Unzählige Kameraaugen und Sensoren sind heute auf die Welt gerichtet. Sie erfassen Landmassen und Meeresböden, die Oberflächen von Pflanzen, menschlichen und tierischen Körpern sowie die Beschaffenheit der Atmosphäre. Durch aufwendige Rechenprozesse werden die so gewonnenen Messdaten für das menschliche Auge in Bilder übersetzt oder direkt in die automatisierte Steuerung von Maschinen transformiert.
"Ziel war es, die aktuellsten fotografischen bzw. bildgrafischen Verfahren zu erkunden, und zwar an jenen Orten, an denen sie entwickelt und angewendet werden. Die Dokumentation in unterschiedlichsten Formaten - Film, Fotografie, Zeichnung, Schrift - sollte helfen zu verstehen, welche Veränderungen diese neuen Verfahren für unsere Gesellschaft mit sich bringen. Die Hoffnung war, eine Ästhetik im Entstehen beobachten zu können, während sie sich industriell oder kommerziell verbreitet und bevor sie in das Vokabular der Künste integriert wird." (Prof. Armin Linke, HfG Karlsruhe)
Die StudentInnen dokumentierten vor Ort die Geräte, Räumlichkeiten, Personen, wissenschaftliche Modelle und Fachbegriffe, die im Prozess der Produktion und Analyse von Sensordaten zusammenwirken. Sie beobachteten Forscher, Entwickler und Anwender bei der Vermessung unterschiedlichster Objekte: bei der Erfassung der Erdatmosphäre, der Grenzen von Küstenstaaten, der Abläufe im Gehirn, der Struktur von Leichnamen und der räumlichen Lage der Euter von Milchkühen. Wie ist die Atmosphäre zusammengesetzt, wo verläuft der Festlandsockel, was geschieht physisch, wenn wir eine Entscheidung fällen, wie ist das Individuum zu Tode gekommen und wie kann ein Melkroboter die Zitzen finden?
MASCHINENSEHEN zeigt aktuelle Mess-, Visualisierungs- und Automationstechniken in ihrem Entstehungskontext. Die Ausstellung dokumentiert damit einen Bereich unserer Kultur, der einem so schnellen Wandel unterworfen ist, dass das Wissen über diese Konzepte, Geräte und Verfahren fast ohne Ausnahme in kürzester Zeit unwiederbringlich verloren sein wird.
"Prophetische Texte über die jeweilige Technologie als solche - ob Fernsehen, Computer oder Internet -, in denen, wie Hans Magnus Enzensberger es formulierte, aus den «Eingeweiden der technischen Zivilisation» wahlweise der Untergang der Kultur oder die Ankunft eines irdischen Paradieses gelesen werden, haben an Anziehungskraft verloren. An ihre Stelle traten Detailstudien konkreter Situationen, die Maschinen und technische Verfahren nicht künstlich isoliert betrachten, sondern in ihrer Verwobenheit in der Welt, etwa mit Wirtschaft, Recht, Politik, Industrie, aber auch mit Kunst und Literatur." (Margit Rosen, Kuratorin, ZKM)
Kurator der Ausstellung: Anselm Franke
Projektleitung ZKM: Margit Rosen
Projektleitung HfG Karlsruhe: Armin Linke
Studierende: Henning Arnecke (Kunstwissenschaft), Lisa Bergmann (Medienkunst), Susan Funk (Kunstwissenschaft), Felix Mittelberger (Kunstwissenschaft), Daniel Neumann (Kunstwissenschaft), Christoph Oeschger (Medienkunst), Elke Reinhuber (Medienkunst)
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit Beiträgen von Anselm Franke, Inge Hinterwaldner, Bruno Latour, Margarete Pratschke, Margit Rosen, Henning Schmidgen sowie Henning Arnecke, Lisa Bergmann, Felix Mittelberger, Christoph Oeschger und Elke Reinhuber.
Maschinensehen. Feldforschung in den Räumen bildgebender Technologien, hrsg. von Anselm Franke, Felix Mittelberger, Sebastian Pelz und Margit Rosen, Leipzig: Spector Books, 2013.