Der Universitätsprofessor, Autor, Architekt und Designer Manfred Wolff-Plottegg hat einen Hang zum Radikalen. Bereits in den 1970er Jahren machte er mit dem "Broken Bed", später mit "Low Cost Lamps" oder der "Typical Austrian Futon Construction" auf sich aufmerksam. Als Entwickler der "Hybrid Architektur" - die Mischung aus verschiedenen Formen, Funktionen und Abläufen - ist für ihn ein Sessel nicht nur dem Sitzen, ein Bett nicht nur dem Schlafen zuzuordnen.
Entsprechend künstlerisch und komplex ist sein Entwurf beim "Züco Design Contest", den die Schweizer Züco Bürositzmöbel AG, eine Marke der Dauphin HumanDesign Group, gemeinsam mit der österreichischen Netzwerkgesellschaft CIS (Creative Industries Styria) und dem Haus der Architektur Graz initiierte. Während das erklärte Ziel der CIS, "die Förderung und Entwicklung der steirischen Kreativwirtschaft" ist, ging es Züco um die "Weiterführung des designorientierten Weges", der eine verstärkte Zusammenarbeit mit Architekten und Hochschulen vorsieht und sich zuletzt mit dem Projekt "4+" - vier Architekten entwarfen für und mit Züco eine Bürostuhlfamilie - schon sehr erfolgreich gestaltete.
Unter dem Motto "Styria meets Swiss" erarbeiteten sechs finale Teams, bestehend aus gecasteten DesignerInnen und ArchitektInnen aus der österreichischen Steiermark, im Rahmen von Workshops Stuhlkonzepte für Züco. Dazu Roland Zünd, langjähriger Geschäftsführer der Schweizer Möbelmanufaktur: "Am Überzeugendsten an den Entwürfen war die Designstudie "Der Vorläufer" von Manfred Wolff-Plottegg, für uns von höchstem gestalterischen Niveau und großem Umsetzungspotential."
Das Auffälligste an diesem Sitzmöbel ist der Verzicht auf die beiden Vorderbeine und gleichzeitig die großzügige Ausweitung durch ein vorgelagertes Teppichband, welches am anderen Ende als Schleppe fortgeführt ist. Somit zentriert sich das Objekt in der Mitte, damit einhergehend sind verschiedenste Nutzungsmöglichkeiten. "Der Vorläufer" ist etwa auch als Liege verwendbar, wenn das Teppichband zur Ganzkörper-Unterlage wird. Neben der Aufhebung konventioneller Zuordnungen von Objekt und Verwendung, überzeugt der Plottegg-Entwurf auch in punkto Ergonomie: Die Beine des Benutzers ersetzen die fehlenden Sesselbeine und werden auf diese Art in das statische System mit einbezogen. Die permanente, systemstabilisierende Anpassung des Körpers bedingt ein aktives Sitzen, das so genannte "dynamische Sitzen", dem Experten hohe orthopädische Bedeutung beimessen. Darüber hinaus bestimmt eine baukünstlerische Komponente den Entwurf: das Teppichband des "Vorläufers" hat raum-bildende Wirkung, "schafft eine Aura des Ortes" - das Sitzen verortet sich im wörtlichen Sinne.
"Es ist mit Sicherheit ein höchst innovatives Projekt - wie viele zuvor in der Firmengeschichte", so Zünd, "und ein Experiment mit kräftigem kommerziellen Potenzial. ' Bei dem positiven Ergebnis der laufenden Markstudien, soll der Vorläufer' im Herbst 2011 in Serie gehen.