Bei der Weltmeisterschaft in Frankreich hat jeder gesehen, wie fit Rugby-Spieler sind. Wie viel muss man trainieren, um kräftig, wendig und schnell genug zu sein, um bei dem Spiel mit dem Leder-Ei mitmachen zu können? Und ist der Sport auch für Quereinsteiger geeignet? Der langjährige "fly-half" vom ältesten deutschen Rugby-Verein hat die Fragen von fitness.com beantwortet.
Der Heidelberger Ruderklub hatte früh die Nase vorn, was den englischen Sport Rugby angeht. Seit über 130 Jahren wird hier die Kultur einer der härtesten, aber auch fairsten Sportarten gepflegt: dem Kampf darum, das ovale Leder hinter die Linie zu bringen oder durch die weißen Stangen zu schießen. Doch obwohl Heidelberg damit den ältesten Klub auf deutschem Boden stellt und obwohl die Weltmeisterschaft in Frankreich den Sport auch hierzulande bekannt gemacht hat: Bis heute müssen die Spieler immer wieder die Basics erklären.
"Es gab schon Situationen, da haben mich Menschen nach unserer Ausrüstung, den Helmen und Schulterpads gefragt", erzählt Thomas Körner, "dabei spielen wir doch Rugby und nicht American Football." Denn der Kampf darum, das Ei trotz des kräftigen Widerstands der gegnerischen Spieler hinter die Linie zu tragen, wird ohne martialische Rüstung ausgetragen.
Ohne Kraft und Ausdauer geht gar nichts
"Absolute Fitness ist Grundvoraussetzung für den Sport", sagt Thomas Körner, der von klein auf aktiv ist. Die Spieler brauchen Kraft, um sich im Gedränge zu beweisen, Schnelligkeit, um durch die gegnerischen Reihen zu spurten - und natürlich Spielwitz. "Ideale Körpermaße sind nicht von Nachteil", sagt Körner, der selbst 192 cm groß und 104 Kilo schwer ist, "aber man kann vieles auch mit dem richtigen Willen wettmachen."
Wer weiß, wo genau man den Gegner im Gedränge hält und wie man die optimale Hebelwirkung erzielt, muss kein Rambo sein - und wer in dem rasanten Spiel den Überblick behält und in Sekunden die einzige Lücke erkennt, überzeugt eher mit Spielwitz als mit Muckis. Trotzdem: ohne Kraft und Ausdauer geht gar nichts. "Die physische Beanspruchung ist sehr hoch, man wird getackelt, man liegt auf dem Boden, man rennt - die Belastung ist vielseitig", sagt der frühere Jugendnationalspieler, der mehrere Jahre Kapitän des Heidelberger Bundesligisten war.
Während die Profis in England, in Frankreich oder in Neuseeland Vollzeitsportler sind, müssen die Amateure in der höchsten deutschen Spielklasse eine Menge Engagement zeigen. Die Mannschaft in Heidelberg beispielsweise trainiert dreimal wöchentlich während der Saison, in der Vorbereitung noch häufiger. "Das Fitness- und Krafttraining erledigt jeder für sich alleine", erklärt die langjährige Nummer 10 des Klubs, "wer in der Bundesliga spielt, geht also nebenbei noch etwa dreimal wöchentlich ins Fitnessstudio und trainiert die Ausdauer und Schnelligkeit mit intensivem Lauftraining."
Eine umfassende Fitness ist wichtig, auch, um beim Kampf um den Ball oder beim Fallen einen möglichst guten Schutz vor Verletzungen zu haben. Wer gut trainiert ist, kann vieles abfangen, was einen Otto Normalverbraucher heulend in die Kabine bringen würde. Dennoch, Rugby ist kein Hallenhalma. "Ein paar Nasenbeinbrüche hatte ich schon, aber das war nicht weiter schlimm", erzählt Körner.
Rugby-Vereine gibt es nicht so flächendeckend wie Fußballclubs - aber inzwischen gibt es in vielen deutschen Städten die Gelegenheit, mit dem ovalen Ball übers Feld zu rennen. Wer als Leichtathlet schnell und ausdauerstark ist, kann diese Qualitäten ebenso nutzen wie ein Hand- oder Basketballer, der Ballgefühl und Wurfstärke mitbringt. Also: nur Mut.