„In Prag ist offensichtlich geworden, dass der synodale Prozess der Weltkirche ein beständiges Miteinander braucht“, so die Präsidentin weiter. „Der kluge Dreischritt, der ausgerufen worden ist, lautet: sehen, urteilen, handeln. Aber das heißt auch, dass Bischöfe und Lai*innen weiter miteinander im Gespräch bleiben müssen. Wenn wir das Urteilen und Handeln vom Sehen abkoppeln, wenn die kirchliche Basis am weiteren Prozess nicht beteiligt ist, entsteht nicht nur der Eindruck von bleibendem Klerikalismus. Es droht auch die Gefahr, dass entscheidendes Erfahrungswissen auf der Strecke bleibt. Deshalb hoffe ich sehr, dass im Herbst in Rom auch die Stimme jener gefragt sein sind, die nicht Kleriker sind, auch die der Frauen und die queerer Menschen.“
„Im Moment ist zu erwarten, dass es bei der Weltsynode in Rom wieder nur Bischöfe sind, die die Kirche repräsentieren“, sagt Thomas Söding. „Das wäre ein großer Schritt zurück gegenüber dem, was wir in Prag erlebt haben. Denn beim Europatreffen der Weltsynode konnten alle ein vielgestaltiges Bild der katholischen Kirche erleben.“
Präsidentin und Vizepräsident des ZdK erklären übereinstimmend, sie seien mit neuen „Lernwissen“ nach Hause zurückgekehrt. Zwischen den verschiedenen Kulturen und Gesellschaften – auch zwischen Ost- und Westeuropa – seien Unterschiede im Verständnis des Katholischen deutlich geworden. „Wir brauchen einen solchen Austausch häufiger“, ist Irme Stetter-Karp überzeugt. „So können wir uns besser in andere hineindenken und üben, mit der Vielgestaltigkeit des Katholizismus umzugehen. Ich denke auch, dass sich in Prag gezeigt hat, wie richtig es war, dass Papst Franziskus zu Beginn seines Pontifikats dezentrale Lösungen für dezentrale Probleme in der Kirche angemahnt hat. Die katholische Weltkirche hat viele Gesichter.“ Sie warnt: „Ohne die Anerkennung der verschiedenen Geschwindigkeiten, der verschiedenen Erfahrungen, der Anerkennung von Subsidiarität, dem Zulassen von Experimentierräumen in den Ortskirchen wird die Ungleichzeitigkeit zum Scheitern einer synodalen Kirche führen. Deshalb halte ich es für sehr wichtig, dass das Abschlussdokument dazu einlädt, den Weg zu einer wahrhaft synodalen Kirche weiterzugehen.“
In Prag habe man nicht nur vieles neu verstanden, sondern sei auch verstanden worden, so Söding: „Man hat uns von vielen Seiten Respekt für den Synodalen Weg gezollt, den wir in Deutschland gehen. Bei manchen, die skeptisch sind, konnten wir Ängste ausräumen und der Unterstellung begegnen, wir würden die Kirche spalten. Denn genau das tun wir ja nicht. Wir suchen eine Zukunft, die Klerikalismus, Sexismus und falsche Gehorsamkeitsvorstellungen überwindet. Und wir tun das gemeinsam mit unseren Bischöfen. Es ist ein Weg der Wertschätzung und der Hoffnung auf eine Zukunft des Christseins, die Menschen hilft zu leben.“
Stetter-Karp ist ebenfalls dankbar „für die große Unterstützung von anderen Delegierten. Das gilt besonders für die Frauenfrage, aber auch für unser offenes Wort zum sexuellen Missbrauch. Wir wollen die kommenden Monate bis zum Oktober, also bis zum Beginn der Weltsynode in Rom, nutzen, um das Netzwerk zu stärken und uns als Delegierte gegenseitig zu unterstützen.“
Stetter-Karp und Söding waren mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Dr. Georg Bätzing, und der Generalsekretärin der DBK, Dr. Beate Gilles, in Prag. Als digitale Delegierte waren außerdem bei den Beratungen dabei: Kerstin Fuchs, Sr. Dr. Katharina Ganz OSF, Lisa Holzer, Hendrik Johannemann, Bischof Dr. Peter Kohlgraf, Prof. Charlotte Kreuter-Kirchhof, Br. Andreas Murk OFMConv, Dr. Ralph Poirel, Prof. Johanna Rahner und Prof. Dorothea Sattler. Direkt im Anschluss läuft in Prag die Konferenz der Vorsitzenden aller europäischen Bischofskonferenzen.
Berichte vom Europatreffen der Weltsynode zum Nachhören: "Der Tag in Prag" – mit Irme Stetter-Karp (6.2.), Katharina Ganz (7.2.), Johanna Rahner (8.2.), Hendrik Johannemann (9.2.) und Thomas Söding (9.2.).
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