"Aus Sicht des DAV sind Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe angewandte Sozialhilfe", hebt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, DAV-Präsident, hervor. Sie haben den Zweck, den Zugang zum Recht auch denjenigen zu ermöglichen, die sich Anwalts-und Gerichtskosten sonst nicht leisten können. "Insoweit erscheint es eher widersprüchlich, dass Sozialhilfesätze steigen, während gleichzeitig Prozesskostenhilfebewilligungen zurückgefahren werden sollen", so Ewer weiter. Es würde vor allem die Rechtsgebiete treffen, die auf Prozess- und Beratungshilfe angewiesen sind, so das Sozialrecht, das Familienrecht und das Ausländer- und Asylrecht.
Einzelpunkte aus dem Gesetzentwurf zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts:
- Deutliche Einschränkung der Möglichkeit, einen nachträglichen Antrag auf Beratungshilfe zu stellen (nur noch in einigen Ausnahmefällen möglich):
DAV-Position: Diese Einschränkung beim Zugang zum Recht ist nur hinnehmbar, wenn sie für rechtsuchende Bürger ohne hohe Hürden möglich bleibt. Dies setzt voraus, ohne weite Wege (also ortsnah) und ohne längere Warte- und Bearbeitungszeiten einen Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe stellen und auch in vertretbarer Zeit eine Entscheidung des Rechtspflegers erhalten zu können. Das wird nicht ohne personelle Verstärkung der Justiz möglich sein.
- Einschränkung der Rechtsanwalts-Beiordnung (PKH) im einverständlichen Scheidungsverfahren für den Antragsgegner, wenn der Antragsteller/die Antragstellerin bereits einen Anwalt/eine Anwältin über Prozesskostenhilfe beigeordnet erhalten hat: Das soll nach Einschätzung der Länder und des Bundesministeriums der Justiz etwa 20.000 Rechtsanwalts-Beiordnungen pro Jahr wegfallen lassen.
DAV-Position: Dieser Vorschlag stellt eine deutliche Beschränkung der "Waffengleichheit" für die Scheidungspartei dar, die nicht zuerst den Scheidungsantrag gestellt hat und wird mit Nachdruck abgelehnt. Es gilt künftig also das "Windhundprinzip" um die anwaltliche Vertretung.
- Eine ähnliche Einschränkung ist für Prozesskostenhilfe-Beiordnungen in Arbeitsgerichtsverfahren vorgeschlagen.
DAV-Position: Auch hier sind der Zugang zum Recht und die Waffengleichheit der Streitparteien so deutlich tangiert, dass der DAV diese Einschränkung ablehnt. Die Position des Arbeitnehmers wird deutlich verschlechtert.
- Der Gesetzentwurf sieht eine deutlich strengere Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Antragstellers bei Beratungshilfe wie auch bei Prozesskostenhilfe vor, mit einer Reihe von Auskunftspflichten des Antragstellers, einschließlich der Zustimmung zur Auskunftseinholung bei Arbeitgebern und Sozialversicherungen, Zeugenvernehmungen usw.
DAV-Position: Die Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist sicher notwendig zur sparsamen Verwendung staatlicher Mittel und für tatsächlich bedürftige Personen. Allerdings ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren, insbesondere angesichts der bei Beratungshilfe doch eher überschaubaren Kosten für die Justiz im Einzelfall. Es darf nicht sein, dass das Bewilligungsverfahren für Beratungshilfe oder für die Prozesskostenhilfe-Gewährung als rein vorbereitendes Verfahren zur Finanzierung des Rechtsstreits am Ende umfangreicher ausfällt, als das eigentliche Beratungs- oder Prozessverfahren. Insbesondere sollte das vorgeschlagene Bewilligungsverfahren nicht schon das Ergebnis der angestrebten Rechtsverfolgung oder -verteidigung vorwegnehmen, sofern es nicht um eindeutig erkennbare Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung geht. Ein konkreter Vorschlag dazu: Keine weitere Prüfung der Vermögensverhältnisse, wenn Leistungen nach SGB II (Hartz IV) bezogen werden.