PIANO+ präsentiert von Di, 25.-Do, 27. November aktuelle kompositorische Ansätze, in denen das Instrument Klavier erweitert oder in ungewöhnlicher Weise eingesetzt wird. Neben der Aufführung von Preisträgerwerken der diesjährigen GewinnerInnen werden am Fr, 28. November die Ergebnisse der Produktionspreise aus dem letzten Jahr zu hören und zu sehen sein. Am Sa, 29. November findet schließlich die feierliche Preisverleihung statt.
Neben dem Preis für sein Lebenswerk an Brian Eno werden Produktionspreise an den Brasilianer Giuliano Obici, die Spanierin Lula Romero und das dänische Duo Vinyl -Terror & -Horror verliehen. Zudem werden an diesem Abend auch die PreisträgerInnen des Wettbewerbs Motion Picture 2.0 gekürt: Mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2014 - Die digitale Gesellschaft hat das ZKM alle Interessierten eingeladen ihre Experimente mit der neuen Aufnahmetechnologie Motion Picture 2.0 einzureichen. Im Anschluss an die Preisverleihung wird der französische Komponist Pierre Henry ein exklusives Konzert im Foyer des ZKM geben. Henry wurde 2013 mit dem Giga-Hertz-Preis für SoundArt für sein Lebenswerk geehrt. Im ZKM präsentiert er sein 2012 entstandenes Werk Le Fil de la Vie.
Gemeinsam mit dem EXPERIMENTALSTUDIO des SWR vergibt das ZKM Preise in der Kategorie "Elektronische Musik". Dieses Jahr ist der Giga-Hertz-Preis mit insgesamt 25.000 € Preisgeld dotiert. Die drei international ausgerichteten Giga-Hertz-Produktionspreise, in Höhe von jeweils 5.000 €, dienen der Initiierung und Förderung neuer Projekte und richten sich an KomponistInnen elektronischer und akusmatischer Musik. Für ihr Lebenswerk werden renommierte KünstlerInnen mit dem Giga-Hertz-Hauptpreis in Höhe von 10.000 € geehrt - dieser wird nicht öffentlich ausgeschrieben, sondern durch Vorschläge der Jurymitglieder ermittelt. Die Jury bestand in diesem Jahr aus Ludger Brümmer (Leiter ZKM | Institut für Musik und Akustik), Björn Gottstein (Musikwissenschaftler und -journalist, Künstlerischer Leiter Eclat-Festival), Detlef Heusinger (Künstlerischer Leiter EXPERIMENTALSTUDIO des SWR), Alain Thibault (Komponist, Künstlerischer Leiter Elektra Festival) und Peter Weibel (Vorstand ZKM | Karlsruhe).
Statement der Jury zu den PreisträgerInnen der Giga-Hertz- Preise 2014
Brian Eno repräsentiert einen Künstlertyp, der sich trotz seines großen Erfolges immer wieder neu erfindet. Seit Ende der siebziger Jahre arbeitete er als Musiker, Komponist, Produzent, Klangkünstler, Arrangeur mit Gruppen wie Coldplay, Depeche Mode, Talking Heads, Pet Shop Boys und mit Künstlern wie David Bowie, Paul van Dyk, Robert Fripp, David Byrne, Johnny Cash und vielen anderen.
Als Absolvent einer englischen Kunstschule verstand sich Eno auch als visueller Künstler, der die Apparate des elektronischen Studios als Werkzeuge nutzte, um Klang zu malen. Dieser Vorstellung folgend schuf er mit Ambient ein neues, in weiten Kreisen rezipiertes Genre, das auf den technischen Mitteln des Studios basierte. Er entwickelte die Idee der langen Bandschleifen, mit deren Hilfe sich musikalische Phrasen und Klänge eigenständig immer neu miteinander kombinieren ließen. Wie kaum ein anderer arbeitete er intensiv mit anderen KünstlerInnen zusammen, schuf Projekte für das Internet und interessierte sich stark für generative Kunst. Hierzu Eno in einem Interview: "Ein Künstler produziert ein System, das wiederum ein Werk erzeugt, anstatt das der Künstler das Werk direkt erzeugt."
In diesem Zusammenhang schuf er auch audiovisuelle Installationen und Gebäudeprojektionen. Brian Enos sinnlicher Gebrauch von elektronischer Klangtechnik, seine experimentelle Ästhetik und seine intensive Zusammenarbeit mit anderen KünstlerInnen prägt die Musik von heute entscheidend. Für ihn war der künstlerische Anspruch und populäre Kunst nie ein Widerspruch, der sich nicht vereinen ließe. Brian Eno erhält den Giga-Hertz-Preis für Elektronische Musik für sein Lebenswerk.
Zu den ProduktionspreisträgerInnen gehören junge KünstlerInnen aus dem internationalen Raum, die durch aktuelle Kompositionen und Produktionen im Bereich der Elektronischen Musik auffallen. Die Produktionspreise richten sich auf die Realisierung einer neuen, noch nicht bestehenden Produktion.
Der in Maringa, Brasilien geborene Giuliano Obici (*1977) ist ein vor allem mit Klang arbeitender experimenteller Künstler. Er hat einen Abschluss in Psychologie, Kommunikation und Semiotik und interessiert sich für Open Source Kunst. Mit seinem Buch States of Listening: Medias and Sound Territories setzte er sich auch theoretisch mit den Phänomenen Musik und Klangkunst auseinander. Sein prämiertes Werk Lanhouse Concert bezeichnet er selbst als "Performedia", eine Mischung aus Performance und Installation. Eine Vielzahl an Computern benutzt Informationen aus dem Netz, um daraus Klänge und monochrome Farbflächen zu erzeugen. Das System aus einzelnen miteinander vernetzten Computern erzeugt eine beeindruckende audiovisuelle Komposition, die sich durch den klugen und effizienten Einsatz der Technik auszeichnet. Auch die Textur des Stückes überzeugt durch eine klare dramaturgische Entwicklung: Ausgehend von punktuellen Ereignissen verdichtet sich die Struktur zunehmend, bis am Ende nur noch graduelle Veränderungen passieren.
Lula Romero
Musik ist bekanntlich eine Zeitkunst, d. h. sie kann nicht festgehalten werden. Dagegen verweigert sich Lula Romero (*1976) mit desencuentros für 2 Klaviere und Live-Elektronik. Mit Hilfe eines freeze Pedals konterkariert sie die Virtuosität der Klaviere und fängt Klangmomente ein, die innehalten lassen. Die Verwendung des Ringmodulators verweist auf Stockhausens Mantra ebenso für 2 Klaviere und Live- Elektronik und stellt somit auch einen zeitlichen Rückblick dar. Die unbefangene Art, solche Verweise zu setzen, aber trotzdem mit den eigenen sprachlichen Mitteln Neues zu sagen, war Anlass für die Jury des Giga- Hertz-Preises Lula Romero einen Produktionspreis zuzuerkennen.
Vinyl -Terror & -Horror
Camilla Sørensen (*1978) und Greta Christensen (*1977) überzeugten die Jury mit ihrer Arbeit The Host vor allem dadurch, dass es ihnen gelungen ist, verschiedene Reflexions- und Bedeutungsebenen der elektronischen Musik spielerisch zu vereinen. Zum einen knüpfen sie mit dem Sounddesign ihrer Klanginstallation an die Klischees des Genres Horrorfilm an und spielen mit den Bedeutungszuschreibungen von knarzenden Türen und leiernden Schallplatten. Gleichzeitig hinterfragen sie dabei den Zusammenhang bzw. erzeugen eine Selbstähnlichkeit zwischen dem Klang und seinem Medium. Beispielsweise dann, wenn die Lautsprechermembran ihr Husten dadurch unterstreicht, dass sie infolge der Vibration eine Staubwolke absondert, oder wenn der leiernde Plattenspieler durch die verunstaltete Schallplatte auf dem Teller tatsächlich "durchgedreht" wirkt. So treffen in The Host Klischees und deren medientheoretische Reflexion in einem Werk aufeinander, das so humorvoll und geistreich wie gruselig daherkommt. Die Jury ist überdies von seinem besonderen Timing und seinem kunstvollen Klangambiente begeistert.
PROGRAMM
PIANO+
Di–Do, 25.–27.11.2014, Eintritt je Tag 10/7 € zzgl. Gebühren
Di, 25.11.2014, Konzert 1, 20.00 Uhr, ZKM_Kubus
Michael van der Aa - Transit (2007/2009)
Klavier: Everett Hopfner
Jagoda Szmytka – neues Werk (2014, UA)
Klavier: Sebastian Berweck
Aaron Einbond – Cartographies (2014, UA)
Klavier: Rei Nakamura
Schlagzeug: Olaf Tzschoppe
Live-elektronische Realisation: EXPERIMENTALSTUDIO des SWR
Movement to sound, sound to Movement VIII: Neo-Minimalism
Alberto Bernal – NO studies #3 (2014, DEA)
Raquel García Tomás – Alice's Adventure in Wonderland (2014, DEA)
Christian W. Christensen – 5 Preludes (2014, DEA)
Klavier: Rei Nakamura
Mi, 26.11.2014, Konzert 2, 20.00 Uhr, ZKM_Kubus
Reviving Parmegiani
Henri Pousseur – Paraboles-Mix (1972)
Martin Lorenz – Structure-Borne Noise (2014)
Bernard Parmegiani – Strio (1980)
Bernard Parmegiani – Stries (1980)
Synthesizer, Elektronik und akustische Instrumente: Sebastian Berweck,
Colette Broeckaert, Martin Lorenz
Mi 26.11.2014, Konzert 3, im Anschluss an Konzert 2,
ZKM_Musikbalkon
Myo-Music 1
Andrés González – Kla-wo (2014)
Live-Elektronik: Andrés González
Klavier und Tanz: Marija Skender
Do, 27.11.2014, Konzert 4, 20.00 Uhr, ZKM_Kubus
Stefan Prins – Piano hero #1 & #2 (2011–13, DEA #2)
François Sarhan – Ô Piano (2012, DEA)
Vykintas Blatakas – Pasaka / Ein Märchen (1995–97)
Jean-Luc Fafchamps – Beth/Veth (2012, DEA)
Klavier: Stephane Ginsburgh
Do 27.11.2014, Konzert 5, im Anschluss an Konzert 4,
ZKM_Musikbalkon
Myo-Music 2
Remmy Canedo – Contracting Dimensions (2014)
Live-Elektronik: Remmy Canedo
Klavier und Tanz: Marija Skender
Giga-Hertz-Preis Konzert
Fr, 28.11.2014, Eintritt 10/7 € zzgl. Gebühren
Fr, 28.11.2014, ZKM_Kubus, ZKM_Medientheater &
ZKM_Musikbalkon, ab 20 Uhr
Ann Cleare – eyam iv (Pluto's farthest Moons) (2014, UA)
ENSEMBLE EXPERIMENTAL
Live-elektronische Realisation: EXPERIMENTALSTUDIO des SWR
Anthony Elliott – untitled (Square, Triangle and Sine) (2014, UA)
Daniel Blinkhorn – frostbYte - wildflower (2014, UA)
Evelina Rajca – Eine Science-Fiction-Collage der gegenwärtigen Vergangeheit:
Reasonance – Kapitel 3 (2014, UA)
Vinyl -Terror & -Horror – Let Go Of My Finger (2014)
Giuliano Obici – Lanhouse Concert (2010)
Leo Hofmann & Andi Otto – Pachinko Playalong (2014, UA)
Giga-Hertz-Preisverleihung & Konzert Pierre Henry
Sa, 29.11.2014, Eintritt frei
19.30 Uhr, ZKM_Medientheater
Verleihung des Giga-Hertz-Hauptpreises an Brian Eno
Verleihung der Giga-Hertz-Produktionspreise an Giuliano Obici, Lula
Romero, Vinyl -Terror & -Horror
Verleihung der Preise an die GewinnerInnen des Motion Picture 2.0
Wettbewerbs
Moderation: Markus Brock
29.11.14, im Anschluss an die Preisverleihung, ZKM_Foyer
Pierre Henry – Le Fil de la Vie (2012, DEA)
Übergabe des Giga-Hertz-Hauptpreises für SoundArt 2013