieferknochen aus, der durch die fehlerhaften Kaubewegungen nicht mehr stimuliert wird. Er beginnt zu schrumpfen, der Zahn ohne Gegenstück stirbt ab und geht verloren. Damit wiederholt sich das Problem im anderen Kiefer – auch hier beginnen die Zähne sich der Lücke zuzuneigen, verschieben und verkanten sich und vergrößern das Problem. Mit dem Fehlen eines Zahnes, der nicht ersetzt wird, kann eine Kettenreaktion im Mund beginnen, die fatale Folgen für das ganze Gebiss haben kann.
Zahnersatz - so schön wie die Natur Aus zahnmedizinischer Sicht ist Zahnersatz also kein Luxus, sondern fast immer ein funktionelles Muss, weil ein Gebiss eine Einheit darstellt, bei der jeder Schaden und jedes fehlende Glied Auswirkungen auf die Gesamtfunktion hat. Aus Sicht des Patienten muss der Zahnersatz so beschaffen sein, dass er sich damit wohl fühlt, alle Funktionen natürlicher Zähne möglich sind und das Material ihm nicht schadet, also biologisch verträglich ist. Es muss sich mit seinem Organismus vertragen, darf keine Allergien auslösen und muss vom empfindlichen Zahnfleisch toleriert werden.
Zahnersatz wird aus Metall, Kunststoff oder Keramik hergestellt. Die in der Zahnmedizin verwendeten Metallverbindungen werden von den meisten Menschen gut vertragen und sind belastbar, aber sie sehen nicht besonders schön aus und werden vor allem im sichtbaren Bereich der Zahnreihe weniger gern verwendet.
Um natürlicher zu wirken, werden sie oft mit Kunststoff verblendet. Kunststoffverblendungen sind jedoch insgesamt weniger abriebfest und nicht ganz farbstabil. Mit Keramik verblendet wirken Brücken dagegen sehr natürlich, sind haltbar und bewahren die Farbe. Ganz ohne Metallgerüst erlaubt Keramik die Herstellung der naturgetreuesten Versorgungen. Rein aus Keramik aufgebaute Brückenzähne sind optisch nicht von natürlichen zu unterscheiden, sehr lange haltbar und hoch bioverträglich.
Ein oder mehrere fehlende Zähne werden üblicherweise durch eine Brücke ersetzt. Dabei werden die Nachbarzähne der Lücke überkront und dienen als Brückenpfeiler, an denen die neu gefertigten Zähne befestigt werden. Das bietet sich vor allem dann an, wenn die Zähne neben der Lücke stark gefüllt oder kariös sind und ohnehin überkront werden müssen. Um gesundes Zahnmaterial nach Möglichkeit zu schonen, wird aber nach neuen Methoden gesucht.
Prof. Dr. Matthias Kern, Direktor der Klinik für Zahnärztliche Prothetik, Propädeutik und Werkstoffkunde in Kiel arbeitet an deren Weiterentwicklung: „Es ist heute möglich, rein keramische Brückenzähne mit kleinen Seitenflügeln an den benachbarten Zähnen dauerhaft festzukleben. Das schont die Nachbarzähne, geht schnell und ist von außen betrachtet völlig unsichtbar. Die Haltbarkeit dieser Verbindung ist enorm: Jeder kleine Seitenflügel kann allein 90 kg Gewicht tragen.“
Da Brücken und Kronen fest im Mund sitzen, werden sie nicht als Fremdkörper empfunden. Sie bieten in Funktion und Aussehen einen optimalen Ersatz für die verloren gegangene Zahnsubstanz. Der sichere Halt ist ein Komfortelement, an dem sich der Patient jahrzehntelang erfreuen kann. Studien der Universität Köln belegen, dass nach zehn Jahren 85 Prozent der Kronen und Brücken voll funktionsfähig sind. Nach 20 Jahren sind es immer noch fünfzig Prozent. Es lohnt sich also, sorgfältig zu überlegen und eventuell auch selbst etwas zum Zahnersatz dazu zu bezahlen.
Teamwork von Spezialisten ist gefragt Bei der richtigen Entscheidung hilft der Zahnarzt. Er prüft zunächst, ob die Voraussetzungen für die Verwendung einer Krone oder Brücke gegeben sind. Je nach dem Befund wird der Zahnarzt zu dem geeigneten Zahnersatz raten und die Alternativen erläutern. Der Patient kann dann entscheiden, ob er sich mit der Regelversorgung zufrieden gibt oder für ästhetisch ansprechendere Lösungen dazu bezahlt.
Ist die Entscheidung getroffen, bereitet der Zahnarzt die Zähne für einen Präzisionsabdruck vor. Dieser wird im zahntechnischen Labor ausgegossen, so dass der Zahntechniker die exakte Abbildung des Kiefers als Arbeitsmodell bekommt, auf dem er den Zahnersatz in dem vom Patienten gewählten Material anfertigen kann.
„Die Teamarbeit von Zahnarzt und Zahntechniker sorgt dafür, dass sich die Patienten auf die Qualität von Zahnersatz wirklich verlassen können“, ergänzt Hans-Peter Küchenmeister.