Im Rahmen des diesjährigen Ausstellungs-Schwerpunktes der Performativität präsentiert das ZKM | Museum für Neue Kunst erstmalig das komplette Werk der "Schreitbahnen" von Franz Erhard Walther, das von Fotografien und Zeichnungen des Künstlers begleitet wird.
Schon in seinen frühen fotografischen Arbeiten Ende der 1950er-Jahre hat Franz Erhard Walther begonnen, den von Marcel Duchamp begründeten Diskurs über die Definition der Skulptur fortzuführen. Die Beziehung zwischen Werk, Künstler und Betrachter rückte in den Fokus seines künstlerischen Schaffens und die Rolle des Rezipienten wurde durch Interaktion hinterfragt. Lange bevor Künstler wie Bruce Nauman u.a. ihren eigenen Körper als skulpturales Medium verwendet haben, hat Walther sich selbst und das Publikum als bildhauerisches "Material" eingesetzt. Nach seinem Studium bei K. O. Götz ging er 1967 nach New York und präsentierte bereits zwei Jahre später im Museum of Modern Art (MoMA) seinen legendären "1. Werksatz" - eine 58-teilige Arbeit, die heute zur Sammlung des MOMA gehört. Die Ausstellungsbesucher hatten die Möglichkeit, die aus textilen Materialien bestehenden Werke zu benutzen: sie konnten diese den eigenen Ideen entsprechend arrangieren, zwischen mehreren Besuchern anordnen oder aufspannen. Entsprechend dieser Grundidee lautet auch die erste Publikation von Franz Erhard Walther "OBJEKTE, benutzen" (1968). Das längst vergriffene Buch wird anlässlich der Ausstellung im ZKM | Museum für Neue Kunst neu aufgelegt und aktualisiert.
Der aktive Umgang mit einem künstlerischen Angebot, die Erfahrung der Haptik von Stoffen und Materialien, das Empfinden der eigenen Körperlichkeit und das daraus resultierende Handeln im Raum machen auch heute noch das Werk von Franz Erhard Walther zu einem außergewöhnlich zeitgenössischen Beitrag. Seine Arbeit lässt sich als Synthese aus Prozesskunst, Minimal Art und Konzeptkunst deuten und steht mit zahlreichen wichtigen Positionen der zeitgenössischen Kunst im Dialog.
Kuratoren: Peter Weibel und Andreas F. Beitin