Dieses schlichte "Nein" hat das LAG Düsseldorf ausreichen lassen. Begründung: Der Einigungsstellenvorsitzende müsse das Vertrauen beider Betriebspartner genießen. Entsprechend weit reiche der Ermessensspielraum der Arbeitsgerichte zur Ablehnung der vorgeschlagenen Person im Eilverfahren nach §98 ArbGG. Verlange man die Darlegung von Ablehnungsgründen, so sei das Einigungsstellenverfahren unter Leitung eben jenes Vorsitzenden erheblich belastet. Das werde der Funktion der Einigungsstelle als Konfliktlösungsmechanismus nicht gerecht.
Das LAG Düsseldorf wendet sich außerdem gegen das weithin anerkannte "Windhund-Prinzip" (das Gegenteil vertritt bspw. das LAG Berlin- Brandenburg, s. Newsletter 4. Quartal 2010). Danach sollen die Arbeitsgerichte an den im Antrag vorgeschlagenen Kandidaten gebunden sein (Ausnahmen: Parteilichkeit oder Ungeeignetheit, was sich kaum nachweisen lässt). Mit anderen Worten: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das LAG Düsseldorf, hier die 9. Kammer, lehnt diesen strategischen Vorteil aufgrund des bloßen Zeitablaufs ab und stellt das Vertrauen in die Person des Vorsitzenden in den Vordergrund.
Die Brisanz liegt auf der Hand: Die Stimme des Vorsitzenden der Einigungsstelle ist im Zweifelsfall entscheidend (vgl. §76 Abs. 3 Satz 3 BetrVG). Für die Betriebspartner ist die Entscheidung über den Vorsitz der Einigungsstelle oft Vorentscheidung des gesamten Einigungsstellenverfahrens. Die Durchsetzung des gewünschten Vorsitzenden hängt nunmehr oft vom Gerichtsbezirk ab, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat. Wie gespalten die Rechtsprechungslandschaft in dieser Frage ist, wird daran deutlich, dass die 7. Kammer des LAG Düsseldorf gerade einmal ein Jahr vor der 9. Kammer noch nachvollziehbare Vorbehalte und Bedenken für die Ablehnung des vorgeschlagenen Kandidaten gefordert hat (LAG Düsseldorf, Beschl. v. 06.05.2013 - 7 TaVG 5/13).
Empfehlung für die Praxis:
Tendenziell folgen immer mehr Arbeitsgerichte nicht mehr dem umstrittenen Windhund-Prinzip, sondern schlagen von sich aus einen anderen Kandidaten für den Einigungsstellenvorsitz vor. Für die Konfliktlösung kann das in der Tat ein Vorteil sein, da der nach dem Windhund-Prinzip bestellte Einigungsstellenvorsitzende immer fürchten muss, als Favorit der einen oder anderen Seite zu gelten. Arbeitgeber sollten sich im Vorfeld beraten lassen, welche Rechtsauffassung zu der Thematik in ihrem Gerichtsbezirk vom Landesarbeitsgericht (noch) vertreten wird. Taktisch kann es sinnvoll sein, die erste Wahl für den Einigungsstellenvorsitz im Antrag nicht preiszugeben, um ihn ggf. doch noch als Kompromisskandidaten in der Verhandlung einbringen zu können.
Autor:
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Dr. Jan Tibor Lelley, LL.M.
lelley@buse.de