Kinderförderungsgesetz
Der künftige Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kinderbetreuungseinrichtung ist bereits seit 2008 beschlossene Sache. Damals hat der Gesetzgeber das sogenannte Kinderförderungsgesetz auf den Weg gebracht. Seitdem bemühen sich die Kommunen, die für die Umsetzung des Anspruchs verantwortlich sind, eine ausreichende Zahl an Betreuungsplätzen zu schaffen. Ob das ausreicht, wird sich am 1. August dieses Jahres zeigen - ab dann gilt die Neufassung des § 24 Abs. 2 S. 1 SGB VIII: Danach hat "ein Kind, dass das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege". Der gesetzliche Anspruch der Eltern bezieht sich also nicht zwingend auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung - sprich in einer Krippe - sondern kann auch durch die Vermittlung einer Tagesmutter erfüllt werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn ein Elternteil oder sogar beide Elternteile nicht berufstätig sind. In diesem Fall dürfte es allerdings schwierig werden, mehr als einen Halbtagsplatz von der Kommune zu beanspruchen.
Klagerecht
Droht den Kommunen jetzt die große Klagewelle? Fakt ist: Mit dem neuen Rechtsanspruch geht auch ein Klagerecht der Eltern einher. Wer sein einjähriges Kind ab Herbst betreut wissen möchte, sollte sich deshalb möglichst frühzeitig um einen Platz bemühen. Ob die Anmeldung direkt bei den entsprechenden Einrichtungen bzw. Tagesmüttern oder zentral über die Kommune erfolgt, sollte mit der zuständigen Behörde - in der Regel das Jugendamt - abgeklärt werden. Gibt es von der Behörde dann einen ablehnenden Bescheid, können die Eltern beim zuständigen Verwaltungsgericht Klage gegen die Kommune einreichen. Einen Anwalt brauchen die Eltern dafür in der ersten Instanz nicht.
Mehrkosten
Kann den Eltern nicht zugemutet werden abzuwarten, bis der Kita-Platz erfolgreich eingeklagt wurde, weil sie z.B. wieder in den Job einsteigen wollen oder müssen, können sie sich auch eine private Betreuung suchen und die Mehrkosten dann von der Kommune ersetzt verlangen. Konkret bedeutet das: Die Kommune muss die Differenz zwischen dem Kostenbeitrag, den die Eltern in einer städtischen Kita hätten aufwenden müssen, und den tatsächlichen Kosten für eine private Krippe oder eine Kinderfrau ersetzen. Auch diese Kosten können die Eltern beim Verwaltungsgericht einklagen.
Amtshaftung
Und wer seine Stelle aufgeben muss oder einen bereitstehenden Job nicht antreten kann, weil sich für das Kind überhaupt keine Betreuung findet, kann auch den Verdienstausfall von der Kommune einfordern. Auch dabei gilt: Die Kosten, die bei den Eltern für den städtischen Kita-Platz angefallen wären, müssen abgezogen werden. Das, was übrig bleibt, muss die Kommune im Wege der sogenannten Amtshaftung ersetzen. Anders als die Aufwendungen für einen selbst beschafften Platz muss der Verdienstausfall allerdings vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden. Zuständig sind die Landgerichte - unabhängig von der Höhe des eingeklagten Anspruchs.
Urteile auf Landesebene
Einen Vorgeschmack darauf, wie künftige Klagen in Sachen Kita-Anspruch aussehen könnten, bietet ein Prozess, den die Mutter einer Zweijährigen aus Rheinland-Pfalz angestrengt hat. Dort haben Kinder ab dem zweiten Geburtstag einen gesetzlichen Anspruch auf einen kostenlosen Kindergartenplatz. Trotz rechtzeitiger Anmeldung erhielt die klagende Mutter für ihre Tochter aber erst sechs Monate nach deren zweitem Geburtstag einen städtischen Kindergartenplatz. Weil sie berufstätig war, musste sie ihr Kind in der Zwischenzeit in einer privaten Betreuungseinrichtung unterbringen. Die Kosten dafür in Höhe von fast 2.200 Euro wollte sie daraufhin von der Stadt Mainz ersetzt haben. Die zuständigen Gerichte gaben ihrer Klage statt. Laut den Urteilen in erster und zweiter Instanz war die Stadt ihrer gesetzlichen Verpflichtung, rechtzeitig einen Kita-Platz sicherzustellen, nicht nachgekommen. Damit verletzte sie aber gleichzeitig das Recht der Mutter, keine Beiträge für die Kinderbetreuung zahlen zu müssen. Die Folgen dieser Rechtsverletzung müsse die Beklagte beseitigen, so die Gerichte, indem sie die finanziellen Aufwendungen der Mutter für die Unterbringung ihrer Tochter in der privaten Einrichtung ersetze. Das OVG hat allerdings die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Die Entscheidung des BVerwG zu dem Thema dürfte deshalb mit Spannung erwartet werden - gerade auch im Hinblick auf die bundesweite Neuregelung zum 1. August (VG Mainz, Az.: 1 K 981/11.MZ und OVG Rheinland-Pfalz, Az.: 7 A 10671/12).