Bischof Dr. Georg Bätzing:
Liebe Geschwister im Glauben,
„Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ – so schreibt der Apostel Paulus an seinen Schüler Timotheus (2 Tim 1,7). Tatsächlich. Diesen Geist braucht unsere Kirche.
Wir wollen hier in Prag von unseren Glaubensgeschwistern lernen, wir wollen auch unsere Erfahrungen in den weltweiten Prozess einbringen. Wir haben 2019 einen Synodalen Weg begonnen, weil uns eine wissenschaftliche Untersuchung zum Missbrauch in unserer Kirche gezeigt hat: Es gibt schwere individuelle Schuld; viel zu viele Geistliche haben ihre Macht missbraucht und Verantwortliche, nicht zuletzt Bischöfe, haben die Untaten vertuscht. Es gibt aber auch systemische Ursachen des Machtmissbrauchs. Wir können sie nicht leugnen. Wir sind entschlossen, Konsequenzen zu ziehen: spirituelle und strukturelle.
Die Situationen, in denen wir in Europa leben, sind unterschiedlich. Wir brauchen überzeugende Antworten, wie wir in diesen Situationen das Evangelium neu entdecken und verkünden können. Aber wir dürfen keine Sonderwege gehen. Wir gehen gemeinsam den Weg, den Gottes Geist unsere Kirche führt: an vielen Orten, mit vielen Menschen, in vielen Formen. Es ist ein Kairos der Kirche, ihre Synodalität zu entdecken und zu gestalten.
Wir haben in allen Diözesen, in vielen Gruppen und Gemeinden sorgfältig die zehn Fragen zur Vorbereitung der Weltsynode bedacht und zu einer Synthese gebracht. Wir haben auch engagierte Antworten auf die drei Fragen gesammelt, die uns hier in Prag leiten sollen. Das Vorbereitungsdokument hat uns beeindruckt. Wir erkennen in ihm eine gute Dokumentation dessen, was die ganze Kirche bewegt, auch in Deutschland.
Deshalb können wir die erste Frage in der Gewissheit beantworten, dass die Erfahrungen unsere Kirche einen, auch wenn die Antworten noch nicht feststehen.
- Wir hören, dass Frauen mehr Teilhabe und Mitwirkung erwarten – und dass dies ein Anliegen der ganzen Kirche ist.
- Wir hören, dass die Gläubigen eine Stimme haben wollen, wenn ihre Angelegenheiten beraten und entschieden werden.
- Wir hören, dass nach neuen Formen gesucht wird, das Priesteramt zu
- Wir hören, dass die Stärkung der Ökumene ein Herzensanliegen der ganzen katholischen Kirche ist.
- Wir hören, dass die Kirche für Menschen offenstehen soll, deren Lebensweise nicht den Normen des Katechismus entspricht, auch den queeren Personen.
Dr. Irme Stetter-Karp:
Die Deutsche Bischofskonferenz hat das Zentralkomitee der deutschen Katholiken gebeten, den Synodalen Weg gemeinsam zu verantworten. Als dessen Präsidentin sehe ich die Not der Menschen, die trotz aller Enttäuschungen eine Kirche erhoffen, die eine Kraft des Friedens ist. Das treibt mich um. Wir beantworten die Fragen nicht unterschiedlich, sondern mit einer Zunge.
Auf die zweite Frage antworten wir: Die katholische Kirche darf nicht nur auf sich selbst schauen. Europa wird von einem mörderischen Krieg gefährdet. Weltweit gibt es verheerende Kriege und Bürgerkriege, die schlimmes Leid verursachen. Wir brauchen hier in Prag ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern der Kriege, ein Zeichen der Hoffnung auf Frieden. Wir brauchen es nicht nur in der Form von Deklarationen. Wir brauchen es in der Weise, wie wir Kirche sind. Wir brauchen Wege, unsere Schuld aufrichtig zu bekennen und unsere Einheit zu stärken. Wir brauchen Wege, in denen wir Geschlechtergerechtigkeit verwirklichen. Wir brauchen Wege, Menschen willkommen zu heißen. Unser Ziel ist es, den Klerikalismus zu überwinden und die gemeinsame Verantwortung für die Verkündigung des Evangeliums zu stärken. Wir brauchen keine Uniformität. Wir brauchen Einheit in Vielfalt. Lassen Sie uns nach den besten Antworten gemeinsam suchen.
Die dritte Frage führt zu einer Antwort, die Realismus mit Glaube, Hoffnung und Liebe verbindet. Wir dürfen den systemischen Missbrauch nicht verdrängen. Das sind wir den Betroffenen schuldig. Wir können uns auf die Charismen besinnen, die Gaben, die Dienste und Energien des Geistes, die alle Gläubigen in die Kirche einbringen. Wir brauchen eine Klärung, was wir unter Synodalität verstehen: im Sehen, im Urteilen und im Handeln. Das gemeinsame Priestertum aller steht nicht im Widerspruch zum Priestertum des Dienstes – und umgekehrt. Gemeinsames Beraten erleben wir schon jetzt im synodalen Prozess. Wie kommen wir auch in einem gemeinsamen Prozess zu Entscheidungen?
Liebe Glaubensgeschwister auf der Europäischen Synodalversammlung:
2019, zu Beginn des Synodalen Weges in Deutschland, hat Papst Franziskus einen Brief „an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ geschrieben. Wir stimmen Papst Franziskus zu: Synodalität dient der Evangelisierung. Synodalität ist ein spiritueller Prozess, der klare Formen findet. Papst Franziskus hat klargestellt: Synodalität muss „von unten“ beginnen, immer wieder neu; dann erst gibt es die „Synodalität von oben“. Die Bischöfe tragen die Leitungsverantwortung: nicht einsam, sondern gemeinsam, verbunden mit dem ganzen Volk Gottes.
Liebe Synodale,
diese Verbundenheit müssen wir stärken: im „Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ (2 Tim 1,7).
Diese Pressemitteilung wird gleichzeitig von der Deutschen Bischofskonferenz und dem ZdK verschickt. Doppelte Zusendungen bitten wir zu entschuldigen.