Gleich zu Beginn formuliert die BaFin, dass bei ICOs grundsätzlich der Eindruck erweckt werden soll, es handle sich um eine Finanzierungsmaßnahme, die einer Aktienemission gleich kommt. Tatsächlich wird hier übersehen, dass es im Bereich der ICOs mittlerweile eine klare Unterscheidung zwischen sog. „Utility Tokens“ ohne jedes Stimm- und Gewinnbeteiligungsrecht an dem emittierenden Unternehmen, und den sog „Security Tokens“, mit Stimmrecht und Gewinnbeteiligung gibt.
Die Ausgabe eines Utility Tokens ist mit einem Börsengang nicht vergleichbar. Es fehlt bereits am Recht zur Gewinnbeteiligung am Unternehmen, das den ICO begibt.
Sodann führt die BaFin aus, dass Tokens häufig erheblichen Kursschwankungen unterliegen.
Dies ist jedoch nicht anders, als bei anderen in Deutschland zugelassenen Kapitalanlagen, wie z.B. Aktien, Anleihen, ETFs, oder Optionsscheinen. Kapitalanlagen unterliegen naturgemäß Kursschwankungen, ohne dass hierfür eine besondere Warnung für ICOs ausgesprochen werden müsste.
Die BaFin erklärt in ihrer Warnung weiter, dass sich die in den Whitepapers zu den ICOs enthaltenen Informationen nur schwer überprüfen lassen.
Eine Begründung für diese Behauptung wird nicht genannt. Jeder Interessent eines ICOs kann im Informationszeitalter des 21. Jahrhunderts ohne Probleme sämtliche Details über die jeweiligen Emittenten der ICOs im Internet recherchieren und über Blogs, Newsfeeds oder einfach der Nutzung von Google, überprüfen.
Es gibt mittlerweile auch eine Vielzahl von Fachforen im Internet, die sich auf die Prüfung von ICOs spezialisiert haben und in der Cryptocommunity anerkannt sind. Auch steht es jedem Interessenten frei, sich mit dem Emittenten des ICOs direkt in Verbindung zu setzen und dort seine Fragen zu stellen.
Sodann meint die BaFin darüber aufklären zu müssen, dass „der Code“ eines ICO sich als angreifbar und damit manipulierbar erweisen kann.
In diesem Zusammenhang darf darauf hingewiesen werden, dass es bisher kaum erfolgreiche Angriffe auf die Blockchain gab. Angriffe auf reguläre Konten, Onlinebankkonten und Kreditkarten sind dagegen an der Tagesordnung. Warum solche Angriffe gerade bei ICOs besonders stark ausfallen sollen, begründet die BaFin in ihrer Warnung nicht. Die Behauptung der Angriffe wird auch nicht weiter belegt.
Soweit die BaFin in ihrer Warnung pauschal darauf hinweist, dass die Angaben der Anbieter eines ICO oft unzureichend sind, so fehlt auch hier der konkrete Beispielsfall.
Die Kanzlei CLLB betreut eine Vielzahl von Start-Ups, von denen ein Teil überlegt, einen ICO zu begeben.
Die bisher in diesem Zusammenhang erstellten und vorgelegten Whitepaper waren allesamt ausführlich, umfangreich und inhaltlich vergleichbar mit den Ausführungen eines Wertpapierprospekts, mit dem Unterschied, dass diese Whitepaper in der Regel in einer Sprache verfasst waren, in der sie auch ein durchschnittlich gebildeter Mensch verstehen kann, was bei Wertpapierprospekten leider nur selten der Fall ist.
Die ebenfalls unbelegte Aussage der BaFin, dass die den ICOs zu Grunde liegenden Whitepaper oft objektiv unzureichend, unverständlich oder gar irreführend sind, kann nach Erfahrung der Kanzlei CLLB daher ebenfalls nicht bestätigt werden.
Für ICOs und deren Berater wäre es sicher hilfreich, wenn die BaFin z.B. aus ihrer Sicht falsche oder irreführende Whitepapers in anonymisierter Form auf ihrer Webseite zur Verfügung stellt, damit sich auch Verbraucher ein Bild davon machen können, um welche Art von Whitepapers es sich handelt, vor denen die BaFin warnen will.
Die BaFin geht dann sogar noch einen Schritt weiter und erklärt die systembedingte Anfälligkeit von ICOs für Betrug, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Auch dieser Punkt wird nicht weiter ausgeführt, sondern lediglich als Tatsache in den Raum gestellt.
Von Seiten der BaFin wird dabei übersehen, dass es mittlerweile weltweit auch bei ICOs Standard ist, jeder Einzahlung sog. KYC-Systeme (know your customer) vorzuschalten, bei denen jede natürliche oder juristische Person, die an einem ICO teilnehmen möchte, zuvor einer Identitätsprüfung unterzogen wird. Im Rahmen dieses KYC Prozesses wird darüber hinaus regelmäßig auch die Mittelherkunft überprüft.
Weiter ist es mittlerweile ebenfalls Standard, auch bei ICOs die weltweit geltenden AML-Regeln (Anti-money-laundering) zu implementieren, so dass ICOs, die diese beiden Voraussetzungen nicht erfüllen, auf dem Markt praktisch keine Chance mehr haben, Finanzierungen zu erhalten. Zudem verfügen mittlerweile fast alle ICOs über eine HardCap.
Fälle der Terrorismusfinanzierung durch ICOs sind hier nicht bekannt.
In einer aktuellen Studie der FATF (Financial Action Task Force) zur Finanzierung des sog. „islamischen Staates“, werden die Finanzierungsformen dieser Terrorgruppe ausführlich und im Einzelnen dargestellt. Der Begriff ICO taucht in diesem Bericht jedoch an keiner Stelle auf.
Rechtsanwalt Cocron von der Kanzlei CLLB, der sich seit mehreren Jahren mit dem Bereich Blockchain, Cryptocurrencies, ICO, TGE und smart contracts beschäftigt, findet es in diesem Zusammenhang unverständlich und auch gefährlich, das neue Finanzierungsinstrument des ICOs, ohne Angabe weiterer Belge in die Nähe der Terrorismusfinanzierung zu rücken und damit zu diskreditieren.
Von Seiten der BaFin wird in der Pressemitteilung sodann weiter ausgeführt, dass bei ICOs grundsätzlich auch der Schutz personenbezogener Daten nach deutschen Maßstäben nicht gewährleistet sei.
Auch hier fehlt eine Angabe dazu, aus welchen Erfahrungen die BaFin diese Schlussfolgerung zieht.
Ab dem 25.05.2018 gilt europaweit die Europäische Datenschutzgrundverorddnung, ohne dass es einer Umsetzung in Landesrecht (Ratifizierung) durch die europäischen Staaten bedürfte. Verstöße gegen diese Datenschutzrichtlinie werden mit empfindlichen Bußgeldern bestraft. Derzeit ist keine Entwicklung erkennbar, warum sich ICOs, die im europäischen Wirtschaftsraum geplant sind, nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten sollten. Die auch in diesem Zusammenhang undifferenzierte Herabsetzung von Emittenten geplanter ICOs scheint nicht geeignet, Verbraucher vor den wirklich schwarzen Schafen zu schützen.
Die weiteren Hinweise der Finanzaufsicht zur Einholung von Informationen über Emittenten und das dem ICO zu Grunde liegende Projekt sind allgemein gehalten und können auf jedes Investment übertragen werden, sei es im Bereich des Erwerbs von Wertpapieren, Gesellschaftsanteilen, Immobilienvermögen, oder sonstigen Kapitalanlagen und stellen insoweit keine Besonderheit dar, die im Zusammenhang mit ICO besonders hervorgehoben werden müsste.
Es ist richtig und bedauerlich, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für ICOs in Europa noch immer nicht einheitlich geregelt sind und daher auch bei den Emittenten eine große Verunsicherung darüber herrscht, was nun erlaubt ist und was nicht. Dies führt leider oft dazu, dass sich ICOs mit guten und vor allem seriösen Geschäftsideen gezwungen sehen, den deutschen und manchmal sogar auch den europäischen Wirtschaftsraum zu verlassen, um ihre Projekte und geplante ICOs weiter fortführen zu können.
Aus Sicht des Unterzeichners wäre es daher zu begrüßen, wenn auch von Seiten der deutschen Finanzaufsicht gemeinsam mit der Politik ein konstruktiver Dialog zu den Themen Blockchain, Cryptocurrencies, smartcontracts und ICOs begonnen würde. Die pauschale Diskreditierung von ICOs, schützt aus Sicht von Rechtsanwalt Cocron weder die Verbraucher, noch hilft es Start-Ups bei der Umsetzung ihrer Projekte. Die Pauschalwarnung trägt lediglich zu weiteren Verunsicherung bei, die durch die fehlenden gesetzlichen Regelungen ohnehin bereits weit verbreitet ist.
CLLB Rechtsanwälte werden den Bereich der ICOs im In- und Ausland weiter verfolgen und aktuell berichten. Rechtsanwalt István Cocron steht zudem für weitere Rückfragen gerne zur Verfügung.
Pressekontakt: István Cocron, CLLB Rechtsanwälte, Panoramastrasse 1, 10178 Berlin, Fon: 089/ 552 999 50, Fax: 089/552 999 90; Mail: cocron@cllb.de Web: www.cllb.de